Leitsatz

1. Der Insolvenzschuldner erzielt die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung, wenn der Insolvenzverwalter die vom Schuldner als Vermieter begründeten Mietverträge erfüllt.

2. Wird die Einkommensteuer erstmals nach Aufhebung des Insolvenzverfahrens festgesetzt, ist der Steuerbescheid dem vormaligen Insolvenzschuldner als Inhaltsadressat bekannt zu geben; eine Bekanntgabe an den vormaligen Insolvenzverwalter kommt nicht mehr in Betracht.

 

Normenkette

§ 53, § 55 Abs. 1 Nr. 2, § 301 Abs. 1 InsO, § 34 Abs. 1, Abs. 3, § 85 Satz 1, § 122 Abs. 1 Satz 1, § 124 Abs. 1 Satz 1 AO, § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6, § 11 Abs. 1 Satz 1, § 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG

 

Sachverhalt

Der Kläger vermietete Wohnungen und fiel in Insolvenz. Der Insolvenzverwalter setzte die Vermietung fort. Daraus ergaben sich Einnahmenüberschüsse. Der Insolvenzverwalter gab vor Verteilung der Masse keine Steuererklärungen ab und leistete auch keine Zahlungen an das FA. Das Insolvenzverfahren wurde aufgehoben und dem Kläger Restschuldbefreiung erteilt. Vor Eintritt der Festsetzungsverjährung begann das FA mit einer Außenprüfung bei dem Kläger und setzte nach deren Abschluss die anteilige Einkommensteuer aus der Vermietung während des Insolvenzverfahrens gegen den Kläger fest. Einspruch und Klage (Niedersächsisches FG, Urteil vom 15.3.2017, 2 K 59/16, Haufe-Index 11379728, EFG 2017, 1892) hatten keinen Erfolg.

 

Entscheidung

Der BFH hat auch die Revision des Klägers zurückgewiesen. Die Festsetzung der Einkommensteuer gegen den Kläger sei rechtmäßig. Sie sei auch geboten, da das FA den ehemaligen Insolvenzverwalter nach Aufhebung des Verfahrens als Entrichtungsschuldner nicht mehr durch Steuerbescheid in Anspruch nehmen könne.

 

Hinweis

Muss der ehemalige Insolvenzschuldner (nach Aufhebung des Verfahrens und Erteilung der Restschuldbefreiung) für vom Insolvenzverwalter (rechtswidrig) nicht erfüllte Masseverbindlichkeiten aufkommen?

Er muss zumindest hinnehmen, dass die Einkommensteuer, die der Insolvenzverwalter vorab aus der Insolvenzmasse hätte entrichten müssen, gegen ihn festgesetzt wird. Auch der Umstand, dass das vermietete Grundstück im Insolvenzverfahren verwertet und nach Abschluss des Verfahrens nicht an den Schuldner zurückgegeben worden ist, hindert die Festsetzung der Steuer nicht.

Ob sich daraus ein Einwand gegen die Erhebung der Steuer ergeben kann, war nicht zu entscheiden. Der Steuerbescheid ist dem ehemaligen Insolvenzschuldner als Inhaltsadressat bekanntzugeben. Warum?

1. In der Insolvenz des Vermieters muss der Insolvenzverwalter die Mietverträge fortsetzen (§ 108 InsO); insofern steht ihm kein Erfüllungswahlrecht zu (§ 103 InsO). Der Insolvenzverwalter vereinnahmt die Mieten für die Masse; er hat auch die mit der Vermietung zusammenhängenden Ausgaben aus der Masse zu begleichen. Dazu gehört auch die auf die Überschüsse aus der Vermietung entfallende anteilige Einkommen-steuer. Insofern handelt es sich, soweit sie auf die Zeit nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens entfällt, um eine Masseverbindlichkeit (§ 55 InsO).

2. Gleichwohl erzielt nicht der Insolvenzverwalter die Einkünfte, sondern der Schuldner. Bis zur Verteilung wird das dem Insolvenzbeschlag unterliegende Vermögen dem Schuldner als eigenes zugerechnet. Der Insolvenzverwalter ist nur ein Vermögensverwalter; seine Handlungen werden dem Schuldner zugerechnet, soweit er im Rahmen seiner Befugnisse handelt. Setzt der Insolvenzverwalter die vermietende Tätigkeit fort, erzielt der Schuldner die Einkünfte und ist deshalb auch Schuldner der Einkommensteuer. Ihm ist deshalb der Bescheid als Inhaltsadressat bekanntzugeben.

3. Unbenommen bleibt, dass der Insolvenzverwalter die Massekosten vor der Verteilung aus der Masse begleichen muss (§ 53 InsO). Steuerlich entspricht dem die sog. Entrichtungspflicht, die den Insolvenzverwalter als Vermögensverwalter gemäß § 34 Abs. 3 i.V.m. Abs. 1 Satz 2 AO trifft. Durch das Hinzutreten der Entrichtungspflicht wird der Schuldner allerdings nicht befreit. Der Insolvenzverwalter ist nicht Schuldner der Steuer. Befreiend wirkt sich erst aus, wenn der Entrichtungsschuldner die Steuer entrichtet. Auch eine etwaige Haftung des Insolvenzverwalters (wegen Verstoßes gegen § 53 InsO) befreit den Schuldner nicht.

Für die Restschuldbefreiung gilt nichts anderes. Sie erstreckt sich eindeutig nur auf die Insolvenzforderungen, nicht aber auf nicht erfüllte Masseverbindlichkeiten (die es nach der Konzeption des Gesetzes allerdings nicht geben dürfte).

4. Noch nicht abschließend geklärt ist die Frage, wie weit der Insolvenzverwalter den Schuldner über den Bestand der Masse hinaus persönlich verpflichten kann. Die Befugnisse des Insolvenzverwalters beschränken sich grundsätzlich auf die Verwaltung und Verwertung der Masse. Er ist insbesondere kein gesetzlicher Vertreter.

Kann der Schuldner also mit Erfolg einwenden, der Insolvenzverwalter könne ihn nicht über den Bestand der Masse hinaus verpflichten? Er hafte deshalb für vom Insolvenzverwalter (entgegen § 53 InsO) nicht erfüll...

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