Rz. 37

[Autor/Stand] Der Steuermessbetrag wird nach § 17 Abs. 2 Nr. 2 GrStG auch dann neu festgesetzt, wenn dem Finanzamt bekannt wird, dass die letzte Veranlagung fehlerhaft ist. In diesem Zuge ist § 176 AO entsprechend anzuwenden. Dies gilt jedoch nur für Veranlagungszeitpunkte, die vor der Verkündung der maßgeblichen Entscheidung eines obersten Gerichts des Bundes liegen.

 

Rz. 38

[Autor/Stand] § 17 Abs. 2 Nr. 2 GrStG beinhaltet somit die Regelung der Neuveranlagung zur Beseitigung eines Fehlers. Voraussetzung ist, dass die vorangegangene Festsetzung des Grundsteuermessbetrags fehlerhaft war und dies dem Lagefinanzamt nachträglich bekannt wird. Es kann diesen Fehler nach § 17 Abs. 2 Nr. 2 GrStG korrigieren. Die Regelung ist der Fortschreibung des Grundsteuerwerts nach § 222 Abs. 3 BewG nachempfunden (vgl. dazu ergänzend die Kommentierung zu § 222 BewG).

 

Rz. 39

[Autor/Stand] Fehler i.S.d. Vorschrift ist jede objektive Unrichtigkeit, unabhängig davon, aus welchen Gründen es zu dem Fehler gekommen ist[4]. Es kann sich hierbei sowohl um eine falsche Tatsachenbeurteilung als auch um eine falsche Rechtsbeurteilung oder um sonstige Umstände handeln. Auch die Anwendung der falschen Grundsteuermesszahl kann ein Fehler i.S.d. § 17 Abs. 2 Nr. 2 GrStG sein[5].

 

Rz. 40

[Autor/Stand] Die fehlerbeseitigende Neuveranlagung setzt nicht voraus, dass der Fehler seine Ursache in der Unkenntnis des Lagefinanzamtes über die tatsächlichen Verhältnisse hat. Auch bei Kenntnis der tatsächlichen Verhältnisse, aber unzutreffender Beurteilung durch das Finanzamt ist eine fehlerbeseitigende Neuveranlagung möglich. Unerheblich ist zudem, ob der Fehler aus dem Bescheid über den Grundsteuermessbetrag unmittelbar ersichtlich ist[7].

 

Rz. 41

[Autor/Stand] Führt das Lagefinanzamt eine fehlerbeseitigende Fortschreibung des Grundsteuerwerts nach § 222 Abs. 3 BewG durch (z.B. fehlerbeseitigende Artfortschreibung nach § 222 Abs. 2 i.V.m. Abs. 3 BewG), folgt dieser aufgrund des eindeutigen Gesetzesverweises eine Neuveranlagung des Grundsteuermessbetrags nach § 17 Abs. 1 GrStG.

 

Rz. 42

[Autor/Stand] Durch § 17 Abs. 2 Nr. 2 GrStG werden die Fälle geregelt, in denen der Grundsteuerwert zunächst zutreffend festgestellt wurde, anschließend aber bei der Festsetzung des Grundsteuermessbetrags ein Fehler aufgetreten ist. D.h. der zutreffend festgestellte Grundsteuerwert bleibt unverändert, nur die Festsetzung des Grundsteuermessbetrags ist zu korrigieren. Der Fehler kann sich aus allen Umständen ergeben, die bei der Festsetzung des Grundsteuermessbetrags zu berücksichtigen sind. Die Neuveranlagung zur Beseitigung eines Fehlers kann sowohl zu Gunsten wie zu Ungunsten des Steuerpflichtigen ergehen.

 

Rz. 43

[Autor/Stand] Es ist zu beachten, dass keine Änderung des vorangegangenen (fehlerhaften) Bescheids über den Grundsteuermessbetrag vorgenommen wird, sondern der zutreffende Messbetrag durch Neuveranlagung festgesetzt wird. Der ursprüngliche und fehlerhafte Bescheid bleibt somit unberührt.

 

Rz. 44

[Autor/Stand] Mit Urteil vom 12.2.2020 hat der BFH zutreffend entschieden, dass eine geänderte Steuermesszahl (nur) im Rahmen einer Neuveranlagung zur Fehlerbeseitigung nach § 17 Abs. 2 Nr. 2 GrStG Berücksichtigung finden kann.[12] In dem Urteilsfall erwarb die Klägerin ein Grundstück durch Zuschlag im Rahmen einer Zwangsversteigerung. Das Finanzamt erließ daraufhin gegenüber der Klägerin einen Einheitswertbescheid in Form einer Zurechnungsfortschreibung; der Einheitswert blieb unverändert. Außerdem wurde ein Grundsteuermessbescheid in Form einer Neuveranlagung auf denselben Stichtag erlassen. In diesem wurde gegenüber der Klägerin der Grundsteuermessbetrag in bisheriger Höhe festgesetzt. Nach erfolglosem Einspruch, den die Klägerin mit Leerstand der Gebäude und Verfassungswidrigkeit der Einheitsbewertung begründete, erhob sie Klage. Im Klageverfahren machte sie erstmals geltend, der Neubau überwiege den Wert des Altbaus, so dass bei der Ermittlung des Grundsteuermessbetrags fortan anstatt einer Steuermesszahl von 10 ‰ eine Messzahl von 8 ‰ anzusetzen sei. Im Revisionsverfahren entschied der BFH, dass der Grundsteuermessbetrag gegenüber der Klägerin im Zuge der Zurechnungsfortschreibung des Einheitswerts mit dem Wert festzusetzen ist, mit dem er gegenüber der vorherigen Eigentümerin des Grundstücks festgesetzt wurde.

 

Rz. 45

[Autor/Stand] Wird eine Neuveranlagung des Grundsteuermessbetrags gemäß § 17 Abs. 1 GrStG nach einer Zurechnungsfortschreibung des Einheitswerts durchgeführt, beschränkt sich die Neuveranlagung nach Ausführungen des BFH auf die Bestimmung des neuen Steuerschuldners (§ 10 Abs. 1 GrStG). Denn nur diesbezüglich enthält § 17 Abs. 1 GrStG eine Änderungsbefugnis und durchbricht die Regelungen des § 184 Abs. 1 Satz 4 i.V.m. § 182 Abs. 2 Satz 1 AO, nach denen der notwendige Inhalt des Grundsteuermessbescheids auch gegenüber dem Rechtsnachfolger Bindungswirkung entfaltet. Der übrige notwendige Inhalt des Grundsteuermessbescheids – also der Grundsteuermessbetrag, der E...

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