vorläufig nicht rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Schätzungsbefugnis bei Führung einer PC-Kasse ohne festes Zuordnungskriterium (Datensatznummer)

 

Leitsatz (redaktionell)

Werden Einzelaufzeichnungen nach Erstellung des Tagesendsummenbons (Z-Bons) nachträglich programmseitig umorganisiert, so dass das einmal chronologisch vergebene Zuordnungskriterium (Datensatznummer) gelöscht wird, besteht aufgrund nicht ordnungsgemäßer Kassenführung eine Schätzungsbefugnis dem Grunde nach.

 

Normenkette

AO § 162

 

Nachgehend

BFH (Beschluss vom 29.08.2023; Aktenzeichen X B 18-20/23)

 

Tatbestand

Streitig sind Hinzuschätzungen für einen Gastronomiebetrieb auf Grund einer Außenprüfung.

Der Kläger betreibt seit XX einen Restaurantbetrieb mit ca. 90-100 Plätzen in. Seine Ehefrau arbeitet in dem Betrieb mit. Seine Einnahmen erwirtschaftet er überwiegend durch Bargeschäfte. Er bot in den Streitjahren ein tägliches Buffet mit hauptsächlich deutscher Küche an.

Seinen Gewinn für die Streitjahre 2011 bis einschließlich 2013 ermittelte der Kläger im Rahmen einer Einnahmeüberschussrechnung nach § 4 Abs. 3 Einkommensteuergesetz (EStG), ab dem Jahr 2014 durch Bilanzierung.

Zur Aufzeichnung der Kasseneinnahmen nutzte der Kläger bis zum 9. August 2012 eine elektronische Registrierkasse der Firma Vectron, Modell „ Vectron Colour Touch“, die er von seinem Vorgänger übernommen hatte. Anschließend setzte er eine PC-Kasse des Modells Ordermann Columbus 700 mit einer Kassensoftware der Firma Addipos ein. Die Firma Haus M verkaufte dem Kläger die PC-Kasse inkl. Software und schulte die Mitarbeiter sowie den Kläger und seine Ehefrau.

Die Kassenaufzeichnungen wurden für jeden geöffneten Tag des Betriebs in Form von handschriftlich erstellten Kassenberichten (überschrieben als Kassenbestandsrechnung) aufgezeichnet, die wie folgt aufgebaut sind:

Kassenbestand des Vortages

+ Tageseinnahmen (TE) (lt. Tagesendsummenbons [Z-Bon]

- abzgl. EC-Umsätze

- abzgl. Auszahlungen

= Kassenbestand

Die Kassenberichte erstellte die Ehefrau des Klägers zu Hause mit einigen Tagen zeitlichem Verzug zum eigentlichen Umsatztag. Dabei erfolgte kein Abgleich des Kassenbestands lt. Kassenbericht mit dem tatsächlich vorhandenen Bargeldbestand. Die Kassenberichte wurden jeweils zum 10. eines Monats an das Steuerbüro für Zwecke der Umsatzsteuervoranmeldung weitergeleitet. Etwaige dort aufgedeckte Rechenfehler wurden in der Form korrigiert, dass die Kassenberichte bis zu dem Tag nachträglich neu erstellt wurden, an dem der Rechenfehler auftrat. Die ursprünglich erstellten und dem Steuerbüro zunächst übersandten Tagesberichte wurden vernichtet.

Der Kläger war als Koch in dem Betrieb tätig; die Ehefrau des Klägers arbeitete ebenfalls in der Küche. Im Service arbeiteten angestellte Kellner und zum Teil auch Familienmitglieder der Kläger. Die Getränke wurden bei den Gästen am Tisch handschriftlich auf Kellnerzetteln aufgenommen und anschließend gemeinsam mit dem Buffetessen in die Kasse eingegeben. Die Kellnerzettel wurden spätestens nach Schichtende weggeworfen. Die Kasse Ordermann Columbus 700 besaß keine Geldschublade, sondern nur einen zusätzlichen Drucker, der genau neben der Kasse stand und nach Eingabe der Bestellung entsprechende Bons für „ Küche“ und „ Theke“ erstellte. In der Regel –außer an sehr gästestarken Tagen– bereiteten die Kellner die Getränke selbst zu; nur an gästestarken Tagen übernahm ein Kellner ausschließlich die Zubereitung der Getränke an der Theke. Die Barzahlungen der Restaurantgäste wurden ausschließlich in dem Kellnerportemonnaie verwahrt, das der Kläger zu Beginn des Tages mit 100 &€; Wechselgeld ausstattete und dem Kellner übergab. An gästestarken Tagen wurden zum Teil auch zwei Kellnerportemonnaies eingesetzt. Am Tagesende erfolgte eine Abrechnung zwischen den Kellnern und dem Kläger in der Form, dass die Kellner jeweils einen Kellner-Bon (Z-Abschlag Kellner) an der Kasse erstellten und den dort ausgewiesenen Betrag dem Kläger unter Vorlage des Kellner-Bons übergaben. Das Auszählen des Kellnerportemonnaies war Aufgabe des Kellners und erfolgte eigenständig. Sofern das Kellnerportemonnaie Mehrbeträge enthielt, stand dieser Betrag den Kellnern als Trinkgeld zu. Entsprechende Fehlbeträge mussten von den Kellnern ausgeglichen werden. EC-Zahlungen wurden in der Kasse jeweils als Barzahlungen gebucht und im Rahmen der Abrechnung zwischen dem Kellner und dem Kläger wie Bargeld behandelt. Das dem Kellnerportemonnaie täglich entnommene Geld verwahrte der Kläger zu Hause in einer Geldkassette.

Der Kläger erklärte im Rahmen der Gewerbesteuererklärungen für die Streitjahre folgende Gewinne für den Betrieb:

2011

2012

2013

2014

2015

Gewinn aus Gewerbebetrieb

XX &€;

XX &€;

XX &€;

XX &€;

XX &€;

Mit Gewerbesteuermessbescheiden vom XX.XX.2013 (Streitjahr 2011), vom XX.XX.2014 (Streitjahr 2012), vom XX.XX.2014 (Streitjahr 2013) sowie vom XX.XX.2017 (Streitjahre 2014 und 2015) veranlagte der Beklagte den Kläger gemäß den eingereichten Erklärungen. Der Beklagte erließ sämtliche ...

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