I. Die anzuwendenden Vorschriften

 

Rz. 32

[Autor/Stand] § 375 Abs. 2 AO enthält im Gegensatz zum früheren Recht nur noch eine Sonderregelung über die sachlichen Voraussetzungen für die Einziehung von bestimmten Gegenständen, dh. von Schmuggelware und Beförderungsmitteln[2].

 

Rz. 33

[Autor/Stand] Gem. § 369 Abs. 2 AO sind ergänzend die allgemeinen Bestimmungen des Strafrechts über die Einziehung von Tatprodukten, Tatmitteln und Tatobjekten (§§ 74 ff. StGB) heranzuziehen, soweit § 375 Abs. 2 AO nichts anderes bestimmt[4].

 

Rz. 34

[Autor/Stand] Neben der Einziehung gem. § 74 StGB, die iVm. der Verurteilung zu einer Hauptstrafe erfolgt (sog. subjektives Verfahren), gibt es gem. § 76a StGB die Möglichkeit der selbständigen Einziehung, wenn wegen der Tat keine bestimmte Person verfolgt oder verurteilt werden kann (sog. objektives oder selbständiges Verfahren). Näheres dazu ist in Rdnr. 105 ff. und bei § 401 Rdnr. 25 ff., 45 ff. und 80 ff. dargestellt.

 

Rz. 35

[Autor/Stand] Die Einziehung bei Steuerordnungswidrigkeiten ist in der AO nicht gesondert geregelt. Hier gelten die materiell-rechtlichen Vorschriften der §§ 2229a OWiG und die verfahrensrechtliche Vorschrift des § 87 OWiG. Gem. § 22 OWiG kommt eine Einziehung im Bußgeldverfahren nur in Betracht, soweit dies gesetzlich ausdrücklich zugelassen ist, wie zB in § 36 Abs. 7 MOG. Bei den §§ 378383 AO scheidet sie aber aus.

 

Rz. 36

[Autor/Stand] Weitere Einziehungsmöglichkeiten finden sich in einer Vielzahl von Sondervorschriften (zB § 33 BtMG, § 54 WaffG, § 21 Abs. 3 StVG)[8].

 

Rz. 37

[Autor/Stand] Einstweilen frei.

[Autor/Stand] Autor: Hilgers-Klautzsch, Stand: 01.11.2017
[2] Zur alten Regelung der Einziehung in § 401 RAO vgl. Rümelin, ZfZ 1961, 206 ff.
[Autor/Stand] Autor: Hilgers-Klautzsch, Stand: 01.11.2017
[4] Vgl. BGH v. 31.10.1994 – 5 StR 608/94, wistra 1995, 30.
[Autor/Stand] Autor: Hilgers-Klautzsch, Stand: 01.11.2017
[Autor/Stand] Autor: Hilgers-Klautzsch, Stand: 01.11.2017
[Autor/Stand] Autor: Hilgers-Klautzsch, Stand: 01.11.2017
[8] Vgl. die Aufzählung bei Fischer64, § 74 StGB Rdnr. 19.
[Autor/Stand] Autor: Hilgers-Klautzsch, Stand: 01.11.2017

II. Anwendungsbereich

 

Rz. 38

[Autor/Stand] Die in § 375 Abs. 2 AO vorgesehene Einziehung von Gegenständen und Beförderungsmitteln erlangt vor allem im Bereich der Zollstraftaten Bedeutung. Die Vorschrift geht einerseits über § 74 Abs. 1 StGB[2] insoweit hinaus, als sie die Einziehung von Gegenständen ermöglicht, die keine Tatprodukte (sog. producta sceleris) oder Tatmittel (sog. instrumenta sceleris) sind (sog. Beziehungsgegenstände)[3]. Andererseits bleibt sie aber auch hinter § 74 StGB zurück, da dieser – anders als § 375 Abs. 2 AO – auch die Einziehung von Rechten erlaubt[4]. Da § 375 Abs. 2 AO als Sonderregelung den allgemeinen Einziehungsvorschriften der §§ 74 ff. StGB vorgeht, lässt er deren sonstige Anwendbarkeit unberührt (vgl. § 369 Abs. 2 AO).

 

Rz. 39

[Autor/Stand] Die Einziehung gem. § 375 Abs. 2 AO kann nur iVm. der Begehung oder dem Versuch einer Steuerhinterziehung (§ 370 AO), eines Bannbruchs (§ 372 Abs. 2, § 373 AO) oder einer Steuerhehlerei (§ 374 AO) angeordnet werden, nicht jedoch bei Begünstigung einer Person, die eine der vorstehend genannten Taten begangen hat. In Anbetracht der in § 375 Abs. 2 Nr. 1 AO bezeichneten Gegenstände der Einziehung (s. Rdnr. 42 ff.) ist eine Steuerhinterziehung nur bezogen auf Einfuhr-/Ausfuhrabgaben und Verbrauchsteuern denkbar. Die Einziehung in den Fällen des Bannbruchs und Schmuggels setzt voraus, dass sich die Strafbarkeit aus der AO ergibt. Ist die Tat nach anderen Vorschriften über Zuwiderhandlungen gegen ein Ein-, Aus- und/oder Durchfuhrverbot strafbewehrt, bestimmt sich die Einziehung nach dem jeweiligen Verbotsgesetz (zB § 54 WaffG, § 13 Abs. 2 und 3, § 24 KrWaffKontrG, § 33 BtMG[6]) oder dem StGB (zB § 74 Abs. 1, § 74d StGB)[7].

 

Rz. 39.1

[Autor/Stand] Auf Ordnungswidrigkeiten ist § 375 AO nicht anwendbar. Auch bei Ordnungswidrigkeiten dürfen Gegenstände eingezogen werden, wenn ein Gesetz dies ausdrücklich zulässt (§ 22 Abs. 1 OWiG). Das ist aber bei §§ 378383a AO nicht der Fall[9].

 

Rz. 39.2

[Autor/Stand] Sondervorschriften gibt es aber in Einzelsteuergesetzen, wie zB in § 37 Abs. 3 TabStG (Einziehung von schwarzgehandelten Zigaretten von nicht mehr als 1000 Zigaretten pro Tat).

Auch im Jugendstrafrecht findet § 375 Abs. 2 AO uneingeschränkte Anwendung[11].

 

Rz. 40

[Autor/Stand] Für Steuerzeichenvergehen gem. §§ 148, 149 StGB schreibt § 150 StGB – unabhängig von § 375 Abs. 2 AO – zwingend die Einziehung falscher oder entwerteter Steuerzeichen und Fälschungsmittel vor (s. § 369 Rdnr. 45).

 

Rz. 41

[Autor/Stand] Grds. setzt die Anordnung der Einziehung die vorsätzliche, rechtswidrige und schuldhafte Begehung einer der vorgenannten Straftaten voraus. Soweit eine Bestrafung aber zB mangels Schuldfähigkeit nicht erfolgt, kann die Einziehung dennoch nach § 74b Abs. 1 Nr. 1 StGB (s. Rdnr. 67) oder im Wege des sog. objektiven Verfahrens selbständig nach § 76a StGB verhängt werden (s. Rdnr. 108 ff.)[14].

[Autor/Stand] Autor: Hilgers-Klautzsch, St...

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