vorläufig nicht rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Steuerpflicht von Umsätzen aus Geldspielautomaten

 

Leitsatz (redaktionell)

  1. An der EU-Rechtskonformität der Neufassung des § 4 Nr. 9 Buchst. b UStG (In-Kraft-treten 6.5.2002), wonach sämtliche Umsätze aus dem Betrieb von Geldspielautomaten steuerpflichtig sind, bestehen ernstliche Zweifel.
  2. Die Frage der Gemeinschaftsrechtskonformität der Neuregelung ist sowohl in der Judikatur wie im Schrifttum umstritten.
 

Normenkette

UStG § 9 Nr. 4 Buchst. g

 

Streitjahr(e)

2006

 

Tatbestand

Streitig ist die Umsatzsteuerfreiheit der Umsätze aus dem Betrieb von Geldspielautomaten.

Die Antragstellerin erzielt Umsätze aus dem Betrieb von Geldspielautomaten. Mit ihrer Umsatzsteuer-Voranmeldung vom 01.02.2007 für das IV. Quartal 2006 unterwarf sie die Umsätze aus Geldspielgeräten der Steuerpflicht (Zahllast: 2.128,17 EUR).

Gleichzeitig erhob sie gegen diese Voranmeldung Einspruch und beantragte die Umsätze aus Geldspielgeräten in Höhe von netto 39.847,- EUR ohne Vorsteuerabzug (erklärte Vorsteuern: 4.247,40 EUR) steuerfrei zu stellen. In Höhe der Zahllast begehrte sie Aussetzung der Vollziehung. Zur Begründung führte sie an, dass die Neufassung des § 4 Nr. 9 Buchst. b UStG (Inkrafttreten der Neufassung des § 4 Nr. 9 Buchst. b UStG am 06.05.2006) keine rechtmäßige Umsetzung der 6. EG-Richtlinie in nationales Recht darstelle.

Den Aussetzungsantrag lehnte der Antragsgegner mit Verfügung vom 07.02.2007 ab. Die Ablehnung wurde damit begründet, dass der Gesetzgeber durch die Änderung des § 4 Nr. 9 Buchst. b UStG die umsatzsteuerliche Neutralität hergestellt habe, indem die bislang umsatzsteuerfreien Umsätze der zugelassenen öffentlichen Spielbanken, die durch den Betrieb der Spielbank bedingt sind, in die Umsatzsteuerpflicht einbezogen würden.

Dagegen hat die Antragstellerin den vorliegenden Antrag auf Aussetzung der Vollziehung an das Gericht gestellt, mit dem sie folgendes vorträgt:

Der Gesetzgeber habe durch die Neufassung des § 4 Nr. 9 Buchst. b UStG nunmehr die Steuerbefreiung für Umsätze aus öffentlichen Spielbanken aufgehoben, um hiermit dem EuGH-Urteil in der Rechtssache Linneweber/Akritidis (Urteil vom 17.02.2005, Rs. C-453/02 und Rs. C-462/02, UR 2005, 194) gerecht zu werden. Eine derartige Erweiterung des Glücksspiels verstoße gegen höherrangiges Recht.

Art. 135 Abs. 1 Buchst. i der MwStSystRL (Art. 13 Teil B Buchst. f der 6. EG-Richtlinie) befreie Wetten, Lotterien und sonstiges Glücksspiel mit Geldeinsatz grundsätzlich von der Umsatzsteuer, den einzelnen Mitgliedstaaten werden lediglich ein gewisses Ermessen eingeräumt, die Bedingungen und Beschränkungen festzulegen. Fraglich sei, wie weit die Bedingungen und Grenzen der Befreiung gehen dürften, d.h. in welchem Umfang ein Mitgliedstaat Glücksspiele der Umsatzsteuer unterwerfen dürfe. Im vorliegenden Fall würden durch die Änderung der nationalen Bestimmung weit mehr als 50 v.H. des gesamten Glücksspielmarktes der Umsatzsteuer unterworfen. Es erscheine zweifelhaft, ob hier noch von Bedingungen und Grenzen gesprochen werden könne. Im Ergebnis dürfte es den Rahmen des Ermessens wohl überschreiten, wenn der deutsche Gesetzgeber das – von den Wetten und Lotterien zu unterscheidende – sonstige Glücksspiel mit Geldeinsatz ausnahmslos der Umsatzsteuer unterwerfe.

Die Stellung einer Sicherheit sei vorliegend nicht angebracht. Zwar habe sich die Gesellschaft in Liquidation befunden. Diese sei jedoch im Jahre 2006 aufgehoben worden. Das Stammkapital von 25.000,- EUR sei neu eingezahlt worden, so dass die Gesellschaft aktuell über liquide Mittel in Höhe von 23.000,- EUR verfüge. Aus den BWA bzw. Summen- und Saldenlisten für den Zeitraum Januar bis Mai 2007 sei ersichtlich, dass die Gesellschaft mit Gewinn arbeite. Es bestünden lediglich langfristige Verbindlichkeiten in Höhe von 7.000,- EUR aus einem Firmenkauf.

Die Antragstellerin beantragt,

die Vollziehung der Umsatzsteuer-Voranmeldung für das IV. Quartal 2006 auszusetzen.

Der Antragsgegner beantragt,

den Antrag abzuweisen.

Er hält daran fest, dass der Gesetzgeber mit der durch § 4 Nr. 9 Buchst. b UStG n.F. erlaubten (generellen) Besteuerung von sonstigen Glücksspielumsätzen (einschließlich solcher aus dem Betrieb von Geldspielgeräten) den ihm durch Art. 135 Abs. 1 Buchst. i der MwStSystRL (Art. 13 Teil B Buchst. f der 6. EG-Richtlinie) eingeräumten Gestaltungsspielraum nicht überschritten habe.

Er bezieht sich dabei auf die Gesetzesbegründung der Bundesregierung (BT-Drucks. 326/05) und führt aus, dass die Mitgliedstaaten nach der Richtlinienvorschrift nicht verpflichtet seien, sämtliche Glücksspiele mit Geldeinsatz steuerfrei zu stellen, sondern im Gegenteil, Einschränkungen („Bedingungen und Beschränkungen”) vornehmen dürften. Bei der Ausgestaltung dieser Einschränkungen habe sich der Gesetzgeber am umsatzsteuerlichen Neutralitätsgrundsatz derart auszurichten, dass gleichartige und deshalb miteinander in Wettbewerb stehende Glücksspielumsätze umsatzsteuerlich gleich behandelt würde...

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