Leitsatz

Die Luftverkehrsteuer ist nicht nur nach nationalem Recht, sondern auch nach Art. 1 EG-RL 118/2008 keine Verbrauchsteuer. Etwaige Verstöße der im LuftVStG geregelten Begünstigungen gegen das unionsrechtliche Beihilfeverbot (Art. 107 Abs. 1 AEUV) oder der Verpflichtung zur Bestellung eines steuerlichen Beauftragten gegen die Dienstleistungsfreiheit (Art. 56 AEUV) bzw. das allgemeine Diskriminierungsverbot (Art. 18 AEUV) führen nicht zur Aufhebung eines Luftverkehrsteuerbescheids.

 

Normenkette

LuftVStG, Art. 18, 56, 107, 108 AEUV, Art. 1 EG-RL 118/2008, Art. 14 Abs. 1 Buchst. b EG-RL 96/2003

 

Sachverhalt

Die Klägerin zu 1. ist ein in der Europäischen Union ansässiges Luftverkehrsunternehmen. Die Klägerin zu 2. ist die inländische steuerliche Beauftragte der Klägerin zu 1. Beide Klägerinnen erhoben gegen die als Steuerbescheid geltende Luftverkehrsteueranmeldung für den Monat Januar 2011 Sprungklage mit dem Ziel, diesen Bescheid aufzuheben bzw. das Verfahren auszusetzen und dem EuGH Fragen zur Unionsrechtskonformität des LuftVStG vorzulegen.

Das FG urteilte, das LuftVStG sei formell und materiell verfassungskonform und auch unionsrechtskonform. Die Luftverkehrsteuer sei weder als Verbrauchsteuer zu qualifizieren noch verstießen die Regelungen über den steuerlichen Beauftragten gegen die Dienstleistungsfreiheit gemäß Art. 56 AEUV oder gegen das allgemeine Diskriminierungsverbot gemäß Art. 18 AEUV. Auch ein Verstoß gegen das unionsrechtliche Beihilfeverbot gemäß Art. 107 Abs. 1 AEUV liege nicht vor. Im Übrigen könne ein solcher Verstoß nicht im hiesigen Klageverfahren geltend gemacht werden (FG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 16.5.2013, 1 K 1074/11, Haufe-Index 6351074).

 

Entscheidung

Aus den in den Praxis-Hinweisen dargestellten Gründen hat der BFH die Revision der Klägerinnen zurückgewiesen.

 

Hinweis

Um die seit Januar 2011 erhobene Luftverkehrsteuer rechtlich zu bekämpfen, beriefen sich die Klägerinnen des Streitfalls (zwei Luftverkehrsunternehmen) sowohl auf die Verfassungswidrigkeit als auch auf die Unionsrechtswidrigkeit des Luftverkehrsteuergesetzes (LuftVStG).

Auch das Bundesland Rheinland-Pfalz hatte frühzeitig im Verfahren der abstrakten Normenkontrolle die Feststellung der Nichtigkeit des LuftVStG durch das BVerfG beantragt und die fehlende Gesetzgebungskompetenz des Bundes sowie Verstöße gegen Art. 3 Abs. 1, Art. 12 Abs. 1 und Art. 20 Abs. 3 GG gerügt. Es schien dem BFH im Streitfall daher ratsam, diese Entscheidung abzuwarten, die das BVerfG mit Urteil vom 5.11.2014, 1 BvF 3/11 (BFH/NV 2015, 142, BVerfGE 137, 350) dahin getroffen hat, das LuftVStG als mit dem Grundgesetz vereinbar anzusehen. Die Gesetzgebungskompetenz des Bundes sei gegeben, weil die Luftverkehrsteuer eine sonstige auf motorisierte Verkehrsmittel bezogene Verkehrsteuer i.S.d. Art. 106 Abs. 1 Nr. 3 GG sei. Auch verletzten einzelne Vorschriften des LuftVStG weder den allgemeinen Gleichheitssatz noch beeinträchtigten sie die Berufsfreiheit der Luftverkehrsunternehmen.

Daraufhin haben die Klägerinnen des Streitfalls ihr rechtliches Vorbringen im Revisionsverfahren im Wesentlichen auf die Vereinbarkeit des LuftVStG mit EU-Richtlinien, mit der Dienstleistungsfreiheit gemäß Art. 56 AEUV und mit dem Verbot unzulässiger Beihilfen gemäß Art. 107 AEUV beschränkt.

Der BFH hat in der Luftverkehrsteuer keine verdeckte Abgabe auf Flugturbinenkraftstoff und somit keinen Verstoß gegen Art. 14 Abs. 1 Buchst. b der EnergieStRL (EG-RL 96/2003) gesehen, weil die Luftverkehrsteuer unionsrechtlich keine Verbrauchsteuer i.S.d. Art. 1 Abs. 1 VStSystRL (EG-RL 118/2008) sei, die mittelbar oder unmittelbar auf den Verbrauch eines Energieerzeugnisses i.S.d. EnergieStRL erhoben werde.

Sie werde nicht auf den Verbrauch von Flugturbinenkraftstoff erhoben, sondern setze gemäß § 1 Abs. 1 LuftVStG an dem Rechtsvorgang an, der zum Abflug eines Fluggastes mit einem Flugzeug oder Drehflügler berechtige. Trotz der Einteilung in Länderklassen nach den Entfernungen zum Zielort und damit nach einem den Kraftstoffverbrauch beeinflussenden Kriterium sei die Höhe der Steuer nicht von der Höhe des verbrauchten Kraftstoffs unmittelbar oder mittelbar abhängig, da zahlreiche weitere für den Kraftstoffverbrauch maßgebliche Faktoren, wie z.B. der Flugzeugtyp und die Auslastung des Flugzeugs, unberücksichtigt blieben. Außerdem falle die Steuer unabhängig davon an, ob überhaupt Kraftstoff i.S.d. EnergieStRL verwendet werde; auch Flugzeuge mit Solarantrieb wären erfasst. Nicht entscheidend sei, dass die Luftverkehrsteuer im Bundestag als ein "Ersatz für eine national nicht einzuführende Besteuerung von Flugbenzin" bezeichnet worden sei.

Ob im Hinblick auf die Beschränkung der Steuererhebung auf den Personenflugverkehr sowie hinsichtlich vorgesehener Ausnahmen für Rundflüge und Umsteiger oder wegen Begünstigungen für Anbieter in oberen Preisklassen unionsrechtswidrige Beihilfen i.S.d. Art. 107 Abs. 1 AEUV vorlägen, könne offenbleiben, denn Unternehmen, die eine Steuer zu entrichten hätten, kön...

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