Rz. 9

Die Verfassungsmäßigkeit des § 398a AO wurde schon im Vorfeld der Einführung der Vorschrift gerade im Hinblick auf den gem. § 398a Abs. 1 Nr. 2 AO zu zahlenden Geldbetrag intensiv diskutiert. Einerseits wurde eine Verletzung des Richtervorbehalts geltend gemacht, was aber nicht zutreffend sein dürfte, denn es geht insoweit eben nicht um die dem Richter vorbehaltene Verhängung einer Strafe, sondern um eine freiwillige strafprozessuale Abgabe, die nicht vom Verschulden des Handelnden abhängt.[1]

 

Rz. 10

Auch ein Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz des Art. 3 GG dürfte im Hinblick auf die Unterscheidung zwischen zuschlagsfreien Selbstanzeigen und denen, die die Zahlung eines Zuschlags erfordern, um zu einem strafprozessualen Verfolgungshindernis zu führen, zu verneinen sein, denn für die vorgenommene Differenzierung gibt es in Form der besonders schwerwiegenden Steuerhinterziehung einen die Differenzierung rechtfertigenden Grund. Dies dürfte wohl im Hinblick auf den dem Gesetzgeber zustehenden Freiraum auch insoweit unproblematisch sein, dass § 371 Abs. 2 S. 1 Nr. 4 AO – und damit auch § 398a Abs. 1 S. 1 AO – nach seinem klaren Wortlaut nicht die unbenannten besonders schweren Fälle der Steuerhinterziehung erfasst. Dass in diesen Fällen kein Ausschlussgrund eingreift, ist auch vor dem Hintergrund zutreffend, dass der Täter vor der späteren gerichtlichen Aburteilung – und somit auch bei Abgabe der Selbstanzeige – nicht wissen kann, ob ein solcher unbenannter besonders schwerer Fall der Steuerhinterziehung vorliegt.

 

Rz. 10a

Problematisch kann allenfalls die vom Gesetzgeber gewählte Staffelung sein, die bei nur geringfügigem Überschreiten der jeweiligen Betragsgrenzen unmittelbar zu einem deutlich höheren Geldbetrag gem. § 398a Abs. 1 Nr. 2 AO führt.[2] Die Gestaltung der Norm dürfte jedoch noch vom gesetzgeberischen Gestaltungsspielraum gedeckt sein.

 

Rz. 10b

Selbiges dürfte im Hinblick auf den Schuldgrundsatz gelten. So man den Schuldgrundsatz auf § 398a AO als strafprozessuale Regelung anwendet, ist zunächst festzustellen, dass § 398a AO – im Gegensatz zu § 153a StPO – mit dem Hinterziehungsbetrag lediglich auf einen einzigen für die Schuld des Täters maßgeblichen Faktor abstellt. Darüber hinaus ist die in § 398a Abs. 1 Nr. 2 AO gewählte Staffelung als grob anzusehen. Dieses Vorgehen des Gesetzgebers ist problematisch, weil dadurch der Schuldgehalt der Tat nicht vollständig bzw. nur pauschalisierend berücksichtigt wird. Da es sich beim Hinterziehungsbetrag, dem den Erfolgsunwert beschreibenden Faktor, jedoch um den im Steuerstrafrecht für die Schuld prägenden Faktor handelt, dürfte das Vorgehen des Gesetzgebers noch von seinem Gestaltungsspielraum gedeckt sein.

Zu den sich im Hinblick auf die Anrechnung i. S. d. § 398a Abs. 4 S. 2 AO ergebenden verfassungsrechtlichen Fragen vgl. Rz. 75.

[2] Vgl. schon zur alten Rechtslage Beckemper/Schmitz/Wegner/Wulf, wistra 2011, 281, 285.

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