Entscheidungsstichwort (Thema)
Versetzung. Klage gegen Versetzungsmaßnahme. Rechtsschutzinteresse
Leitsatz (amtlich)
1. Will der Arbeitnehmer die Unwirksamkeit einer Versetzung geltend machen, so muss er entweder auf Feststellung klagen, er sei zur Befolgung der Weisung nicht verpflichtet, oder auf Beschäftigung mit bestimmten Tätigkeiten. Stellt er beide Anträge nebeneinander, so ist hierfür ein besonderes Rechtsschutzinteresse erforderlich. Ein Antrag auf „Zurücknahme der Versetzung” ist nicht zulässig.
2. Weist der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer einen neuen Arbeitsplatz zu, so muss der Arbeitnehmer im einzelnen darlegen und begründen, warum an der Überprüfung der ursprünglichen Arbeitszuweisung noch ein Rechtsschutzinteresse besteht.
3. Der Antrag, den Arbeitgeber zu verpflichten, den Arbeitnehmer „gemäß den Aufzeichnungen über das Mitarbeitergespräch” zu beschäftigen, kann nur begründet sein, wenn anlässlich dieses Mitarbeitergespräches die Arbeitsbedingungen konkretisiert worden sind. Der Antrag ist unbegründet, wenn der Arbeitgeber zur Versetzung des Arbeitnehmers auf einen anderen Arbeitsplatz berechtigt ist.
Normenkette
BGB §§ 611, 315; ZPO §§ 253, 256
Verfahrensgang
ArbG Nürnberg (Urteil vom 22.12.2000; Aktenzeichen 11 Ca 5159/96) |
Tenor
I. Die Berufung der Klägerin gegen das Endurteil des Arbeitsgerichts Nürnberg vom 22.12.2000 – Az. 11 Ca 5159/96 – wird auf Kosten der Berufungsführerin zurückgewiesen.
II. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Wirksamkeit zweier Versetzungsanordnungen des Arbeitgebers sowie über die Pflicht des Arbeitgebers, die Arbeitnehmerin zu ganz bestimmten Bedingungen zu beschäftigen.
Die am 04.06.1943 geborene Klägerin ist seit 16.09.1985 bei der Beklagten beschäftigt. Sie ist schwerbehindert mit einem Behinderungsgrad von 60 %. Ihr Bruttomonatsgehalt betrug zuletzt 6.500,– DM.
Im Einstellungsbogen vom 03.09.1985, dessen genauen Wortlautes wegen auf die mit Schriftsatz der Klägerin vom 18.01.2000 vorgelegte Ablichtung Bezug genommen wird (Bl. 196 d.A.) sind folgende Bestimmungen enthalten:
„Einstellung für Abt.: E 297 |
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… |
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Eintritts-/Datum |
16.9.1985 – 15.3.1986 |
zur Aushilfe bis |
Beschäftigung zur Probe |
Tätigkeit: |
proj. Ing. |
… |
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Gehaltsgruppe |
V/4 Tarifgebiet Bayern |
…” |
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Der Einstellungsbogen ist von der Klägerin nicht unterzeichnet. Die Arbeitsbedingungen wurden mit Schreiben der Beklagten vom 16.09.1985 (Anlage 8 zum Schriftsatz der Klägerin vom 31.05.2000, Bl. 252 f. d.A.) festgelegt. Dort ist unter anderem folgendes festgelegt:
„Nach der mit Ihnen getroffenen Vereinbarung beschäftigen wir Sie vom 16. September 1985 bis 15. März 1986 zur Probe in unserer Abteilung Prozeßtechnik und Entwicklung (E 297).
…
Für das Dienstverhältnis gelten die beigefügten Arbeitsbedingungen für Tarifangestellte mit Ausnahme der Punkte …”
Die Klägerin unterzeichnete diese Vereinbarung unter dem 23.09.1985.
Mit Schreiben vom 20.02.1986, von der Klägerin unterzeichnet am 11.03.1986 (Anlage zum Schriftsatz der Beklagtenvertreter vom 02.09.1996, Bl. 38 d.A.), übernahm die Beklagte die Klägerin in ein unbefristetes Arbeitsverhältnis. In diesem Schreiben sind folgende Passagen enthalten:
„Ihre Beschäftigung erfolgt auch weiterhin in unserer Abteilung Prozeßtechnik und Entwicklung (E 297).
Für Ihr Dienstverhältnis gelten die beigefügten Arbeitsbedingungen für Tarifangestellte mit Ausnahme der Ausführung betreffend Probezeit.
Ihr Einkommen und die sonstigen Bedingungen bleiben unverändert.”
Diese Arbeitsbedingungen (ebenda, Bl. 39 f. d.A.) sehen neben der Anwendbarkeit des Tarifvertrages – die Beklagte ist Mitglied des Verbandes der Bayerischen Metall- und Elektro-Industrie e.V. – und der Arbeitsordnung in Ziff. 5 unter der Überschrift „Änderung der Tätigkeit und Versetzung” folgendes vor:
„Bestimmung über die besondere Art der Beschäftigung behalten wir uns vor, ebenso Versetzung in eine andere gleichwertige Stellung innerhalb unserer Betriebe, gegebenenfalls auch an einen anderen Ort.”
Die Abteilung E 297 beschäftigte sich mit der Erstellung schlüsselfertiger Anlagen unter anderem in osteuropäischen Ländern. Sie wurde als Vertriebsabteilung angesehen. Die Abteilung erhielt später die Bezeichnung „ANL A 141”. Die Klägerin war für die Betreuung von Kunden zuständig. In den von der Klägerin und ihren Vorgesetzten unter dem 14.09.1993 unterzeichneten „Aufzeichnungen zum Mitarbeitergespräch im Tarifkreis” (ebenda, Bl. 41 f. d.A.) ist, soweit vorliegend von Interesse, folgendes festgehalten:
„Funktionsbezeichnung: Projektingenieurin”
„Wofür ist der Mitarbeiter verantwortlich?
In der Gruppe Großprojekte mit Schwerpunkt Prozeßautomatisierung für Hüttenwerke und Bergbau ist Frau P… verantwortlich für Hardware und Standard-Software als Bestandteile von Automatisierungssystemen bei Angebotserstellung und Auftragsabwicklung sowie für qualifizierte Beiträge zu allen Projektteilen der Vorfeldakquisition.”
„An welchen Aufgaben und Zielen hat der Mitarbeiter in dem Zeitraum 08.92 bis 08.93 hauptsächlich gearbe...