1 Inhalt und Zweck der Begründung

 

Rz. 1

Die Vorschrift ist in Abs. 1 an § 39 Abs. 1 VwVfG angelehnt; in Abs. 2 stellt sie eine Übernahme des § 39 Abs. 2 VwVfG dar. Die Begründungspflicht nach § 121 Abs. 1 AO ist insofern reduziert, als – zum Schutze der Finanzverwaltung – nur eine zum Verständnis erforderliche Begründung verlangt wird.[1]

 

Rz. 2

Funktion der Begründungspflicht ist die Verwirklichung des gem. Art.  19 Abs. 4 GG gewährleisteten Rechtsschutzes gegen öffentliche Hoheitsakte. Der Betroffene kann Rechtsschutz nur dann effektiv in Anspruch nehmen, wenn er weiß, wie die Behörde ihren Verwaltungsakt rechtfertigt und auf welche Rechtsgrundlagen sie ihn stützt; dem Bürger wird damit nicht angelastet, überhaupt erst eine geeignete Rechtsgrundlage seinerseits zu suchen.[2]

Neben dieser Rechtsschutzfunktion dient die Begründungspflicht auch dem Grundrechtsschutz durch Verfahrensteilnahme, dem Selbstkontrollzweck für die Behörde und entlastet das Rechtsbehelfsverfahren.[3]

 

Rz. 3

Ein schriftlicher, elektronischer oder schriftlich oder elektronisch bestätigter Verwaltungsakt ist nach Abs. 1 regelmäßig zu begründen. Diese Pflicht gilt sowohl für belastende als auch für begünstigende Verwaltungsakte sowie für gebundene und im Ermessen der Verwaltung stehende Verwaltungsakte. Bei Ermessensentscheidungen muss wegen der eingeschränkten gerichtlichen Überprüfung behördlicher Ermessensentscheidungen[4] die Ermessensentscheidung der Verwaltung im Verwaltungsakt begründet werden.[5] Die bei der Ausübung des Verwaltungsermessens angestellten Erwägungen müssen aus der Entscheidung erkennbar sein, andernfalls ist sie rechtswidrig.[6] Aus der formelhaften Begründung, das FA handle „im Interesse einer ordnungsgemäßen Durchführung des Besteuerungsverfahrens“ war für die Kläger nicht erkennbar, aus welchem Grund die Abgabefrist verkürzt wurde.[7]

Zu schriftlichen Verwaltungsakten vgl. Pahlke, in Schwarz/Pahlke, AO/FGO, § 119 AO Rz. 22, zu elektronischen Verwaltungsakten vgl. Pahlke, in Schwarz/Pahlke, AO/FGO, § 119 AO Rz. 23. Ein nicht schriftlicher Verwaltungsakt ist bei Bestehen eines berechtigten Interesses und auf Verlangen schriftlich zu bestätigen.[8] Die Bestätigung kann auch in qualifizierter elektronischer Form ­erfolgen.[9] In allen Fällen hat eine Begründung nach Abs. 1 zu erfolgen, soweit dies zum Verständnis des Verwaltungsakts bzw. seiner Bestätigung erforderlich ist.

Eine Begründungspflicht für mündliche (nichtschriftliche) Verwaltungsakte besteht nicht; der Betroffene muss die schriftliche Bestätigung des Verwaltungsakts verlangen, um eine Begründung zu erhalten.[10]

 

Rz. 4

§ 205 Abs. 2 Satz 2 AO enthält eine dem § 121 AO vorgehende Sondervorschrift. Besonderheiten gelten auch für § 188 Abs. 2 AO.[11] Nach § 366 S. 1 AO besteht eine besondere Begründungspflicht für die Einspruchsentscheidung.[12] sowie für die Änderung zum Nachteil des Einspruchsführers gem. § 367 Abs. 2 Satz 2 AO.[13]

 

Rz. 5

Im Zollrecht ergibt sich die Begründungspflicht aus Art. 22 Abs. 7 UZK, wonach eine den Antragsteller belastende Vorschrift mit Gründen versehen sein muss. Diese Regelung tritt neben § 121 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 AO. Die übrigen Ziffern des § 121 Abs. 2 AO bleiben anwendbar, da der UZK keine entsprechenden Vorschriften enthält.[14]

2 Begründungspflicht (§ 121 Abs. 1 AO)

 

Rz. 6

Wegen der aus Art. 19 Abs. 4 GG folgenden Rechtsschutzfunktion soll die Begründungspflicht dem Stpfl. die Möglichkeit geben, zu prüfen, ob und mit welcher Begründung er gegen den Verwaltungsakt Rechtsmittel einlegt. Vor diesem Hintergrund muss dem Stpfl. mit der Begründung deutlich gemacht werden, auf welche Aspekte die Finanzverwaltung ihre Entscheidung stützt. Der Umfang der Begründung kann daher variieren. Jedenfalls muss aus der Begründung aber ersichtlich sein, auf welche Rechtsgrundlage die Verwaltung den Verwaltungsakt stützt.

 

Rz. 7

Ein Begründungsmangel liegt nicht schon vor, wenn die Begründung bloß kurz, lückenhaft oder in der Sache fehlerhaft ist, wohl aber – vgl. auch § 126 Abs. 3 AO – beim Fehlen jeglicher Ausführungen. Eine unterbliebene Begründung kann in der Einspruchsentscheidung und sogar noch bis zum Abschluss der Tatsacheninstanz eines finanzgerichtlichen Verfahrens nachgeholt werden.[1] Hat...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Haufe Steuer Office Excellence. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge