Kommentar

Erstmals hatte sich das Bundesarbeitsgericht (BAG) mit der Frage zu befassen, ob und inwieweit der Betriebsrat mitzubestimmen ( Mitbestimmung ) hat, wenn ein Arbeitgeber Arbeitnehmer mit überdurchschnittlichen Fehlzeiten über die Ursache ihrer Erkrankung befragen will. Im zu entscheidenden Fall beschäftigte der Arbeitgeber 270 Arbeitnehmer. Mit 30 dieser Arbeitnehmer führte der Personalleiter sog. Krankengespräche, in denen er die Arbeitnehmer nach den Ursachen ihrer krankheitsbedingten Ausfallzeiten in den letzten 3 Jahren befragte. Ca. 90 % der Befragten entbanden in einer ihnen vorgelegten schriftlichen Erklärung ihren Arzt von der Schweigepflicht.

Nach Auffassung des BAG berührt die Führung von Krankengesprächen in der hier zu beurteilenden Art und Weise die Ordnung des Betriebes und das Verhalten der Arbeitnehmer im Betrieb und ist somit mitbestimmungspflichtig (nach § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG ). Hier gehe es – so das BAG – um die Mitwirkung der Arbeitnehmer bei der Aufklärung von Störfaktoren und Fehlentwicklungen, die im Betrieb erkennbar geworden seien. Das Verhalten, das von den Arbeitnehmern bei diesem Aufklärungsverfahren gefordert werde, betreffe nicht die Arbeitsleistung selbst, sondern das Ordnungsverhalten. Die generalisierte Führung von Krankengesprächen begründe ein kollektives Regelungsbedürfnis, das die Beteiligung des Betriebsrats erforderlich mache.

 

Link zur Entscheidung

BAG, Beschluss vom 08.11.1994, 1 ABR 22/94

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