Entscheidungsstichwort (Thema)

Beratungsvertrag mit Gesellschaft eines Aufsichtsratsmitglieds

 

Leitsatz (amtlich)

Ein Beratungsvertrag zwischen einer Aktiengesellschaft und einer Rechtsanwaltssozietät, dessen Mitglied zugleich Mitglied des Aufsichtsrates der Aktiengesellschaft ist, fällt in den Anwendungsbereich der §§ 113, 114 AktG.

Ein Vertrag, nach dem diese Sozietät die Aktiengesellschaft und deren Tochterunternehmen "in allen Rechtsangelegenheiten" beraten und vertreten soll, und zwar "je nach Bedarf entweder mündlich, fernmündlich oder schriftlich", wobei sich die Wahrnehmung der rechtlichen Interessen insbesondere auf die "Rechtsgebiete des Aktienrechts, Gesellschaftsrechts, Handelsvertreterrechts, Wirtschaftsrechts, Arbeitsrechts und des allgemeinen Zivilrechts" erstreckt, verstößt mangels Abgrenzung ggü. der Organtätigkeit des Aufsichtsrates als Gesamtorgan gegen § 113 AktG.

Ein solcher Vertrag fällt nicht in den Anwendungsbereich der §§ 113, 114 AktG, wenn das Mitglied der Sozietät nur Ersatzmitglied des Aufsichtsrates ist oder wenn dieses nur Mitglied des Aufsichtsrates des Tochterunternehmens ist.

 

Normenkette

AktG §§ 113-114

 

Verfahrensgang

LG Hamburg (Urteil vom 15.11.2005; Aktenzeichen 321 O 84/04)

 

Tenor

Die Berufungen der Kläger und der Beklagten gegen das Urteil des LG Hamburg vom 15.11.2005 werden zurückgewiesen.

Von den Kosten des Berufungsrechtszuges haben die Beklagte 54,5 % und die Kläger als Gesamtschuldner 45,5 % zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar; den Parteien bleibt nachgelassen, die Vollstreckung der jeweils anderen Partei gegen Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die vollstreckende Partei zuvor Sicherheit i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages geleistet hat.

Die Revision wird zugelassen.

 

Gründe

I. Die Parteien streiten um Vergütung aus einem Beratungsvertrag.

Die Kläger waren langjährige Berater der Rechtsvorgängerin der Beklagten bzw. deren Tochtergesellschaften; ein Beratungsverhältnis mit Rechtsanwalt T bestand seit dem 1.7.1992. In diesem Zusammenhang schlossen die Kläger mit der Rechtsvorgängerin der Beklagten, der t Holding AG, im Frühjahr 2001 für den Zeitraum vom 1.1.2001 bis zum 31.12.2003 einen Beratungsvertrag mit dem aus der Anlage K 1 ersichtlichen Inhalt.

In Ziff. 1 des Beratungsvertrages heißt es:

"Die Rechtsanwälte verpflichten sich, die t Holding AG und die einzelnen Unternehmen innerhalb der t-Gruppe mit Wirkung vom 1.1.2001 in allen Rechtsangelegenheiten zu beraten und zu vertreten, und zwar je nach Bedarf entweder mündlich, fernmündlich oder schriftlich. Die Tätigkeit schließt auch die Vorlage von Rechtsgutachten ein.

Die Wahrnehmung der rechtlichen Interessen erstreckt sich insbesondere auf die Rechtsgebiete des Aktienrechts, Gesellschaftsrechts, Handelsvertreterrechts, Wirtschaftsrechts, Arbeitsrechts und des allgemeinen Zivilrechts."

In Ziff. 4 des Beratungsvertrages ist vereinbart, dass eine Abrechnung der Beratungsleistungen nach Zeitaufwand auf der Grundlage eines Stundenhonorars von netto 330 DM erfolgen soll. Aus Ziff. 6 des Vertrages ergibt sich, dass in jedem Falle 75 Beratungsstunden monatlich abgerechnet werden können. Daraus resultiert eine Vergütung von monatlich mindestens 14.679,19 EUR brutto. Die Beklagte bzw. deren Rechtsvorgängerin hat diese Vergütung bis einschließlich Juni 2003 an die Kläger gezahlt.

Mit Schreiben vom 29.7.2003 (Anlage K 2) kündigte die Beklagte eine Herabsetzung der Honorierung infolge geringeren Beratungsbedarfes an und kündigte den Beratungsvertrag auch vorsorglich. Die Kläger traten dem mit Schreiben vom 1.8.2003 entgegen (Anlage K 3).

Die Beklagte hat in Umsetzung ihres Schreibens vom 29.7.2003 für die Monate Juli bis November 2003 nur noch monatlich 5.871,80 EUR an die Kläger gezahlt.

Die Kläger haben ursprünglich mit ihrer Klage die ausstehende Vergütung für den Zeitraum August bis November 2003 i.H.v. 30.361,27 EUR nebst Zinsen begehrt.

Aufgrund eines zwischen den Parteien bestehenden Untermietverhältnisses, aufgrund dessen die Kläger der Beklagten einen monatlichen Mietzins i.H.v. jeweils 4.558,56 EUR schulden, haben die Kläger ggü. den Mietzinsforderungen der Beklagten beginnend mit dem Zeitraum Januar 2004 im Verlaufe des erstinstanzlichen Rechtszuges die Aufrechnung erklärt und letztlich den Rechtsstreit im Hinblick auf die von ihnen erhobene Klage in der Hauptsache für erledigt erklärt.

Die Kläger waren in dem Zeitraum von 1992 bis Oktober 2002 als Aufsichtsratsmitglieder für die Tochtergesellschaften der Beklagten tätig. Rechtsanwalt T war für die Rechtsvorgängerin der Beklagten, die t Holding AG, in dem Zeitraum vom 24.5.2000 bis zum 30.5.2001 als Ersatzmitglied des Aufsichtsrates, in dem Zeitraum vom 31.5.2001 bis 26.11.2002 als Aufsichtsratsmitglied tätig. Wegen der weiteren Einzelheiten in Bezug auf die Aufsichtsratstätigkeit der Kläger wird auf die Anlagen B 2 und B 3 Bezug genommen.

Die Beklagten halten aufgrund der gleichzeiti...

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