Rz. 3

Die Vorschrift bezieht sich auf die Fälle der §§ 34, 35 AO. Die in diesen Vorschriften aufgeführten Personen haben aufgrund sehr verschiedener Rechtstellungen zu den jeweiligen eigentlichen Stpfl. deren steuerliche Pflichten zu erfüllen. Ebenso verschieden müssen daher auch die Formen des Erlöschens dieser Rechtstellungen sein, zumal die gesetzliche Umschreibung mit "Vertretungsmacht" oder "Verfügungsmacht" nicht alle Fälle der §§ 34, 35 AO erfasst und deshalb ausdehnend ausgelegt werden muss. Die Verfügungsmacht kann daher nicht nur durch Entzug seitens desjenigen geschehen, der sie eingeräumt hat. Auch ein gerichtlich angeordnetes Verfügungsgebot kann der Grund sein.[1]

2.1 Gesetzliche Vertreter, Geschäftsführer, Beteiligte

 

Rz. 4

Die gesetzliche Vertretungsmacht der Eltern für ihre Kinder endet durch Volljährigkeit, Entziehung der elterlichen Gewalt oder Tod des Kindes, diejenige des Betreuers für Volljährige[1] mit dessen Entlassung[2] oder mit der Aufhebung der Betreuung.[3] Der Betreuer ist in seinem Aufgabenkreis, der viel variabler als der des früheren Vormunds für diese Fälle ausgestaltet ist, gesetzlicher Vertreter des Betreuten.[4] Ein Teil der gesetzlichen Vertretungsmacht für einen Minderjährigen erlischt mit der Ermächtigung an diesen, ein Erwerbsgeschäft zu führen oder ein Dienst- und Arbeitsverhältnis einzugehen. Die Vertretungsmacht des Pflegers endet mit der Aufhebung der Pflegschaft. Mit einer Einschränkung oder Erweiterung der Betreuung wird auch die Vertretungsmacht des Betreuers eingeschränkt oder erweitert.

Die gesetzliche Vertretungsmacht für juristische Personen ist mit dem Ausscheiden der Person aus der Tätigkeit als Vorstand oder Geschäftsführer bzw. bei juristischen Personen des öffentlichen Rechts aus der entsprechenden Position erloschen. Für Geschäftsführer nichtrechtsfähiger Personenvereinigungen und Vermögensmassen gilt Entsprechendes. Sind mangels Geschäftsführer die Mitglieder oder Gesellschafter usw. nach § 34 Abs. 2 AO verpflichtet, so können neue Pflichten nach ihrem Ausscheiden aus der Gesellschaft, aus dem Verein oder aus dem Kreis der Vermögensberechtigten nicht mehr entstehen. Die Vertretungsmacht des Treuhänders endet mit der Beendigung des Treuhandverhältnisses.

[1] §§ 1896ff. BGB.
[2] § 1908b BGB.
[3] § 1908d BGB.
[4] § 1902 BGB.

2.2 Vermögensverwalter

 

Rz. 5

Die Verfügungsmacht der Vermögensverwalter[1] erlischt mit der Beendigung ihrer Vermögensverwaltung. Beim Konkursverwalter war dies mit Aufhebung des Konkursverfahrens[2] bzw. Vollzug der Nachtragsverteilung[3] oder mit seiner vorzeitigen Entlassung[4] der Fall. Ähnliches gilt seit 1.1.1999 für den Insolvenzverwalter mit der Aufhebung oder Einstellung des Insolvenzverfahrens[5] und mit seiner Entlassung.[6] Die Vermögensverwaltung des Nachlassverwalters endet mit der Eröffnung des Nachlassinsolvenzverfahrens oder mit der Aufhebung der Nachlassverwaltung[7] bzw. mit der vorzeitigen Entlassung des Verwalters durch das Amtsgericht. Die Funktion des Zwangsverwalters endet mit der Aufhebung des Zwangsverwaltungsverfahrens[8] oder mit einer vorherigen Entlassung des Zwangsverwalters. Die Abwickler (Liquidatoren) sind vom Schluss der Abwicklung[9] an keine Vermögensverwalter mehr. Vorzeitig kann ihre Funktion mit ihrer Entlassung durch das Amtsgericht enden. Die Verwaltung durch den Testamentsvollstrecker endet mit der Erledigung der Aufgaben der Testamentsvollstreckung, mit der Kündigung durch den Testamentsvollstrecker[10] oder mit seiner Entlassung.[11]

[2] § 163 KO.
[3] §§ 166, 167 KO.
[4] § 84 Abs. 1 S. 2 KO.
[9] Vgl. z. B. § 273 AktG.

2.3 Verfügungsberechtigte

 

Rz. 6

Da beim Verfügungsberechtigten i. S. d. § 35 AO das Auftreten nach außen die entscheidende Voraussetzung für die Belastung mit den Pflichten eines gesetzlichen Vertreters ist, muss mit der Beendigung des entsprechenden Auftretens der Zeitpunkt gegeben sein, von dem an neue steuerliche Pflichten nicht mehr entstehen können. Da das Auftreten nach außen einen bestimmten Anschein erweckt, an den das Gesetz hier anknüpft, kann das Ende für die Möglichkeit der Entstehung steuerlicher Pflichten nicht sofort mit einem Untätigwerden nach außen eintreten. Vielmehr muss noch etwas hinzutreten, das den Anschein beseitigt. Das kann eine Erklärung z. B. gegenüber der Finanzbehörde sein, dass eine Tätigkeit als Verfügungsberechtigter nicht mehr ausgeübt wird oder sich auf bestimmte Teilbereiche beschränkt.[1] Das kann aber auch im Ablauf einer nicht ganz kurzen Zeitdauer der Untätigkeit liegen, aus dem auf ein künftiges Unterbleiben des Auftretens als Verfügungsberechtigter geschlossen werden kann.

Mit dem Wegfall der rechtlichen oder tatsächlichen Möglichkeit (z. B. Entzug der Vollmacht), die steuerlichen Pflichten zu erfüllen, ist ebenfalls eine Entstehung neuer steuerlicher Pflichten ausgeschlossen.

[1] Loose, in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 36 AO Rz. 6.

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