Rz. 5

Das Merkmal der Selbstständigkeit kann auf zweierlei Art verstanden werden. Mit dem Begriff der Selbstständigkeit wird nach überwiegender Auffassung[1] der wirtschaftliche Geschäftsbetrieb von der nichtselbstständigen Arbeit abgegrenzt. Selbstständig ist danach, wer nach den tatsächlichen Gegebenheiten und dem Gesamtbild der Verhältnisse eine Tätigkeit auf eigene Rechnung und Gefahr ausübt.[2]

Zum Begriff der Selbstständigkeit wird auf Geurts, in Frotscher/Geurts, EStG, § 15 EStG Rz. 33ff. sowie Geurts, in Frotscher/Geurts, EStG, § 19 EStG Rz. 22ff. verwiesen.

Demgegenüber muss eine Tätigkeit nach Ansicht der Rechtsprechung "selbstständig" in dem Sinn sein, dass sie von anderen Tätigkeiten des Stpfl., die keinen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb bilden, abgegrenzt werden können.[3] Die höchstrichterliche Rechtsprechung versteht das Kriterium der Selbstständigkeit somit primär i. S . eines sachlichen Selbstständigkeitsbegriffs. Die Tätigkeit darf also mit der anderen Tätigkeit nicht dergestalt zusammenhängen, dass sie ohne die andere Tätigkeit nicht möglich wäre. Es darf also keine wechselseitige Verflechtung der beiden Tätigkeiten vorliegen.[4] Erforderlich ist, dass beide Formen der Selbstständigkeit vorliegen müssen. Der BFH hat vereinzelt allerdings auf beide Selbstständigkeitsbegriffe abgestellt.

Die Auslegung des Selbstständigkeitsbegriffs durch den BFH überzeugt nicht, berücksichtigt man den Regelungsgehalt. Letzterer ist unter Berücksichtigung von Sinn und Zweck des § 14 AO darin zu sehen, Wettbewerbsverzerrungen durch ungerechtfertigte Steuerfreistellung zu vermeiden. Die Abgrenzung der steuerpflichtigen von der steuerbegünstigten Tätigkeit folgt aus dem Begriff des Geschäftsbetriebs und aus nicht dem Merkmal der Selbstständigkeit.[5] Eine Notwendigkeit für ein abweichendes Verständnis des in anderen Steuergesetzen ebenfalls verwendeten Begriffs ist nicht erkennbar. Das von Buciek[6] dagegen vorgebrachte Argument, die persönliche Unabhängigkeit spiele bei Körperschaften keine Rolle, ist nicht durchschlagend, weil der Gesetzgeber ausweislich der Gesetzesbegründung[7] gerade eine einheitliche Auslegung durch Einführung der allgemeinen Definition erreichen wollte.[8]

[1] Seer,in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 14 AO Rz. 7 m. w. N.
[3] Seer, in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 14 AO Rz. 7 m. w. N.; ebenso Buciek, in Beermann/Gosch, AO/FGO, § 14 AO Rz. 26.
[4] BFH v. 18.1.1984, I R 138/79, BStBl II 1984, 451; BFH v. 15.10.1997, I R 2/97, BStBl II 1998, 175; Buciek, in Beermann/Gosch, AO/FGO, § 14 AO Rz. 25; vgl. auch das gleichgelagerte Problem zum Vorliegen einer "Einrichtung" im Rahmen des § 4 KStG.
[5] Koenig/Koenig, AO, 3. Aufl. 2014, § 14 Rz. 11.
[6] Buciek, in Beermann/Gosch, AO/FGO, § 14 AO Rz. 26.
[7] BT-Drs. VI/1982, 104.
[8] Fischer, in HHSp, AO/FGO, § 14 AO Rz. 77.

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