Entscheidungsstichwort (Thema)

Haftungsbeträge, für die ein Gesellschafter-Geschäftsführer einer GmbH in Anspruch genommen wird, stellen nachträgliche Anschaffungskosten dar

 

Leitsatz (redaktionell)

  1. Als nachträgliche Anschaffungskosten im Sinne des § 17 EStG sind nachträgliche Aufwendungen, die einem wesentlich beteiligten Gesellschafter im Zusammenhang mit seiner Beteiligung entstehen, nur dann zu behandeln, wenn sie durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst und weder Werbungskosten gemäß §§ 9, 20 EStG noch Veräußerungskosten gemäß § 17 EStG sind.
  2. Die Behandlung als nachträgliche Anschaffungskosten setzt voraus, dass die vorrangige Frage, ob ein Abzug als Werbungskosten zulässig ist, verneint wird.
  3. Haftungsbeträge, für die ein Gesellschafter-Geschäftsführer einer GmbH nach § 69 AO in Anspruch genommen wird, stellen nachträgliche Anschaffungskosten im Sinne des § 17 EStG dar.
 

Normenkette

EStG § 17

 

Streitjahr(e)

1993

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 21.01.2004; Aktenzeichen VIII R 8/02)

BFH (Urteil vom 21.01.2004; Aktenzeichen VIII R 8/02)

 

Tatbestand

Streitig ist, ob Zahlungen aufgrund der Inhaftungnahme der Klägerin gem. § 69 AO als Gesellschafter-Geschäftsführerin der G GmbH (im folgenden: GmbH) zur Berücksichtigung nachträglicher Anschaffungskosten i.S.d. § 17 Abs. 2 EStG führen und somit ein verbleibender Verlustabzug auf den 31.12.1993 festzustellen ist.

Die GmbH wurde im Juni 1988 gegründet. Am Stammkapital von 50.000 DM war die Klägerin mit 49.500 DM (= 99 %) beteiligt. Weiterer Gesellschafter war Herr K mit einem Anteil von 500 DM. Für die Zeit vom 15. Juni 1988 bis 12. Oktober 1990 war die Klägerin zur Geschäftsführerin bestellt.

Durch Beschluss des Amtsgerichts D vom 25. Oktober 1991 wurde über das Vermögen der GmbH das Konkursverfahren eröffnet.

Mit Bescheid vom 8. Dezember 1994 nahm das FA D die Klägerin für Abgabenrückstände der GmbH i.H.v. 104.306 DM nach § 69 AO als Haftende in Anspruch. Die Haftungsschulden werden seit Dezember 1994 in monatlichen Raten von 1.000 DM getilgt.

Im Rahmen der Einkommensteuererklärung 1993 machte die Klägerin einen Auflösungsverlust nach § 17 Abs. 1 i.V.m. Abs. 4 EStG i.H.v. insgesamt 172.463,50 DM geltend und beantragte gleichzeitig die gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustabzugs auf den 31.12.1993. Der geltend gemachte Auflösungsverlust setzte sich wie folgt zusammen:

Anschaffungskosten der Beteiligung und Auflösungskosten

61.989,85 DM

Nachträgliche Anschaffungskosten aufgrund Haftungsbescheids

110.473,65 DM

172.463,50 DM

Den Auflösungsverlust erkannte der Beklagte an; die Einkommensteuer 1993 wurde mit 0 DM festgesetzt, es ergab sich jedoch kein negativer Gesamtbetrag der Einkünfte.

Die Anerkennung des auf dem Haftungsbescheid beruhenden Betrages lehnte er durch den angefochtenen Ablehnungsbescheid vom 8. Juli 1997 ab, da Zahlungen eines GmbH-Geschäftsführers aufgrund einer Inhaftungnahme nicht durch das Gesellschaftsverhältnis, sondern durch das Arbeitsverhältnis veranlasst seien. Der Einspruch blieb erfolglos.

Dagegen richtet sich die Klage.

Die Klägerin trägt vor, die Inhaftungnahme sei bei der Ermittlung des Auflösungsverlustes gemäß § 17 EStG zu berücksichtigen. Die Haftungsbeträge seien durch das Gesellschaftsverhältnis begründet und stellten nachträgliche Anschaffungskosten auf die Beteiligung an der GmbH dar. Die Tatsache, dass sie, die Klägerin, unentgeltlich als Geschäftsführerin für die GmbH tätig gewesen sei, beruhe auf ihrer Stellung als beherrschende Gesellschafterin. Ein nicht beteiligter Geschäftsführer hätte sich nicht unentgeltlich der Gesellschaft zur Verfügung gestellt.

Die Klägerin beantragt,

den ablehnenden Bescheid vom 8. Juli 1997 in der Gestalt des Einspruchsbescheides vom 29. September 1997 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, einen verbleibenden Verlustabzug von…DM festzustellen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er hält an der im Einspruchsbescheid vertretenen Auffassung fest. Die Haftungsinanspruchnahme sei durch das Arbeitsverhältnis der Klägerin veranlasst und die Haftungsbeträge seien nur als nachträgliche Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit abzuziehen, wenn der Geschäftsführer nicht unentgeltlich für die GmbH tätig werde.

 

Entscheidungsgründe

Die Klage hat Erfolg. Die Haftungsbeträge, für die die Klägerin in Anspruch genommen worden ist, stellen nachträgliche Anschaffungskosten dar.

Auflösungsgewinn i.S.d. § 17 Abs. 1, 2 und 4 EStG ist der Betrag, um den der gemeine Wert des dem Steuerpflichtigen zugeteilten oder zurückgezahlten Vermögens der Kapitalgesellschaft die im Zusammenhang mit der Auflösung der Gesellschaft vom Steuerpflichtigen persönlich getragenen Kosten (analog den „Veräußerungskosten” gemäß § 17 Abs. 2 Satz 1 EStG) sowie seine Anschaffungskosten, einschließlich der als nachträgliche Anschaffungskosten der Beteiligung zu behandelnden Kosten, übersteigt. Auflösungsverlust ist der Betrag, um den die genannten Kosten den Wert des zugeteilten oder zurückgezahlten Vermögens d...

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