Leitsatz

1. Eine als Vermieterin auftretende Bruchteilsgemeinschaft ist im Verfahren der einheitlichen und gesonderten Feststellung von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung grundsätzlich beteiligtenfähig und klagebefugt (Änderung der Rechtsprechung).

2. Erzielen Miteigentümer eines Wohnhauses aus der gemeinsamen Vermietung einer Wohnung gemeinschaftlich Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung, so sind diese unabhängig davon, ob und in welchem Umfang die Miteigentümer die übrigen Räumlichkeiten des Hauses jeweils selbst nutzen, den Miteigentümern grundsätzlich entsprechend ihren Miteigentumsanteilen zuzurechnen und einheitlich und gesondert festzustellen (Bestätigung des BFH, Urteil vom 26.1.1999, IX R 17/95, BStBl 1999 II, 360).

3. Wird eine Wohnung eines im Miteigentum stehenden Wohnhauses an einen Miteigentümer vermietet und nutzt dieser das gemeinschaftliche Wohnhaus insgesamt über seinen Miteigentumsanteil hinaus, so erzielt der andere Miteigentümer anteilig Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung.

 

Normenkette

§ 179 Abs. 1 AO , § 179 Abs. 2 AO , § 180 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a AO , § 21 Abs. 1 Nr. 1 EStG , § 48 Abs. 1 Nr. 1 FGO , § 57 Nr. 1 FGO

 

Sachverhalt

Die klagende Grundstücksgemeinschaft, deren Gemeinschafter A und B zu je ½ Miteigentümer eines Hauses mit drei Wohnungen (jeweils 60 qm Wohnfläche) sind, vermietete die EG-Wohnung an B sowie die Wohnung im 2. OG an Dritte. Die dritte Wohnung überließen A und B ihren Eltern unentgeltlich. In der Feststellungserklärung für das Streitjahr erklärte die Klägerin Vermietungseinkünfte und machte für A Sonderwerbungskosten sowie für B 50 % eines Abzugsbetrags nach § 7 FördG geltend.

Das FA vertrat die Auffassung, dass B die Wohnung im EG und damit 1/3 des Hauses in vollem Umfang aus eigenem Recht nutze. Ihr stehe deshalb der Abzugsbetrag nach § 7 FördG in voller Höhe zu; für diese Wohnung seien keine Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung zu ermitteln. Die Einkünfte aus der Vermietung der Wohnung im 2. OG seien A zu 3/4 und B zu 1/4 zuzurechnen.

Das FG hob den Feststellungsbescheid durch Bescheidungsurteil auf. Die Einkünfte aus der Vermietung der Wohnung im 2. OG stünden A und B zu je 50 % zu; auch 50 % der Überschüsse aus der Vermietung der Wohnung im EG seien Einkünfte des A. Dagegen richtet sich die Revision des FA.

 

Entscheidung

Der BFH wies die Revision zurück. Angesichts ihres zurechenbaren Anteils an der fremdvermieteten wie auch der an die Eltern überlassenen Wohnung nutze B die von ihr selbst angemietete Wohnung im Umfang des A daran rechnerisch zustehenden Miteigentumsanteils; insoweit erziele A Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung. Die Selbstnutzung eines Teils des Gebäudes durch B führe nicht zum vorrangigen "Verbrauch" ihres Miteigentumsanteils. Sollte sich eine gegenteilige Auffassung der Finanzverwaltung – wie das FA meint – aus R 164 Abs. 2 EStR ergeben, könne der BFH dem nicht folgen.

 

Hinweis

1. Beteiligtenfähig im finanzgerichtlichen Verfahren ist, wer steuerrechtsfähig ist. Dies ist eine Personengesellschaft oder Bruchteilsgemeinschaft, soweit sie in der Einheit ihrer Gesellschafter/Gemeinschafter diesen zurechenbare Merkmale eines Besteuerungstatbestands verwirklicht (vgl. BFH, Beschluss vom 3.7.1995, GrS 1/93, BStBl 1995 II, 617). Deshalb und wegen der Neufassung des § 48 Abs. 1 Nr. 1 FGO durch das GrenzpendlerG hat der BFH nunmehr seine bisherige Auffassung, nicht die Bruchteilsgemeinschaft, sondern nur die einzelnen Gesellschafter seien beteiligtenfähig (vgl. BFH, Beschluss vom 3.5.1989, IX R 168/84, BFH/NV 1990, 378), aufgegeben.

2. Abgesehen von der wechselseitigen Überlassung von Räumen einer von Miteigentümern gemeinsam genutzten Wohnung ist eine Vermietung unter Miteigentümern u.a. dann steuerrechtlich anzuerkennen, wenn die Nutzung des gemeinschaftlichen Gegenstands durch einen Miteigentümer – wie im Streitfall (Nutzung zu 2€3 bei einem Miteigentumsanteil zu ½) – über seinen Miteigentumsanteil hinausreicht.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 18.5.2004, IX R 49/02

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