Entscheidungsstichwort (Thema)

Wahlrecht zwischen Betriebsvermögensvergleich und Einnahme-Überschussrechnung (Abweichung von der std. BFH-Rspr.)

 

Leitsatz (redaktionell)

  1. Das Gewinnermittlungswahlrecht für einen Freiberufler zwischen dem Betriebsvermögensvergleich gemäß § 4 Abs. 1 EStG und der Überschussrechnung gemäß § 4 Abs. 3 EStG kann auch nach Ablauf des Gewinnermittlungszeitraumes noch ausgeübt werden.
  2. § 4 Abs. 3 Satz 1 EStG enthält keine zeitliche Begrenzung des Wahlrechts. Hat ein Stpfl. zeitnah eine Eröffnungsbilanz aufgestellt und eine ordnungsmäßige Buchführung eingerichtet, aber noch keinen Jahresabschluss gemacht, erfordern Wortlaut und Zweck des § 4 Abs. 3 EStG nicht die Ausübung des Wahlrechts zu Beginn des Gewinnermittlungszeitraumes.
  3. Die gegenteilige Rechtsprechung des BFH ignoriert den Wortlaut des § 4 Abs. 3 Satz 1 EStG.
 

Normenkette

EStG § 4 Abs. 3, 1

 

Streitjahr(e)

1988

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 09.11.2000; Aktenzeichen IV R 18/00)

 

Tatbestand

Streitig ist, welche Gewinnermittlungsmethode für das Streitjahr anzuwenden ist, ob ein Schulderlaß in Höhe von rund DM ... im Streitjahr oder erst im Folgejahr zu erfassen ist und, wenn er im Streitjahr zu erfassen ist, ob er als Sanierungsgewinn steuerfrei bleibt.

Der Kl... ist Zahnarzt. Für das Vorjahr 1987 ermittelte er den Gewinn aus seiner Praxis durch Bestandsvergleich nach § 4 Abs. 1 Einkommensteuergesetz (EStG). Für das Streitjahr 1988 ermittelte er - ausweislich seiner Einkommensteuererklärung - seinen Gewinn zunächst durch Überschußrechnung nach § 4 Abs. 3 EStG mit DM ... . Darin war als "sonstiger Ertrag" ein als Sanierungsgewinn bezeichneter Schulderlaß der Fa. ... ... ... (im folgenden: Fa. ...) mit DM ... enthalten, dessen Steuerbefreiung nach § 3 Nr. 66 EStG der Kl... in seiner Steuererklärung beantragte. Über den Schulderlaß liegen zwei schriftliche Vereinbarungen zwischen dem Kl... und der ... Fa ... vom ... und vom ... 1989 vor, die sich lediglich bezüglich der Nebenbestimmungen zur Erlaßvereinbarung unterscheiden. Wegen der Einzelheiten wird auf diese Vereinbarungen (Bl. 120 - 122 Gerichtsakte [GA]) Bezug genommen.

Zur Frage der Steuerfreiheit des Sanierungsgewinns trug der Kl... vor, neben den Verbindlichkeiten gegenüber der Fa. ... hätten Schulden gegenüber dem Fiskus (ca. DM ...,--) und der ... Bank (ca. DM ...,--) bestanden. Die Bank sei dinglich und durch Abtretungen von Forderungen und von Ansprüchen gegen Lebensversicherungen vollständig abgesichert gewesen. Sanierungsbedürftigkeit sei gegeben gewesen, weil er seine Verpflichtungen gegenüber der Fa. ... aus dem laufenden Betrieb nicht mehr habe bezahlen können und die Hausbank sich geweigert habe, weitere Kredite auszugeben. Sanierungseignung habe auch bestanden. Das sei durch die weitere Entwicklung bestätigt worden. Er sei nach dem Erlaß in der Lage gewesen, seine laufenden Verpflichtungen zu erfüllen. Sanierungsabsicht habe auf Seiten der Fa. ... ebenfalls bestanden. Der unstreitig ebenfalls verfolgte Zweck, die Kundenbeziehung für die Zukunft zu erhalten und zu sichern, sei unschädlich.

Die zeitliche Zuordnung des Sanierungsgewinns zum Streitjahr 1988 zog das FA ... nicht in Zweifel. Es versagte aber die begehrte Steuerbefreiung mit der Begründung, bei einem Schuldenstand von über DM ... sei ein Erlaß von lediglich rund DM ... für eine Steuerbefreiung nicht ausreichend. Die Rechtsprechung verlange für die Steuerfreistellung einen vollständigen oder fast vollständige Erlaß aller Verbindlichkeiten. Das FA ... setzte den Gewinn aus der ärztlichen Tätigkeit des Kl..., zuzüglich eines unstreitig noch zu berücksichtigenden Übergangsgewinns aus 1986 von DM ..., in dem Einkommensteuerbescheid 1988 vom ... mit insgesamt DM ...,-- an.

Das wegen Versagung der Steuerfreiheit des Sanierungsgewinns vom Kl... betriebene Einspruchsverfahren blieb erfolglos.

Mit der Klage verfolgte der Kl... sein ursprüngliches Begehren zunächst weiter. Nach einem Hinweis des Gerichts, dass wegen des im Streitjahr erfolgten Wechsels der Gewinnermittlungsart vom Bestandsvergleich zur Überschußrechnung jedenfalls noch ein Übergangsgewinn oder -verlust zu ermitteln und zu berücksichtigen sei und ferner angesichts der Unterzeichnung der Erlaßvereinbarung mit der Fa. ... im Januar 1989 eine Berücksichtigung des Sanierungsgewinns im Streitjahr 1988 zweifelhaft sei, ermittelte zunächst das FA ... einen Übergangsgewinn in Höhe von DM .... Wegen der Einzelheiten der Berechnung wird auf den Schriftsatz des FA ... vom 08. 01. 1998 (Bl. 53 GA) Bezug genommen. Daraufhin legte der Kl... einen Jahresabschluss des Kl... mit Bilanz und Gewinn- und Verlustrechnung auf den 31. 12. 1988 vor, der mit einem Gewinn von DM ... abschließt. Wegen der Einzelheiten wird auf Bl. 68 - 79 GA Bezug genommen. Der Schulderlaß durch die Fa. ... ist in diesem Jahresabschluß nicht berücksichtigt worden. Der Kl... vertritt nunmehr die Auffassung, sein Gewinn für das Jahr 1988 sei mit DM ... zuzüglich des Übergangsgewinns aus 1986 von DM ..., also i...

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