Leitsatz

Von einer "ähnlichen offenbaren Unrichtigkeit" nach § 129 AO kann ausgegangen werden, wenn elektronisch übermittelter Arbeitslohn in der Annahme übernommen wird, dass dieser dem erklärten Arbeitslohn entspricht, ohne einen Abgleich mit dem erklärten Arbeitslohn vorzunehmen.

 

Sachverhalt

Der Kläger erklärte für das Streitjahr 2010 Bruttoarbeitslöhne i. H. v. insgesamt 1.182.009 EUR. Er fügte der Anlage 2 Ausdrucke elektronischer Lohnsteuerbescheinigungen sowie eine ausländische Lohnbescheinigung bei, auf der handschriftlich ein Betrag von 19.698 EUR als Einnahmen aufgeführt war. Auf der Anlage AUS war in Bezug auf den ausländischen Arbeitslohn angegeben, dass dieser aus Brasilien stamme.

Das Finanzamt gelangte bei Bearbeitung der Steuererklärung zu der Auffassung, dass der ausländische Arbeitslohn in Deutschland steuerpflichtig ist. Dennoch ließ es diesen Arbeitslohn im erstmaligen Einkommensteuerbescheid 2010 außer Ansatz. In der Folge erließ es einen nach § 129 AO berichtigten Einkommensteuerbescheid und unterwarf auch den ausländischen Arbeitslohn der Besteuerung. Der Kläger meint, die Berichtigung sei rechtswidrig, da ein Rechtsfehler nicht auszuschließen sei.

 

Entscheidung

Das Finanzgericht hat entschieden, dass das Finanzamt zur Berichtigung des Einkommensteuerbescheids 2010 nach § 129 AO berechtigt war. Nach Würdigung aller Umstände konnte die Fehlerursache vorliegend nur darin liegen, dass die Bearbeiterin im Veranlagungsbezirk bei der Erfassung der Daten den elektronisch gespeicherten Arbeitslohn übernommen hat, ohne diesen mit dem erklärten Arbeitslohn abzugleichen. Der Akte sind keine Anhaltspunkte dafür zu entnehmen, dass das Finanzamt von den Angaben des Klägers auf der Anlage N abweichen und einen niedrigeren Arbeitslohn als erklärt erfassen wollte.

Es ist aus den Akten ebenso wenig ersichtlich, dass der Fehler auf einem Rechtsirrtum oder auf einer unvollständigen Sachverhaltsaufklärung beruht. Es gibt auch keine Hinweise darauf, dass die Bearbeiterin einen Willen im Tatsachen- oder Rechtsbereich dahin gehend gebildet hätte, dass die in Brasilien erzielten Einkünfte des Klägers aus nichtselbstständiger Arbeit nicht zu erfassen wären.

 

Hinweis

Die beim Erlass des Verwaltungsakts unterlaufene Unrichtigkeit muss auch "offenbar" sein. Das ist der Fall, wenn er auf der Hand liegt, durchschaubar, eindeutig oder augenfällig ist. Entscheidend ist, ob sich das Vorliegen eines solchen Fehlers für einen unvoreingenommenen Dritten ohne weiteres aus der Steuererklärung, deren Anlagen sowie aus den in den Akten befindlichen Unterlagen für das betreffende Veranlagungsjahr ergibt.

 

Link zur Entscheidung

FG Düsseldorf, Urteil vom 24.03.2015, 13 K 533/14 E

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