Rz. 7

Nach § 7 S. 1 Nr. 1b StraBEG tritt Straf- und Bußgeldfreiheit nicht ein, soweit die Tat bereits entdeckt war und der Erklärende dies wusste oder damit rechnen musste. Dieser Ausschlussgrund entspricht § 371 Abs. 2 Nr. 2 AO für die Selbstanzeige und ist auch entsprechend eng auszulegen.[1]

Die Tatentdeckung muss objektiv gegeben sein. Weder die Entdeckungsgefahr noch die irrige Annahme des Erklärenden, die Tat sei entdeckt, begründen die Ausschlusswirkung. Tatentdeckung liegt auch nicht schon bei einem Anfangsverdacht vor. Vielmehr muss nach der Rspr. eine Verurteilung aufgrund einer vorläufigen Tatbewertung wahrscheinlich sein.[2]

 

Rz. 7a

Nach Ansicht des BFH ist § 7 S. 1 Nr. 1b StraBEG allerdings normspezifisch – und damit abweichend von § 371 Abs. 2 Nr. 2 AO – so auszulegen, dass sich die entdeckte Tat i. S. dieser Vorschrift nach den Verdachtsmomenten bestimmt, welche hinreichend sind, um von der Wahrscheinlichkeit einer (strafgerichtlichen) Verurteilung auszugehen.[3] Daraus zieht der BFH den Schluss, dass für den Erklärenden bei mehreren unzutreffenden Besteuerungsgrundlagen im Hinblick auf diejenigen, auf die sich die Verdachtsmomente bzgl. der Entdeckung nicht beziehen, die Möglichkeit besteht, sie wirksam in einer strafbefreienden Erklärung aufzudecken. Die Entdeckung eines Teils der Tat ist somit für die Entdeckung der (vollständigen) Tat i. S. d. § 7 S. 1 Nr. 1b StraBEG nicht ausreichend. [4]

Folglich greift § 7 S. 1 Nr. 1b StraBEG nur ein, wenn die Tat von der Finanzbehörde entdeckt wurde und der Erklärende dies wusste oder damit rechnen musste. Die Tatentdeckung durch die Finanzbehörde muss sowohl objektiv als auch subjektiv gegeben sein, was nicht gegeben ist, wenn die Finanzbehörde objektiv hinreichende Anhaltspunkte für die Verurteilung wegen Steuerhinterziehung nicht als solche erkennt. Es soll nach BFH jedoch für die Entdeckung ausreichen, wenn die Finanzbehörde den Erklärenden um die Aufklärung eines Sachverhalts bittet, ohne ihn gem. § 393 Abs. 1 AO zu belehren, sich aber aus dem behördlichen Schreiben ergibt, dass die Finanzbehörde erkannt hat, dass objektiv hinreichende Umstände für eine strafgerichtliche Verurteilung vorliegen und Umstände nicht erkennbar sind, aus denen die Finanzbehörde auf das Fehlen der subjektiven Voraussetzungen hätte schließen können.[5]

 

Rz. 8

Die Kenntnis von der Tatentdeckung hat der Erklärende, wenn er aus ihm bekannten Tatsachen den Schluss gezogen hat oder hätte ziehen müssen, dass seine Tat entdeckt wurde und somit bei vorläufiger Bewertung seine Verurteilung wahrscheinlich ist.[6]

Nach Ansicht der Verwaltung ist von einer Tatentdeckung auszugehen, wenn aufgrund eines Dauersachverhalts für ältere Jahre bereits geänderte Steuerbescheide erlassen wurden und die Anpassung der Steuerbescheide späterer Jahre aufgrund des gleichartigen Sachverhalts und des dem FA vorliegenden Beweismaterials unmittelbar bevorsteht.[7] Dies ist ohne Weiteres zutreffend, wenn es sich um Änderungen für Vz handelt, für die die reguläre Festsetzungsfrist bereits abgelaufen ist, bei denen aber die verlängerte Festsetzungsfrist des § 169 Abs. 2 S. 2 AO eingreift. Entgegen Joecks/Randt, DStR 2004, 1461, 1464 gilt dies aber auch bei Änderungen für Jahre, für die die reguläre Festsetzungsfrist noch nicht abgelaufen ist, da die objektive Steuerverkürzung ebenso festgestellt wurde wie der subjektive Tatbestand. Aufgrund der Tatsache, dass es sich um einen Dauertatbestand handelt, hat der Stpfl. nämlich vorsätzlich oder zumindest leichtfertig die ihm gem. § 153 AO obliegende Berichtigung der fehlerhaften Erklärungen für die späteren Jahre unterlassen. Folglich ist bei vorläufiger Tatbewertung eine Verurteilung wahrscheinlich, womit der Stpfl. auch rechnen musste.

Wie sich aus der engen, auf die Wahrscheinlichkeit einer Verurteilung abstellenden Auslegung ergibt, nach der quasi ein hinreichender Tatverdacht erforderlich ist[8], kommt diesem Sperrgrund nur eine geringe praktische Bedeutung zu, die allerdings durch BFH v. 26.11.2008, X R 20/07, BFH/NV 2009, 510 erheblich erweitert wird.[9]

Die Abgabe einer wirksamen strafbefreienden Erklärung führt nicht zu einer Tatentdeckung i. S. d. § 7 S. 1 Nr. 1b StraBEG, da die Amnestieerklärung dem Schutz des § 13 Abs. 1 StraBEG unterfällt, sodass es an einer aufgreifbaren Tat fehlt.[10] Sofern auch eine fehlgeschlagene strafbefreiende Erklärung dem Verwertungsverbot des § 13 Abs. 1 StraBEG unterstellt wird[11], liegt auch insoweit keine Tatentdeckung vor.[12] Dies hat jedoch keinen Einfluss auf die Anwendung des § 7 Abs. 1 Nr. 3 StraBEG.[13]

Zur strafbefreienden Erklärung nach Verfahrensabschluss vgl. § 7 StraBEG Rz. 22.

[1] Vgl. im Einzelnen § 371 AO Rz. 111ff.
[2] BMF v. 20.7.2004, IV A 4 – S 1928 – 94/04, DStR 2004, 1387, Frage 18; BGH v. 30.3.1993, 5 StR 77/93, wistra 1993, 227; Joecks, in Franzen/Gast/Joecks, Steuerstrafrecht, 7. Aufl. 2009, § 371 AO Rz. 186; sehr weitgehend FG Rheinland-Pfalz v. 13.6.2006, 1 K 2590/05, DStRE 2007, 1582; bestätigt durch B...

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