Entscheidungsstichwort (Thema)

Zulässigkeit einer Fortsetzungsfeststellungsklage nach Einziehung der gepfändeten Forderung. Pfändungsschutz bei Rentenzahlungen. Rückforderung eines Pfändungsbetrages

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Mit der Zahlung der gepfändeten Forderung durch den Drittschuldner an das FA als Pfändungsgläubiger ist die gepfändete Forderung eingezogen, der Pfandgegenstand mithin verwertet und die Vollstreckung beendet.

2. Mit der Einziehung der gepfändeten Forderung während des außergerichtlichen Rechtsbehelfsverfahrens erledigt sich die Pfändungs- und Einziehungsverfügung. Ihre Rechtswidrigkeit kann nicht mehr mit der Anfechtungsklage, sondern nur noch mit einer Fortsetzungsfeststellungklage geltend gemacht werden.

3. Wendet sich der nicht beratene Kläger in diesem Fall sinngemäß gegen die Rechtmäßigkeit der Forderungspfändung, so ist sein Begehren als Fortsetzungsfeststellungsklage auszulegen. Will er die Folgen der durchgeführten Vollstreckung wieder beseitigen und rügt er auch die Missachtung gesetzlicher Vollstreckungsverbote, so reicht dies für die Annahme des für die Zulässigkeit einer Fortsetzungsfeststellungsklage erforderlichen besonderen Feststellungsinteresses aus.

4. Bei Pfändung in Rentenzahlungen greift die Pfändungsschutzvorschrift des § 55 Abs. 1 SGB I nicht ein, wenn die dort genannte Sieben-Tages-Frist zum Zeitpunkt der Pfändung bereits abgelaufen ist.

5. Zum verlängerten Pfändungsschutz nach § 55 Abs. 4 SGB I.

 

Normenkette

AO §§ 309, 314, 319, 37 Abs. 2; FGO § 100 Abs. 1 S. 4; ZPO § 850 ff.; SGB I § 55 Abs. 1, 4

 

Nachgehend

BFH (Beschluss vom 26.04.2005; Aktenzeichen VII B 83/04)

 

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Kosten des Verfahrens fallen dem Kläger zur Last.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Wirksamkeit einer Pfändungs- und Einziehungsverfügung betreffend ein bei der Sparkasse L. geführtes Konto des Klägers.

Der Kläger ist ausweislich des Leistungsbescheides des Studentenwerkes L. vom 14. Februar 1994, bestätigt durch Urteil des Bundesverwaltungsgericht vom 3. November 1997 zur Rückzahlung von Bafög in Höhe von DM 1.027,00 verpflichtet. Mit Schreiben vom 31. August 1998 mahnte das Studentenwerk die Zahlung der Hauptforderung in Höhe von DM 767,00 beim Kläger an. Da der Kläger die Zahlung verweigerte, ersuchte das Studentenwerk das Finanzamt L. IV, dessen Rechtsnachfolger der Beklagte ist, die offene Forderung als Vollstreckungsbehörde gemäß § 4 SächsVwVG beizutreiben. Nach einem erfolglosen Vollstreckungsversuch in das bewegliche Vermögen des Klägers erging am 21. September 1998 eine Pfändungs- und Einziehungsverfügung über DM 796,00 (Forderung DM 767,00, Vollstreckungskosten DM 18,00, Auslagen DM 11,00), die der Sparkasse L. am 23. September 1998 förmlich zugestellt wurde.

Mit Schreiben vom 30. September 1998 wandte sich der Kläger an den Beklagten und erklärte, er habe in all seinen Schreiben darauf hingewiesen, dass die Ansprüche zu unrecht bestünden. Aus Protest wolle er nicht zahlen, sondern in Ersatzhaft gehen. Dies wertete der Beklagte als Einspruch.

Gemäß Drittschuldnererklärung vom 12. Oktober 1998 teilte die Sparkasse L. dem Beklagten mit, dass die Forderung anerkannt werde und der Forderungsbetrag am 25. September 1998 überwiesen worden sei. Die Pfändungsmaßnahme werde daher als erledigt betrachtet.

Mit Schreiben vom 30. November 1998 teilte der Kläger mit, dass er erfahren habe, dass der Betrag eingezogen worden sei. Er sehe darin einen Rechtsbruch und verlange die Rücküberweisung des Geldes.

In weiteren Schreiben wies der Kläger darauf hin, dass nicht nur sein Verlangen, in Ersatzhaft zu gehen, unbeachtet geblieben sei. Auch habe man den Betrag abgebucht, ohne zuvor die Zahlungsfähigkeit zu überprüfen. Wäre dies geschehen, so hätte der Beklagte die bereits bestehende Schufa-Eintragung festgestellt. Außerdem habe der Beklagte gewusst, dass das auf dem Konto vorhandene Geld zweckgebunden gewesen sei. Gemäß der Auflage der Bank habe das Darlehen nur für den Garagenbau verwendet werden dürfen. Schließlich habe man sich an seinem „Mindestsatz zum Leben” vergriffen. Er beziehe lediglich eine geringe Rente und habe hohe Darlehnsschulden im Zusammenhang mit dem Bau seines Eigenheimes.

Ausweislich der vorgelegten Kontoauszüge und der Erklärungen des Klägers im Erörterungstermin vom 28. November 2003 und in der mündlichen Verhandlung vom 25. Februar 2004 wurde dem Kläger ein Darlehen zum Zwecke eines Garagenbaus gewährt, das am 3. Juli 1998 ausgezahlt wurde. Vor der Pfändung am 25. September 1998 hatte der Kläger ein Guthaben von 1.916,76 DM, danach von 1.120,78 DM. Am 29. September gingen drei Rentenzahlungen auf dem Konto ein: Zwei Zahlungen des Rentendienstes in Höhe von 602,44 DM und 1.319,71 DM sowie eine Berufsunfähigkeitsrente in Höhe von 1.200,00 DM.

Den Einspruch gegen die Pfändungs- und Einziehungsverfügung wies der Beklagte mit Einspruchsentscheidung vom 28. April 1999 zurück.

Der Kläger verfolgt sein Begehren mit der am 24. Mai 1999 erhobenen Klage weiter...

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