Rz. 12

Das Unternehmen oder der selbstständige Teilbetrieb müssen "im Ganzen übereignet" werden. Diese Formulierung ist insofern unglücklich, als es im bürgerlichen Recht eine Übereignung von Sachgesamtheiten und Geschäften nicht gibt, und weil zum Unternehmen bzw. Teilbetrieb auch Rechte und sonstige Vermögenswerte gehören, z. B. Gebrauchsrechte an Sachen, Patente, Lizenzen, Dienstverträge, Geschäftsverbindungen, Alleinvertriebsrechte, Herstellungsverfahren, Erfahrungen, Geheimnisse usw., an denen Eigentum i. S. d. §§ 903ff. BGB nicht begründet werden kann. Gemeint ist die Übertragung der wesentlichen Grundlagen eines Unternehmens (Teilbetriebs) auf den Erwerber, also eine "Übereignung" im wirtschaftlichen Sinn.[1] Zum einen wird damit gesagt, dass nicht der Verkauf oder ein anderes schuldrechtliches Verpflichtungsgeschäft, sondern der Verfügungsvorgang entscheidend ist. Zum anderen soll zum Ausdruck gebracht werden, dass das gesamte lebende Unternehmen in einer Weise übergeht, dass das Geschäft wie bisher weitergeführt werden kann, ohne dass der Erwerber nennenswerte finanzielle Aufwendungen tätigen muss.[2] Das ist nicht der Fall, wenn die Fortführung die Anschaffung weiterer Wirtschaftsgüter oder ähnliche Maßnahmen erforderlich macht. Die Tatsache der Anschaffung weiterer Wirtschaftsgüter durch den Erwerber, die in einem solchen Zusammenhang häufig vorkommt, bedeutet allerdings noch keinen Ausschluss der Haftung, wenn dies nicht zur Fortführung des Unternehmens/Teilbetriebs in der bisherigen Weise erforderlich ist, sondern für eine bessere Weiterführung für sinnvoll erachtet wird.[3] Auch wenn ein bisher verpachteter Teilbetrieb oder ein verpachtetes Unternehmen beim Erwerb vom Verpächter nunmehr als Eigenbetrieb fortgeführt wird[4] oder wenn ein bisher als Eigenbetrieb geführtes Geschäft verpachtet wird.[5] Bewegliche Sachen und Grundstücke, die im Eigentum des Veräußerers stehen, müssen allerdings zur Auslösung der Haftung vom Veräußerer an den Erwerber übereignet werden.[6]

Zur "Übereignung im Ganzen" gehört die Übertragung aller wesentlichen Grundlagen des Unternehmens bzw. des Teilbetriebs. Voraussetzung ist auch, dass der Übergang vom Veräußerer auf den Erwerber selbst stattfindet, also die Identität der betroffenen Personen gewahrt ist.[7] Die Übereignung von einem Dritten oder an einen Dritten reicht auch dann nicht aus, wenn der Dritte dem Erwerber die Nutzung der übertragenen Gegenstände gestattet.[8]

3.3.1 Übertragung der Rechtsstellung

 

Rz. 13

Zum Begriff Übereignung gehört unter diesem Gesichtspunkt nicht nur die Übereignung einzelner Sachen, sondern auch die uneingeschränkte Übertragung der Rechtsstellung des Veräußerers an den zum Unternehmen bzw. Betrieb gehörenden Rechten und sonstigen Vermögenswerten. Der Begriff ist nur noch insoweit im bürgerlich-rechtlichen Sinn zu verstehen, als die Rechtsstellung in umfassender und vollständiger Weise auf den Erwerber übergehen muss.[1] Die Annahme einer Übereignung i. d. S. wird jedoch nicht dadurch ausgeschlossen, dass der Erwerber bei der Geschäftsveräußerung Gegenstände, die ihm bereits vorher zur Sicherheit übereignet waren, oder Waren, die er zuvor unter Eigentumsvorbehalt geliefert hat, übernimmt.[2] Für den Begriff "Übereignung" ist insoweit eine wirtschaftliche Betrachtung zu Grunde zu legen.[3] Eine "Übereignung" liegt vor, wenn unabhängig von der dinglichen Rechtsgestaltung ein tatsächlicher Zustand geschaffen wird, durch den der Erwerber in die Lage versetzt wird, wie ein Eigentümer über die Sachen und Vermögenswerte zu verfügen, also ein eigentumsähnliches Herrschaftsrecht auszuüben. Gehören zu den wesentlichen Grundlagen des Unternehmers im Eigentum des bisherigen Unternehmers stehende Gegenstände, so muss das Eigentum übergehen. Die Übertragung eines eigentumsähnlichen Herrschaftsverhältnisses ohne sachenrechtliche Übereignung reicht nur bei solchen Wirtschaftsgütern, die selbst nicht eigentumsfähig sind.[4]

Der Übergangsvorgang muss nicht notwendigerweise in einem Akt vollzogen werden. Stehen mehrere Teilakte, die zusammen eine Übertragung der gesamten Einheit bilden, in einem engen wirtschaftlichen Zusammenhang und ist die Übertragung bzw. der Erwerb der gesamten Einheit (Unternehme...

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