Leitsatz

Bei Unsicherheit darüber, ob die Voraussetzungen einer notwendigen Beiladung erfüllt sind (hier: Fortbestand einer GbR), kann der BFH den Sachverhalt selbst aufklären, um die erforderliche Überzeugung zum Vorliegen der in § 48 FGO i.V.m. § 60 Abs. 3 FGO geregelten Tatbestände zu erlangen. Misslingt dies jedoch in dem Sinn, dass der BFH auch aufgrund der von den Beteiligten abgegebenen Erklärungen und der von ihnen vorgelegten Unterlagen das Erfordernis einer notwendigen Beiladung weder zu bejahen noch mit hinreichender Gewissheit auszuschließen vermag, so kann es im Interesse der Verfahrensbeschleunigung sowie zur Vermeidung von Verfahrenskosten geboten sein, dem FG die weitere Aufklärung des Sachverhalts zu übertragen, um die im Revisionsverfahren verbliebenen Zweifel insbesondere durch Anhörung der Beteiligten auszuräumen.

 

Normenkette

§ 48, § 60 Abs. 3 FGO, § 4, § 16 EStG

 

Sachverhalt

Ein Schreiner hatte seine Schreinerei u.a. auf einem im Miteigentum seiner Ehefrau stehenden Grundstück betrieben. Das darauf errichtete Betriebsgebäude hatte der Schreiner alleine finanziert. Nachdem der Schreiner mit seinen beiden Söhnen eine GmbH errichtet hatte, an der er selbst nur zu 40 % beteiligt war, gründeten Vater und Söhne mit denselben Beteiligungsverhältnissen eine GbR, die die Schreinerei fortführen sollte. Anschließend übertrug die GbR allerdings den Betrieb im Rahmen einer Kapitalerhöhung auf die GmbH. Nur der Firmenwert sollte nach dem Vertrag bei der GbR verbleiben und an die GmbH verpachtet werden. Die Betriebsgrundstücke vermieteten der Schreiner und seine Frau unmittelbar an die GmbH.

Die GbR erklärte Einkünfte aus der Verpachtung des Firmenwerts sowie Sonderbetriebseinnahmen des Schreiners aus der Grundstücksvermietung. Das FA ging jedoch von einer Betriebsaufgabe der GbR aus und ermittelte einen Aufgabegewinn unter Einschluss des Firmenwerts und der stillen Reserven in den Grundstücken einschließlich des gesamten Betriebsgebäudes.

Die von den GbR-Gesellschaftern erhobene Klage wies das FG ab, ohne die GbR beizuladen (FG Köln, Urteil vom 19.05.2005, 10 K 1833/00, Haufe-Index 1392845).

 

Entscheidung

Der BFH hob das FG-Urteil auf und verwies das Verfahren zurück. Es könne nicht ohne weitere Tatsachenfeststellungen geklärt werden, ob die GbR noch als fortbestehend anzusehen sei und deshalb beigeladen werden müsse. Für das weitere Verfahren gab der BFH unverbindliche Hinweise zur Frage einer Betriebsaufgabe mangels Betriebsaufspaltung und zur Einbeziehung der stillen Reserven im Betriebsgebäude.

 

Hinweis

1. Nach seinem Leitsatz scheint das Urteil rein verfahrensrechtlich begründet zu sein. Die Verfahrensfrage war zwar entscheidungserheblich. Das Urteil enthält aber außerdem auch Äußerungen zu den materiell-rechtlichen Fragen, ob eine Betriebsaufspaltung durch Verpachtung eines Firmenwerts gestaltet werden kann und wem die stillen Reserven an einem vom Unternehmer auf einem Ehegattengrundstück errichteten Gebäude zuzuordnen sind.

2. Die formelle Frage nach der notwendigen Beiladung eines Klagebefugten spielt in vielen Verfahren eine Rolle, die die Personengesellschaften betreffen.

a) Klagebefugt ist grundsätzlich die Personengesellschaft selbst, und zwar nach § 48 Abs. 1 Nr. 1 FGO auch dann, wenn um den Gewinnfeststellungsbescheid gestritten wird, der ja inhaltlich nur die Gesellschafter betrifft. Neben der Gesellschaft sind aber in bestimmten Fällen auch Gesellschafter klagebefugt, etwa wenn um deren persönliche Angelegenheiten gestritten wird (z.B. Sonderbetriebsvorgänge) oder wenn sie zwischenzeitlich ausgeschieden sind.

b)Alle Klagebefugten müssen an dem Klageverfahren beteiligt werden. Soweit sie nicht selbst klagen, sind sie nach § 60 Abs. 3 FGO beizuladen.

Klagen nun die Gesellschafter aufgrund eigener Klagebefugnis, muss auch die Gesellschaft beigeladen werden. Das gilt allerdings nur solange, wie die Gesellschaft existiert. Mit der Vollbeendigung der Gesellschaft endet ihre Klagebefugnis. Den Zeitpunkt der Vollbeendigung kann man nicht immer leicht feststellen. Der BFH geht etwa noch so lange von der Existenz der Gesellschaft aus, wie sie steuerliche Rechte und Pflichten hat oder in Anspruch nimmt. Solange die Gesellschaft einen Rechtsstreit wegen GewSt führt – dies kann nur die Gesellschaft allein –, gilt sie auch im Rahmen eines Rechtsstreits zur Gewinnfeststellung als fortbestehend  (BFH, Beschluss vom 12.04.2007, IV B 69/05, BFH/NV 2007, 1923). Dieselbe Wirkung müssen noch nicht abgeschlossene Rechtsverhältnisse bei der USt haben, wie der BFH im Besprechungsurteil ausführt.

c) Wird eine notwendige Beiladung vom FG versäumt, kann sie nach heutiger Rechtslage vom BFH nachgeholt werden. Damit der Beigeladene aber nicht das Recht verliert, auch zu dem Sachverhalt vorzutragen, muss bei einem solchen Wunsch das Verfahren nach § 126 Abs. 3 S. 2 FGO an das FG zurückverwiesen werden, weil das Revisionsgericht nicht selbst Feststellungen zum Sachverhalt treffen darf. Außerdem kann der BFH das Verfahren zurückverw...

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