rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Keine Erstattungsfähigkeit von Gebühren für das Vorverfahren für einen als selbständiger Rechtsanwalt tätigen Kläger

 

Leitsatz (redaktionell)

  1. Ein sich selbst vertretender Rechtsanwalt hat für das Vorverfahren keinen Anspruch auf Erstattung (fiktiver) Gebühren.
  2. Vertritt der Anwalt auch seine ebenfalls klagende Ehefrau, so hat die Ehefrau keinen Anspruch auf Erstattung von Kosten des Vorverfahrens, sofern tatsächlich eine Zuziehung des Bevollmächtigten für das Vorverfahren nicht erfolgt ist.
 

Normenkette

FGO §§ 139, 155; ZPO § 91 Abs. 2 S. 3; BGB § 1357

 

Streitjahr(e)

2001

 

Gründe

Die Erinnerung ist unbegründet.

Der Urkundsbeamte hat zutreffend keine Gebühren für das Vorverfahren als erstattungsfähig angesetzt. Die Auffassung der Erinnerungsführer und Kläger (im Folgenden: Kläger), bezüglich des Vorverfahrens seien „selbstverständlich bei einer Vertretung in eigener Sache die Kosten des Rechtsanwaltes in Ansatz zu bringen” und dies gelte „selbstverständlich auch für die Ehefrau des klagenden Anwaltes”, trifft nicht zu.

1) Anspruch des Klägers auf Erstattung von Kosten des Vorverfahrens für sich selbst

Die ältere finanzgerichtliche Rechtsprechung zu der Frage, ob der für sich selbst tätig werdende Rechtsanwalt Anspruch auf Gebührenerstattung für das Vorverfahren hat, kam zu unterschiedlichen Ergebnissen (für einen Anspruch: Hessisches Finanzgericht – FG –, Beschluss vom 17. April 1969, I 495 – 496/67, Entscheidungen der Finanzgerichte – EFG – 1969, 311, Niedersächsisches FG, Beschluss vom 22. Juli 1969, VIII 22/69 E, EFG 1969, 553, FG Berlin, Beschluss vom 21. Januar 1970, VI 338/68, EFG 1970, 235, FG München, Beschluss vom 14. Januar 1971, IV 166/70 ER, EFG 1971, 190, dagegen: FG Hamburg, Beschlüsse vom 3. April 1967, V 7/65 (I), EFG 1967, 521 und vom 8. Februar 1971, I 122/65 (VI), EFG 1971, 291, Hessisches FG, Beschluss vom 8. Mai 1974, VII 473/72, EFG 1974, 534, FG Nürnberg, Beschluss vom 29. März 1983, V 139/78, EFG 1983, 569 unter Hinweis darauf, dass die ältere finanzgerichtliche Rechtsprechung durch die zwischenzeitlich ergangenen Entscheidungen des BFH überholt sei, FG Berlin, Beschluss vom 30. Oktober 1987, VII 330/85, EFG 1988, 247, FG Mecklenburg-Vorpommern, Beschluss vom 6. Februar 1992, II 235/91 Ko, EFG 1992, 417). Der erkennende Senat ist der Auffassung, dass der sich selbst vertretende Rechtsanwalt für das Vorverfahren keinen Anspruch auf Erstattung (fiktiver) Gebühren hat.

Rechtsgrundlage der Kostenerstattung im finanzgerichtlichen Verfahren ist § 139 Finanzgerichtsordnung (FGO). Nach § 139 Abs. 3 Satz 1 FGO sind gesetzlich vorgesehene Gebühren eines Bevollmächtigten oder Beistands, der nach den Vorschriften des Steuerberatungsgesetzes zur geschäftsmäßigen Hilfeleistung in Steuersachen befugt ist – wie der Kläger als Rechtsanwalt -, stets erstattungsfähig. § 139 Abs. 3 Satz 3 FGO regelt hinsichtlich der Gebühren des Vorverfahrens: „Soweit ein Vorverfahren geschwebt hat, sind die Gebühren und Auslagen erstattungsfähig, wenn das Gericht die Zuziehung eines Bevollmächtigten oder Beistands für das Vorverfahren für notwendig erklärt.”

Da der Kläger nicht für sich selbst Bevollmächtigter sein kann, geht es hinsichtlich der Ansprüche des Klägers auf Vergütung für eine Tätigkeit für sich selbst um die Frage, ob ihm ein Anspruch auf Erstattung der (fiktiven) Gebühren zusteht, die entstanden wären, wenn er sich nicht selbst vertreten, sondern einen anderen Rechtsanwalt oder steuerlichen Berater beauftragt hätte. Einen solchen Gebührenerstattungsanspruch sieht § 139 FGO nicht vor. Auch sonst enthält die FGO keine dahingehende Regelung.

§ 155 FGO regelt die ergänzende Heranziehung der Vorschriften der Zivilprozessordnung (ZPO) wie folgt: „Soweit dieses Gesetz keine Bestimmungen über das Verfahren enthält, sind das Gerichtsverfassungsgesetz und, soweit die grundsätzlichen Unterschiede der beiden Verfahrensarten es nicht ausschließen, die ZPO sinngemäß anzuwenden.”

Für das gerichtliche Verfahren regelt § 91 Abs. 2 Satz 3 ZPO u.a. zum Umfang der Kostenpflicht: „In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.” Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) sind nach § 155 FGO in Verbindung mit § 91 Abs. 2 Satz 3 ZPO auch im finanzgerichtlichen Verfahren dem Rechtsanwalt in eigener Sache Gebühren und Auslagen zu erstatten; § 139 FGO enthalte gegenüber § 91 ZPO keine abschließende Regelung (Beschlüsse vom 29. Oktober 1968, VII B 10/67, Bundessteuerblatt Teil II – BStBl. II – 1969, 81 und vom 2. November 1971, VII B 161/69, BStBl. II 1972, 94). § 91 Abs. 2 Satz 3 ZPO gilt nur für das gerichtliche Verfahren (vgl. die oben angeführte Rechtsprechung).

Für die Gebühren des Vorverfahrens enthält die FGO Bestimmungen in § 139 Abs. 3 Satz 3 FGO. Die Voraussetzungen des § 155 FGO zur sinngemäßen Anwendung des § 91 Abs. 2 Satz 3 ZPO liegen deshalb nicht vor.

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