Normenkette
StPO § 147
Verfahrensgang
LG Frankfurt am Main (Entscheidung vom 13.02.2015; Aktenzeichen 5-28 KLs 7310 Js 230995/12 (1/15)) |
Tenor
Die Beschwerde der Staatsanwaltschaft Frankfurt am Main vom 13. Mai 2015 gegen die Entscheidungen des Vorsitzenden der 28. großen Strafkammer des Landgerichts Frankfurt am Main vom 13. Februar 2015, 16./29. April 2015 in Form der Nichtabhilfeentscheidung vom 19. Mai 2015 wird als unzulässig verworfen.
Die Staatskasse trägt die Kosten des Rechtsmittels sowie die insoweit entstandenen notwendigen Auslagen der Angeschuldigten.
Gründe
I.
Die Staatsanwaltschaft Frankfurt am Main hat u.a. gegen den Angeschuldigten A am 30. Dezember 2014 umfangreiche Ermittlungen in einem Wirtschaftsstrafverfahren abgeschlossen und eine ca. 3000 Seiten umfassende Anklage bei dem Landgericht Frankfurt am Main - 28.gr. Strafkammer - erhoben. Im Zuge der Ermittlungen wurden umfangreiche Telefonüberwachungen durchgeführt; es wurden ca. 190.000 Telefonate erfasst. Laut Schreiben der Staatsanwaltschaft vom 12. Mai 2015 beläuft sich das Volumen der gesicherten TKÜ-Audiodateien auf mehr als 300 Gigabyte. Spätestens seit Juni 2014 besteht für die Verteidiger die Möglichkeit, alle TKÜ-Audiodateien bei der Polizei anzuhören.
Nachdem die Staatsanwaltschaft Frankfurt am Main in einer staatsanwaltlichen Verfügung vom 3. Dezember 2014 nach einer vorzunehmenden Interessenabwägung und aus Praktikabilitätsgründen - trotz des Überlassungsverbots von Beweismitteln - ausnahmsweise selbst einen Anspruch der Verteidigung auf Überlassung einer amtliche gefertigten Kopie der vollständigen TKÜ-Audiodateien auf Datenträgern bejaht hat, hat der Vorsitzende der großen Strafkammer mit den angegriffenen Verfügungen angeordnet, dass sämtlichen Verteidigern Kopien der TKÜ-Daten auf DVD bzw. auf einer von den Verteidigern zu stellenden Festplatte zur Verfügung gestellt werden. Diese Anordnung erfolgte mit den Maßgaben, dass die Verteidiger die Datenträger mit den nicht verschlüsselten Daten persönlich abholen müssen und die Angeschuldigten die Datenträger nur in Anwesenheit ihrer Verteidiger anhören dürfen. Den Angeschuldigten durften die Daten folglich nicht überlassen werden.
Gegen die Überlassung der Datenkopien wendet sich die Staatsanwaltschaft nun mit ihrer Beschwerde vom 13. Mai 2015, der der Vorsitzende der großen Strafkammer mit Entscheidung vom 19. Mai 2015 nicht abgeholfen hat.
II.
Die Beschwerde der Staatsanwaltschaft ist unzulässig. Gemäß § 147 Abs.4 S.2 StPO ist die Entscheidung des Vorsitzenden über die Art und Weise der Einsichtnahme in die Akte und die Entscheidung über die Art und Weise der Besichtigung der Beweismittel nicht anfechtbar (vgl. hierzu auch Entscheidung des Senat vom 21. Mai 2015 - 3 Ws 373/15).
Anders als die Fallgestaltung, die der Entscheidung des Senats vom 13. September 2001 - 3 Ws 853/01 - (StV 2001, 611 -612) zugrunde lag, geht es im vorliegenden Fall nicht darum, ob die Verteidigung der Angeschuldigten überhaupt Gelegenheit zur Besichtigung der Beweismittel gemäß § 147 Abs.1 StPO erhält, also die im Rahmen der Telekommunikationsüberwachung aufgezeichneten Tonaufzeichnungen (Augenscheinobjekte) besichtigen bzw. anhören kann. Die Berechtigung der Verteidigung hierzu steht außer Zweifel. Vorliegend geht es vielmehr darum, auf welche Art und Weise diese Besichtigung erfolgen soll, also entweder am Ort der amtlichen Verwahrung (Räumlichkeiten der Polizei in Stadt1), was den Regelfall darstellt (vgl. hierzu BGH NStZ 2014, 347-350) oder ausnahmsweise den Verteidigern amtlich gefertigte Kopien der Daten ausgehändigt werden. Ein Anspruch auf Herstellung und Aushändigung einer amtlich hergestellten Kopie wird ausnahmsweise dann bejaht, wenn die Besichtigung in amtlicher Verwahrung im Einzelfall zu Informationszwecken nicht ausreicht (vgl. hierzu Meyer/Goßner-Schmitt StPO 58. Aufl. 2015 § 147 Rdnr. 19 a, Senatsentscheidung vom 13. September 2001 a.a.O., SK-Wohlers StPO 4. Aufl. 2011 § 147 Rdnr. 93). So kann eine sinnvolle Besichtigung der Beweismittel in den Räumen der amtlichen Verwahrung, also bei Staatsanwaltschaft, Gericht, Polizei bereits aus Praktikabilitätsgründen angesichts der schieren Masse der Unterlagen/Daten scheitern (vgl. SK-Wohlers a.a.O). Bei vervielfältigungsfähigen Datenträgern besteht überdies die unmittelbare Gefahr des Beweismittelverlustes und der Gefahr der Verletzung der Beweismittelintegrität nicht. Die Sicherstellung eines fairen Verfahrens und einer angemessenen Verteidigung sowie Gründe der Verfahrensvereinfachung und -beschleunigung können daher für die Fertigung und Herausgabe amtlicher Kopien der umfangreichen Daten sprechen. Andererseits sind bei der Abwägung auch die Persönlichkeits- und Datenschutzinteressen der von der TKÜ-Maßnahmen betroffener Dritter zu berücksichtigen, die mit der aufzuklärenden Tat in keiner Weise in Verbindung stehen (so Meyer-Goßner/Schmitt a.a.O.).
Die Entscheidung über die Art und Weise des Besichtigungsrechts unterfällt nach Auffassung des Sen...