Entscheidungsstichwort (Thema)

Vertragsärztliche Versorgung. Zulassungsausschuss. Befugnis zur sofortigen Vollziehung seiner Beschlüsse. Wechsel. Facharztbezeichnung. Praxistausch

 

Leitsatz (amtlich)

1. Ein Zulassungsausschuss ist befugt, die sofortige Vollziehung seines Beschlusses (hier: Praxisnachfolge nach § 103 Abs. 4 SGB V) nach § 86a Abs. 2 Nr. 5 SGG anzuordnen (entgegen LSG Niedersachsen, Beschl. v. 07.09.2006 - L 3 KA 117/06 ER -).

2. Der nach § 24 Abs. 6 Ärzte-ZV zulässige Wechsel der Facharztbezeichnung ist auch auf den Wechsel von der hausärztlichen zur fachärztlichen Versorgungsebene und umgekehrt anzuwenden.

3. Ein sog. Praxistausch, durch den zwei zugelassene Vertragsärzte zeitgleich den Wechsel der Versorgungsebene bzw. Facharztbezeichnung in einem jeweils wegen Überversorgung gesperrten Planungsbereich vollziehen (hier: fachärztlich tätiger Internist in die hausärztliche Versorgungsebene und hausärztlich tätige Internistin in die fachärztliche Versorgungsebene mit dem Schwerpunkt Hämatologie und internistische Onkologie), ist nach § 24 Abs. 6 Ärzte-ZV zulässig. Es kommt nicht darauf an, ob der Zulassungsausschuss zur Begründung seiner Entscheidung auf das Nachfolgeverfahren nach § 103 Abs. 4 SGB V abgestellt hat. Eine nach einem Ausschreibungsverfahren unterlegene Mitbewerberin wird durch die Entscheidung nicht in ihren Rechten verletzt.

 

Tenor

1. Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung vom 29.06.2007 wird zurückgewiesen.

2. Die Antragstellerin hat die Gerichtskosten zu tragen. Sie hat ferner die notwendigen außergerichtlichen Kosten des Antragsgegners und der Beigeladenen zu 10 und 11 zu tragen.

Weitere Kosten sind nicht zu erstatten.

 

Gründe

I.

Die Antragstellerin begehrt im Wege eines einstweiligen Anordnungsverfahrens die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung ihres Widerspruchs gegen den Beschluss des Zulassungsausschusses vom 26.06.2007, mit der dieser die Beigeladene zu 11. als Praxisnachfolgerin des Beigeladenen zu 10. zugelassen hat.

Der Beigeladene zu 10. war als Internist zur fachärztlichen Versorgung zugelassen. Die Beigeladene zu 11. war als Internistin zur hausärztlichen Versorgungsebene zugelassen. Sie ist außerdem berechtigt, die Schwerpunktbezeichnung Hämatologie und Internistische Onkologie zu führen. Beide sind in Einzelpraxis mit Vertragsarztsitz in A-Stadt zugelassen. Der Beigeladene zu 10., der nach eigenen Angaben in seiner Praxis bisher gastroenterologische Leistungen schwerpunktmäßig erbracht hatte, beabsichtigte, aus gesundheitlichen und finanziellen Gründen die Praxis zukünftig als hausärztliche Praxis zu führen. Für die hausärztliche Versorgungsebene war und ist aber der Planungsbereich A-Stadt-Stadt wegen Überversorgung gesperrt. Deshalb wandte er sich an die Beigeladene zu 11., die erst seit dem Jahr 2006 niedergelassen ist und nach ihren Angaben vor allem onkologisch tätig ist. Beide verabredeten deshalb einen “Praxistausch„ dergestalt vorzunehmen, dass sie jeweils zugunsten des anderen auf ihre Zulassung verzichteten und die Praxis zur Praxisnachfolge nach § 103 Abs. 4 SGB V ausschreiben lassen wollten. Die Beigeladene zu 11. wollte dann die Praxis mit ihrer Schwerpunktbezeichnung Hämatologie und Internistische Onkologie führen.

Die Antragstellerin ist ebenfalls Internistin mit dem Schwerpunkt Hämatologie und Internistische Onkologie. Sie ist als solche zur vertragsärztlichen Versorgung im Rahmen eines sog. Job-Sharings zur vertragsärztlichen Versorgung mit Praxissitz in A-Stadt zugelassen. Sie übt ihre Tätigkeit in einer Gemeinschaftspraxis mit drei weiteren Ärzten, einem Internisten und zwei Allgemeinärzten, letztere sind zur hausärztlichen Versorgung zugelassen, aus. Sie bemüht sich seit längerem um eine Sonderbedarfszulassung für den Planungsbereich A-Stadt. Hierüber ist ein Widerspruchsverfahren bei dem Antragsgegner anhängig.

Der Beigeladene zu 10. erklärte mit Datum vom 28.03.2007, er verzichte auf seine Zulassung zum 30.06.2007 unter dem Vorbehalt, dass die Beigeladene zu 11. zugelassen werde und er ihren - hausärztlichen - Vertragsarztsitz übernehme und als Praxisnachfolger zugelassen werde. Die Beigeladene zu 11. gab mit Datum vom 28.03.2007 eine entsprechende Verzichtserklärung zugunsten des Beigeladenen zu 10. ab. Gleichzeitig beantragten beide die Ausschreibung ihrer Vertragsarztsitze.

Die Beigeladene zu 1. schrieb die Vertragsarztsitze der Beigeladenen zu 10. und 11. aus. Für den Vertragsarztsitz des Beigeladenen zu 10. bewarb sich neben der Beigeladenen zu 11. auch die Antragstellerin.

Der Zulassungsausschuss für Ärzte bei der Kassenärztlichen Vereinigung Hessen fasste am 26.06.2007 insgesamt sechs Beschlüsse, in denen er jeweils das Ende der Zulassung infolge Verzichts der Beigeladenen zu 10. und 11. zum 30.06.2007 feststellte, ferner den Beigeladenen zu 10. zur Übernahme des Vertragsarztsitzes der Beigeladenen zu 11. und die Beigeladene zu 11. als Internistin mit Schwerpunktbezeichnung Hämatologie und Internistische Onkologie zur Übernahme ...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Haufe Steuer Office Excellence. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge