rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Änderung der strafbefreienden Erklärung bei nachträglichem Bekanntwerden

 

Leitsatz (redaktionell)

Werden dem Finanzamt nachträglich, d. h. nach Abgabe der strafbefreienden Erklärung, Tatsachen bekannt, die zu einer niedrigeren Steuer führen, ist es verpflichtet, die strafbefreiende Erklärung zu ändern.

Der Einnahmenbegriff des StraBEG wich insoweit von dem einkommensteuerlichen Begriff ab, als er nur einen prozentual näher bestimmten Teil von Einnahmen als „Einnahmen” erfassen sollte. Ob und welche Aufwendungen durch den prozentualen Abschlag i. H. v. 40 v. H. auf die Einnahmen abgegolten werden sollten, regelte das Gesetz nicht ausdrücklich. Auch das vom BMF dazu herausgegebene erste Merkblatt enthielt keine Angaben zur Behandlung des konkreten Sachverhalts.

Der an einen steuerlichen Berater zu stellende Sorgfaltsmaßstab kann nicht weiter gehen als der an Finanzbehörden zu stellende Maßstab.

 

Normenkette

AO § 173 Abs. 1 Nr. 2; StrabEG § 10 Abs. 2

 

Streitjahr(e)

2004

 

Tatbestand

Streitig ist, ob das FA verpflichtet war, die nach dem Strafbefreiungserklärungsgesetz (StraBEG) zu entrichtende „Abgabe” gemäß § 173 AO zugunsten der Klägerinnen zu ermäßigen.

Der inzwischen verstorbene Ehemann bzw. Vater der Klägerinnen hatte in seinen Einkommensteuererklärungen der Jahre 1993 bis 2001 Einkünfte aus Kapitalvermögen in der Schweiz nicht erklärt. Durch Gesetz vom 23. Dezember 2003 (StraBEG) war durch das Strafbefreiungserklärungsgesetz die Möglichkeit geschaffen worden, solche Einkünfte mit nachzuerklären und pauschal zu versteuern. Dazu hatte das BMF unter dem 3. Februar 2004 ein Merkblatt zur Anwendung des StraBEG (im Folgenden: Merkblatt 1) herausgegeben.

In seiner „Strafbefreienden Erklärung” vom 18. Februar 2004 erklärte der Ehemann bzw. Vater der Klägerinnen unter Mitwirkung des jetzigen Prozessbevollmächtigten nicht besteuerte Einnahmen i.H.v. 311.680 € und errechnete eine „zu entrichtende Abgabe” i.H.v. 77.920 €, die er sodann fristgerecht entrichtete. Auf dem amtlichen Vordruck waren die „Einnahmen i.S. des § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 StraBEG” in der Anlage zur strafbefreienden Erklärung aufgegliedert nach den Jahrgängen 1993 - 2001 und bezogen auf zwei Konten in der Schweiz dargestellt. Gezahlte Stückzinsen waren von den Einnahmen nicht abgezogen gewesen.

Nachdem zur Anwendung des StraBEG „zahlreiche weitere Fragen aufgeworfen” worden waren, die nach Angaben des BMF im Merkblatt 1 „noch nicht berücksichtigt werden konnten”, hat der BMF unter dem 20. Juli 2004 als Orientierungshilfe für die Finanzämter „Ergänzende Informationen zum StraBEG” herausgegeben (im Folgenden: Merkblatt 2). Unter den angesprochenen 20 Fragen war auch folgende Frage 3 enthalten:

„(3) Wie sind beim Erwerb von Wertpapieren gezahlte Stückzinsen bei Ermittlung der Bemessungsgrundlage zu berücksichtigen!

Antwort: Gezahlte Stückzinsen sind keine Werbungskosten oder Anschaffungskosten, sondern negative Einnahmen im Jahr der Verausgabung (H 134 EStHB 2003). Sie mindern daher die für das nämliche Wertpapier im gleichen Veranlagungszeitraum erzielten Einnahmen im Sinne des § 1 Abs. 2 Nr. 1 StraBEG (vor der Kürzung um 40 v.H.).”

Unter dem 8. September 2004 beantragte der Prozessbevollmächtigte der Klägerinnen die Änderung der strafbefreienden Erklärung nach § 173 Abs. 1 Nr. 2 AO, da die gezahlten Stückzinsen von den „Einnahmen” nicht abgezogen worden seien. Das FA lehnte den Antrag ohne Begründung durch Bescheid vom 20. September 2004 ab.

Das FA wies den dagegen erhobenen Einspruch als unbegründet zurück. Den Prozessbevollmächtigten der Klägerinnen, der bereits an der Erstellung der ursprünglichen strafbefreienden Erklärung mitgewirkt habe, treffe grobes Verschulden daran, dass die „Einnahmen” nach dem StraBEG unzutreffend erklärt worden seien. Bei Angehörigen der steuerberatenden Berufe stelle die Unkenntnis einfacher steuerlicher Vorschriften grobes Verschulden dar. Dagegen richtet sich die Klage.

Die Klägerinnen sind der Ansicht, aus dem Merkblatt 1 sei die zutreffende steuerliche Berechnung der „Einnahmen” nach dem StraBEG nicht unmissverständlich zu entnehmen gewesen. Es sei insbesondere nicht deutlich gewesen, dass negative Einnahmen von der Bemessungsgrundlage nach dem StraBEG abgezogen werden durften, denn die Kürzung der Einnahmen um 40% sei nach dem Merkblatt 1 „zur pauschalen Abgeltung aller Abzüge” vorzunehmen gewesen. Das StraBEG habe die Ermittlung der „Einnahmen” bewusst vereinfachend geregelt. Dazu habe man auch die ansonsten in der Einkommensteuer anerkannte Einordnung von Stückzinsen als negative Einnahmen zählen dürfen.

Auch der BMF habe diese Konstellation später als offene Fragestellung erkannt. Unter solchen Umständen treffe auch den Steuerpflichtigen und seinen steuerlichen Berater kein grobes Verschulden an dem späteren Bekanntwerden der neuen Tatsachen.

Die Kläger beantragen sinngemäß,

wie erkannt zu entscheiden.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen

und hält daran fest, dass die einko...

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