Entscheidungsstichwort (Thema)

Erbschaftsteuerliche Erfassung einer Hinterbliebenenrente

 

Leitsatz (redaktionell)

  1. Zu den von § 3 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG nicht erfassten Hinterbliebenenbezügen gehören auch Verträge, aus denen sich der Erwerb einer Rente durch die Witwe eines Arbeitnehmers oder einer diesem gleichgestellten Person ergibt.
  2. Für Hinterbliebenenbezüge, die durch einen herrschenden Gesellschafter-Geschäftsführer einer Kapitalgesellschaft erdient wurde, gilt das nicht. Denn es soll sichergestellt werden, dass nur solche Hinterbliebenenbezüge steuerfrei bleiben, die allein durch die Arbeitsleistung des Erblassers als Geschäftsführer erdient wurden.
  3. Kann ein Gesellschafter aufgrund seiner Stellung Einfluss auf die zustimmungspflichtigen Geschäfte der Gesellschaft nehmen und waren diesen gegen seinen Willen nicht durchsetzbar, ist eine herrschende Gesellschafterstellung zu bejahen. Von ihm erdiente Hinterbliebenenbezüge werden daher von § 3 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG erfasst.
 

Normenkette

ErbStG § 3 Abs. 1 Nr. 4

 

Nachgehend

BFH (Beschluss vom 24.05.2005; Aktenzeichen II B 40/04)

BFH (Beschluss vom 24.05.2005; Aktenzeichen II B 40/04)

 

Tatbestand

Streitig ist die Erfassung einer Witwenrente mit ihrem Kapitalwert bei der Erbschaftsteuer.

Der Erblasser von seiner Ehegattin, der Klägerin, alleine beerbt. Er war u.a. Gesellschafter der D GmbH. Ausweislich des notariellen Gesellschaftsvertrages dieser Gesellschaft waren folgende Personen Gesellschafter:

Vater des Erblassers

zu 1/3

älterer Bruder des Erblassers

zu 1/3

Erblasser

zu 1/3.

Gem. § 6 des Gesellschaftsvertrages wurden alle drei Gründungsgesellschafter zu Geschäftsführern bestimmt. Der Vater war alleinvertretungsberechtigt, die Söhne waren nur jeweils zusammen mit dem Vater vertretungsberechtigt. Nach § 5 des Gesellschaftsvertrages bedurften sämtliche Gesellschafterbeschlüsse der Einstimmigkeit. Bei berechtigtem Interesse stand jedem Gesellschafter das Recht zu, die Gesellschafterversammlung einzuberufen. Der Anstellungsvertrag sieht in Ziff. 3 einen Katalog von zustimmungspflichtigen Geschäften der Geschäftsführer vor. Die Gesellschafterversammlung musste z.B. Grundstücksgeschäften sowie Kreditaufnahmen über DM 20.000 zustimmen. Im Anstellungs- und Pensionsvertrag wurde dem Erblasser unter Ziffer 6 als Geschäftsführer eine Pension in Höhe von 60 % des zuletzt bezogenen Gehaltes zugesagt. Diese Regelung wurde mit Nachtrag ergänzt, so dass der Klägerin als Ehefrau nach dem Ableben ihres Ehegatten eine Witwenrente in Höhe von 60 % der Pension des Ehemannes zustand. Ein entsprechender Vermerk befindet sich auch bereits im Anstellungsvertrag vom Januar 1963. Der Kapitalwert dieser Rente wurde unstreitig mit 3.001.458 DM berechnet.

Die Klägerin macht geltend, dass es sich bei der Witwenrente um steuerfreie Hinterbliebenenbezüge handeln würde. Dies sei auch R 8 Erbschaftsteuerrichtlinien (ErbStR) zu entnehmen, da Hinterbliebenenbezüge vorlägen, die aufgrund eines mit dem Arbeitgeber geschlossenen Einzelvertrages als steuerfrei anzusehen seien. Die von der Verwaltung vorgegebene Angemessenheitsgrenze würde nicht überschritten, da die Hinterbliebenenansprüche der Klägerin nur insgesamt 36 % des Gehaltes des Erblassers betrage. Diesem hätten Hinterbliebenenbezüge von 60 % seines Gehaltes zugestanden. Seine Witwe wiederum würde 60 % dieser Pensionsansprüche erhalten.

Eine Steuerpflicht würde sich auch nicht aus der Stellung des Erblassers als Gesellschafter-Geschäftsführer der D GmbH herleiten lassen. Er sei als abhängiger Geschäftsführer anzusehen gewesen. Aus der Regelung zur Vertretungsmacht ergebe sich, dass der Vater eine besonders herausgehobene Stellung inne gehabt habe. Tatsächlich habe der Vater nach Außen die Geschäfte der Gesellschaft bestimmt. Der Erblasser selbst sei zum Zeitpunkt der Vereinbarung erst 29 Jahre alt gewesen. Er habe die Gesellschaft nur zusammen mit seinem Vater vertreten können. Deswegen sei seine Bestellung zum Geschäftsführer sowie die Bestellung seines Bruders als Geschäftsführer eher als schmückendes Beiwerk zur Alleinvertretungsmacht des Vaters anzusehen gewesen. Außerdem sei im Gesellschaftsvertrag vorgesehen, dass Gesellschafterbeschlüsse der Einstimmigkeit bedürften. Es sei ihm deswegen tatsächlich - auch zusammen mit seinem Bruder – nicht möglich gewesen, die Geschäfte der Gesellschaft ohne den Vater zu bestimmen. Der Erblasser sei damals nicht als herrschender Gesellschafter-Geschäftsführer anzusehen gewesen, sondern habe eine arbeitnehmerähnliche Stellung inne gehabt. Die Hinterbliebenenbezüge der Klägerin müssten deshalb steuerfrei belassen werden.

Der Beklagte macht geltend, dass der Erblasser als beherrschender Gesellschafter-Geschäftsführer anzusehen gewesen sei. Nach H 8 (Angemessenheit von Hinterbliebenenbezügen) ErbStH sei darauf abzustellen, welchen Einfluss der Geschäftsführer im Zeitpunkt des Abschlusses der Pensionszusage in der Gesellschaft hatte und welche Beschlüsse die Organe der Kapitalgesellschaft mit oder ohne seine Mit...

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