Entscheidungsstichwort (Thema)

Insolvenzeröffnungswirkung: Auskehranspruch des Insolvenzverwalters gegen einen Grundpfandgläubiger/Bank hinsichtlich eingehender Mietzahlungen

 

Leitsatz (redaktionell)

Beschluss

Der Streitgegenstandswert beträgt 7.362,56 Euro.

 

Orientierungssatz

1. Wenn ein Grundpfandgläubiger (Bank) nach Insolvenzeröffnung für den Schuldner bestimmte Mietzahlungen seines Wohnungsmieters (Überweisungen auf das Privatgirokonto des Schuldners) entgegennimmt, muss er diese an den Insolvenzverwalter abführen.

2. Rechte des Grundpfandgläubigers stehen der Pflicht zur Weiterleitung nur dann entgegen, wenn der Grundpfandgläubiger durch Zwangsverwaltung oder Pfändung die Beschlagnahme der Mietforderungen erreicht oder eine entsprechende Vereinbarung mit dem Insolvenzverwalter getroffen hat.

 

Tenor

1. Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 7.362,56 Euro nebst Zinsen in Höhe von 8 % über dem Basiszinssatz seit dem 8. September 2004 zu zahlen.

2. Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

3. Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 von Hundert des zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

 

Tatbestand

Der Kläger ist mit Beschluss des Amtsgerichts Uelzen vom 6. Mai 2003 zum Insolvenzverwalter des Vermögens der K. bestellt worden. Die Insolvenzschuldnerin ist Eigentümerin eines Grundstücks in A., eingetragen im Grundbuch von A. Blatt … Das Grundstück, welches mit einer Doppelhaushälfte bebaut ist, war vermietet. Der Mietpreis betrug 460,16 Euro monatlich. Er wurde von den Mietern jeweils, auch nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens am 6. Mai 2003 auf das ehemalige Privatgirokonto der Insolvenzschuldnerin bei der Beklagten überwiesen.

Die Beklagte ist Inhaberin einer Grundschuld über 250.000,00 DM, eingetragen zu Lasten des oben genannten Mietobjektes. Sie hat die Zwangsversteigerung des Grundstücks beantragt. Daraufhin teilte der Kläger den Insolvenzgläubigern mit Schreiben vom 23. Juli 2003 mit, er sei, sofern die Kosten von einem der weiteren Beteiligten übernommen würden, zur Freigabe des Grundstücks bereit.

Mit Schreiben vom 15. August 2003 bat der Kläger die Beklagte erfolglos, über die Kontobewegungen auf dem Abwicklungskonto Auskunft zu geben und mitzuteilen, warum sie die Mietzahlungen der Eheleute H. nicht an ihn weiterleite. Mit einem Fax vom 2. September 2004 übersandte der Kläger der Beklagten nochmals das Schreiben vom 15. August 2003 mit der Bitte um Erledigung. Die Beklagte hat es mit Schreiben vom 9. September 2004 abgelehnt, die von ihr vereinnahmten Mieten auszukehren.

Der Kläger macht die im Zeitraum vom 6. Mai 2003 bis einschließlich September 2004 gezahlten Mietzinsen in Höhe von insgesamt 7.362,56 Euro geltend. Er vertritt die Auffassung, die Beklagte habe die Mietzahlungen nicht durch einsame und einseitige Entscheidung an sich bringen können.

Der Kläger beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an ihm 7.362,56 Euro nebst Zinsen in Höhe von 8 % über dem Basiszinssatz seit dem 8. September 2004 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie vertritt die Auffassung, sie könne die nach Insolvenzeröffnung an sie geleisteten Mietzinsen behalten. Sie sei ohnehin hinsichtlich der gemäß § 1123 BGB dinglich gesicherten Mietforderungen absonderungsberechtigt. Einer förmlichen Beschlagnahme hätte es nicht bedurft, weil der Kläger auch so die Mietzinsen zur Befriedigung der Absonderungsrechte der Klägerin habe einsetzen müssen. Es könne nicht verboten sein, etwas entgegenzunehmen und einzubehalten, dessen Absonderung erzwungen werden könne. Sie habe im Ergebnis lediglich das erhalten, was ihr ohnehin zustehe. Der Masse sei kein Schaden entstanden.

Die Beklagte meint, sie habe zudem wirksam aufgerechnet. Dass AGB-Pfandrecht sei angesichts dessen, dass sie ein Recht zur Absonderung hatte, insolvenzbeständig. Darüber hinaus habe sie die Mietzahlungen im Vertrauen darauf, dass das Grundstück freigegeben werde, behalten können.

 

Entscheidungsgründe

Die Klage ist zulässig und begründet.

Der Kläger hat Anspruch auf Zahlung der 7.362,56 Euro (§ 35 Insolvenzordnung). Die Beklagte ist zur Auskehr der nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens auf das Konto der Insolvenzschuldnerin gezahlten Mietzinsen verpflichtet. Die nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens fällig gewordenen und gezahlten Mieten stehen der Masse zu (§ 110 Insolvenzordnung). Infolge der Überweisung auf das ehemalige Konto der Insolvenzschuldnerin sind sie auch in die Masse gefallen. Mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens ist der Geschäftsbesorgungsvertrag der Beklagten mit der Insolvenzschuldnerin, das Girokonto der Insolvenzschuldnerin betreffend, erloschen. Die Beklagte durfte daher die eingehenden Zahlungen nicht mit ihren Forderungen verrechnen, da die Rechte und Pflichten aus der Kontokorrentabrede ebenfalls erloschen sind. Eine Aufrechnung ist nur noch zulässig, wenn die Bank vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens Deckung erlangt hat; andernfalls scheitert sie an § 96 Abs. 1 Insolvenzordnung. Nach § 96 Abs. ...

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