5.2.1 Zeitpunkt der Bekanntgabe

 

Rz. 48

Die Bekanntgabe der Einleitung hat durch die Strafverfolgungsorgane (Rz. 15) zu erfolgen, die die Mitwirkung des Beschuldigten einfordern.[1] Bekanntzugeben ist nach § 397 Abs. 3 AO die Einleitung, nicht die einleitende Maßnahme.

Die Einleitung des Steuerstrafverfahrens ist nach § 397 Abs. 3 AO spätestens dann mitzuteilen, wenn der Beschuldigte aufgefordert wird, Tatsachen darzulegen oder Unterlagen vorzulegen, die im Zusammenhang mit der vermeintlichen Straftat stehen. Die Einleitung kann auch schon früher mitgeteilt werden (Rz. 46), wenn dadurch die Ermittlungen nicht gefährdet werden. Durch eine möglichst frühe Bekanntgabe wird die Rechtsposition des Stpfl. besser geschützt, er allerdings auch stärker der psychischen Belastung des Strafverfahrens ausgesetzt und ihm frühzeitig die Möglichkeit zur Selbstanzeige[2] abgeschnitten (Rz. 9).

 

Rz. 49

Die Bekanntgabepflicht nach § 397 Abs. 3 AO besteht nur einmal.[3] Die Bekanntgabe muss nicht bei jeder Ermittlungshandlung wiederholt werden. Sie muss aber dann erneut erfolgen, wenn der Tatvorwurf erweitert wird.[4]

 

Rz. 49a

Die Bekanntgabepflicht besteht nur gegenüber Beschuldigten (Rz. 8), bei mehreren gegenüber jedem Beschuldigten. Mit der Bekanntgabe an andere Personen darf der Schutzcharakter der Regelung (Rz. 46) nicht umgangen werden.[5]

[1] Jäger, in Joecks/Jäger/Randt, Steuerstrafrecht, 9. Aufl. 2023, § 397 AO Rz. 124.
[3] Jäger, in Joecks/Jäger/Randt, Steuerstrafrecht, 9. Aufl. 2023, § 397 AO Rz. 124.
[4] Nr. 28 Abs. 3 AStBV (St) 2023, BStBl I 2023, 103, 112; vgl. Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 65. Aufl. 2022, § 160 StPO Rz. 8.
[5] Quedenfeld, in Flore/Tsambikakis, Steuerstrafrecht, 2. Aufl. 2016, § 397 AO Rz. 63; Jäger, in Joecks/Jäger/Randt, Steuerstrafrecht, 9. Aufl. 2023, § 397 AO Rz. 127.

5.2.2 Form der Bekanntgabe

 

Rz. 50

Eine besondere Form ist für die Bekanntgabe der Einleitung nicht vorgeschrieben.[1] Es reicht die mündliche Information, aber auch schlüssiges Verhalten.[2] Aus Gründen der Beweissicherung ist die Bekanntgabe aktenkundig zu machen.[3]

[1] BGH v. 6.10.1981, 1 StR 356/81, NJW 1982, 119.
[2] Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 65. Aufl. 2022, § 160 StPO Rz. 7; Pflaum, in MüKoStPO, 1. Aufl. 2018, § 397 AO Rz. 30.
[3] BayObLG v. 12.1.1990, 1 Ob OWi 174/89, wistra 1990, 243 für das Bußgeldverfahren.

5.2.3 Inhalt der Bekanntgabe

 

Rz. 51

Die Rechtsfolgen der Bekanntgabe der Einleitung (Rz. 8ff.) können nur dann eintreten, wenn durch den Inhalt der Bekanntgabe der Beschuldigte über die Tat, derer er verdächtigt wird, ins Bild gesetzt wird.[1] Die Rechtsfolgen der Einleitung, insbesondere die Verjährungsunterbrechung nach § 78c Nr. 1 StGB (Rz. 9), treten nur ein, wenn der Beschuldigte erkennen kann, was ihm vorgeworfen wird (Rz. 53). Der Beschuldigte muss aus den bekannt gegebenen Umständen ersehen können, dass und weshalb gegen ihn ermittelt wird. Er muss die Tat identifizieren können, d. h. den historischen Vorgang i. S. v. § 264 StPO, der sich nach natürlicher Auffassung als einheitlicher Lebensvorgang darstellt. Gegenstand und Umfang des Verdachts müssen zumindest anhand einer die Tatsachengrundlagen des Verdachts zusammenfassend wiedergebenden Erklärung mitgeteilt werden.[2] Es muss wenigstens eine der den Tatverdacht auslösenden Handlungen dargestellt werden, damit die Identifizierung der Tat möglich wird. Ein einfaches Formblatt, das nur den Straftatbestand benennt, ohne die bisher bekannte Tathandlung identifizierbar zu beschreiben, ist nicht ausreichend.[3]

Diesen Anforderungen genügt nur eine Bezeichnung der jeweiligen Steuerart, die verkürzt worden ist, und des Besteuerungszeitraums, über den sich die Straftat erstreckt.[4]

 

Rz. 52

Die Bekanntgabe der Einleitung umfasst zugleich die Belehrung nach § 136 Abs. 1 S. 2 StPO hinsichtlich der Rechte und Pflichten im Strafverfahren. Der Beschuldigte ist hiernach insbesondere darüber zu informieren, dass es ihm freisteht, sich zur Beschuldigung zu äußern oder nicht zur Sache auszusagen und jederzeit, auch schon vor seiner Vernehmung, einen von ihm zu wählenden Verteidiger[5] zu befragen.

[1] BGH v. 6.10.1981, 1 StR 356/81, NJW 1982, 119.
[2] BayObLG v. 26.10.1987, RReg 4 St 106/87, wistra 1988, 81.
[3] OLG Hamburg v. 24.3.1987, 2 Ss 134/86, wistra 1987, 189; Marx, wistra 1987, 207; Jäger, in Joecks/Jäger/Randt, Steuerstrafrecht, 9. Aufl. 2023, § 397 AO Rz. 125; Klein/Jäger, AO, 16. Aufl. 2022, § 397 Rz. 35.
[4] BVerfG v. 4.7.2006, 2 BvR 950/05, BFH/NV Beilage 2006, 505; Blesinger, wistra 1994, 48; Jäger, in Joecks/Jäger/Randt, Steuerstrafrecht, 9. Aufl. 2023, § 397 AO Rz. 126; a. A. Weyand, wistra 1987, 283; Schuhmann, wistra 1992, 293; wegen des sachlichen Umfangs der Ausschlusswirkung für die Selbstanzeige s. § 371 AO Rz. 103, 104.

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