rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Aufgrund unklarer Bescheinigung eines Versorgungswerks und unrichtiger Eintragung im Mantelbogen der Einkommensteuererklärung doppelt als Altersvorsorgeaufwendung abgezogener Arbeitnehmerbeitrag keine neue Tatsache i. S. d. § 173 AO

 

Leitsatz (redaktionell)

Hat ein Versorgungswerk im Jahresversorgungsabgabebescheid den Arbeitnehmer- und den Arbeitgeberbeitrag zusammengefasst in einer Summe ausgewiesen, war in der elektronischen Lohnsteuerbescheinigung der halbe Betrag unter Nr. 22 „Arbeitgeberanteil zur gesetzlichen Rentenversicherung und an berufsständische Versorgungseinrichtungen” und unter Nr. 23 „Arbeitnehmeranteil zur gesetzlichen Rentenversicherung und an berufsständische Versorgungseinrichtungen” ein Betrag von 0 Euro ausgewiesen, hat die Steuerpflichtige den vom Versorgungswerk bescheinigten Gesamtbetrag aus Arbeitnehmer- und Arbeitgeberbeitrag in der Einkommensteuererklärung 2006 im Mantelbogen unter der Rubrik „Sonderausgaben” unzutreffend unter Zeile 63 „Beiträge zu freiwilligen Versicherungen in den gesetzlichen Rentenversicherungen und Pflichtbeiträge von Nichtarbeitnehmern zu den gesetzlichen Rentenversicherungen” sowie den Arbeitgeberanteil (zutreffend) unter Zeile 65 eingetragen und wurden deswegen im bestandskräftig gewordenen Einkommensteuerbescheid 2006 der Arbeitnehmeranteil bei den Altersvorsorgeaufwendungen doppelt berücksichtigt, so kann der Bescheid später nicht nach § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO geändert werden; dass der unter Zeile 63 des Mantelbogens geltend gemachte Gesamtbetrag auch den Arbeitgeber- und nicht nur den Arbeitnehmeranteil enthält, hätte der Sachbearbeiter des FA bereits zum Zeitpunkt der Veranlagung erkennen können und müssen und stellt somit keine neue Tatsache dar.

 

Normenkette

EStG § 10 Abs. 1; AO § 173 Abs. 1 Nr. 1

 

Tenor

Der geänderte Bescheid für 2006 über Einkommensteuer vom 02.05.2011 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 02.07.2013 wird aufgehoben.

Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 v.H. des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leisten.

 

Tatbestand

Streitig ist, ob der Einkommensteuerbescheid 2006 für Dr. I. B. nach § 173 Abs. 1 Nr. 1 AbgabenordnungAO – geändert werden konnte.

Die Kläger sind Erben nach Dr. I. B.. Dr. I. B. reichte am 29.05.2007 ihre ohne Mitwirkung eines steuerlichen Beraters auf amtlichen Vordrucken ausgefüllte Einkommensteuererklärung 2006 beim Beklagten ein. Sie erklärte Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung, aus nichtselbständiger Arbeit und aus Kapitalvermögen. Im Mantelbogen trug sie unter der Überschrift „Sonderausgaben” folgendes ein:

Zeile 61 „Beiträge zu gesetzlichen Rentenversicherungen und zu berufsständischen Versorgungseinrichtungen lt. Nr. 23 der Lohnsteuerbescheinigung (Arbeitnehmeranteil)” Keine Eintragung

Zeile 63 „Beiträge zu freiwilligen Versicherungen in den gesetzlichen Rentenversicherungen und Pflichtbeiträge von Nichtarbeitnehmern zu den gesetzlichen Rentenversicherungen” 10.296 Euro.

Zeile 65 „Arbeitgeberanteil zu gesetzlichen Rentenversicherungen, Zuschüsse zu berufsständischen Versorgungseinrichtungen lt. Nr. 22 der Lohnsteuerbescheinigung” 5.119 Euro.

Ihrer Einkommensteuererklärung fügte sie den Versorgungsabgabebescheid 2006 der V-Versorgung Sachsen der Landes-V-Kammer vom 10.01.2007 bei, wonach zwölf Monatsabgaben in Höhe von jeweils 858 Euro, in der Summe eine Jahresabgabe in Höhe von 10.296 Euro, geleistet wurden. Ferner lag dem Beklagten bei der Veranlagung die elektronische Lohnsteuerbescheinigung der Dr. I. B. vor, die unter Nr. 22 „Arbeitgeberanteil zur gesetzlichen Rentenversicherung und an berufsständische Versorgungseinrichtungen” den Betrag von 5.119,46 Euro und unter Nr. 23 „Arbeitnehmeranteil zur gesetzlichen Rentenversicherung und an berufsständische Versorgungseinrichtungen” 0,00 Euro auswies. Vor diesem Hintergrund ging der Beklagte bei der Einkommensteuerveranlagung 2006 mit Bescheid vom 10.08.2007 unter Berücksichtigung weiterer hier nicht streitiger Aufwendungen in Höhe von 304 Euro von einer Summe der Altersvorsorgeaufwendungen von 15.719 Euro aus.

In der Folgezeit entwickelte die Sondereinheit Risikoprüfung des Landesamts für Steuern und Finanzen ein Prüfungsraster, mit dem Fälle, in denen es möglicherweise zu einem doppelten Ansatz von Altersvorsorgeaufwendungen gekommen war, maschinell erkannt werden konnten. Am 09.03.2011 richtete sie an den Beklagten eine die Kläger als Gesamtrechtsnachfolger von Dr. I. B. betreffende Kontrollmitteilung, in der es u.a. hieß: „Die Prüfung der Kennzahlen A)A)A)… zeigte für o.g. Steuerpflichtigen Merkmale des in der ESt-Kurzinformation 06/2010 beschriebenen Sachverhalts. … Bitte kontrollieren sie die berücksichtigten Sonderausgaben, insbesondere hinsichtlich möglicher Mehrfacherklärung/-Erfassung von Zahlung...

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