Verfahrensgang

LG Berlin (Entscheidung vom 13.11.2012; Aktenzeichen 502 Qs 91/12)

AG Berlin-Tiergarten (Entscheidung vom 25.10.1995; Aktenzeichen 349 Gs 3811/95)

 

Tenor

1. Auf die weitere Beschwerde des Beschuldigten werden der Haftbefehl des Amtsgerichts Tiergarten in Berlin vom 26. Oktober 1995 - 349 Gs 3811/95 - und der Beschluss des Landgerichts Berlin vom 13. November 2012 aufgehoben.

2. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens fallen der Landeskasse Berlin zur Last.

 

Gründe

I. 1. Die Staatsanwaltschaft Berlin führt ein am 19. Juli 1995 eingeleitetes Ermittlungsverfahren gegen den Beschwerdeführer. Er wird beschuldigt, den gesondert wegen erpresserischen Menschenraubs in Tateinheit mit Geiselnahme, schwerer räuberischer Erpressung, schweren Raubes und vorsätzlichen Verstoßes gegen das Gesetz über die Kontrolle von Kriegswaffen rechtskräftig Verurteilten Khaled A.B., M.B., D. und A.I., M.K. und S.V. zu dieser Tat Beihilfe geleistet zu haben. Er soll im Juni 1995 im Vorfeld des von langer Hand geplanten Überfalls auf die in der Breisgauer Straße 6 in Berlin-Schlachtensee gelegene Filiale der Commerzbank seinem engen Freund K.B. zugesagt haben, die aus dem Banküberfall zu erwartende Beute nach der Tatbegehung zu übernehmen und vor dem polizeilichen Zugriff zu verstecken. Er soll zu diesem Zweck eine Wohnung angemietet und das von den Haupttätern am 27. Juni 1995 tatsächlich erbeutete Geld dort deponiert haben. Dabei soll er von Beginn an um die Ausführungsmodalitäten des Überfalls gewusst haben, bei dem vier der Täter - K.B., D.I., S.V. und M.B. - bewaffnet und maskiert in die Räumlichkeiten der Bank eindrangen, 16 Personen als Geiseln nahmen und durch die Drohung, diese zu töten, die Übergabe von 5,62 Millionen DM Lösegeld erpressten. Ferner verschafften sie sich mit Hilfe des in ihrer Gewalt befindlichen stellvertretenden Filialleiters Zugang zum Haupt- und Nachttresor, während die beiden weiteren Täter - A.I. und M.K. - durch einen zuvor gegrabenen Tunnel in den Keller der Filiale vordrangen, die dortigen Kundenschließfächer aufbrachen und das darin vorgefundene Bargeld sowie Gold- und Silberbarren entnahmen. Die Tatbeute wurde durch den Tunnel abtransportiert, durch den auch sämtliche Täter die Bank unerkannt verließen.

Die Ermittlungen der eingesetzten Sonderkommission des LKA Berlin begründeten in der Folge einen Anfangsverdacht bezüglich der Beteiligung des Beschuldigten an dem Überfall. Daher erließ das Amtsgericht Tiergarten am 19. Juli 1995 einen Durchsuchungsbeschluss hinsichtlich des von diesem als Verkaufsbüro für Kfz-Versicherungen genutzten Containers in der Jüterboger Straße, der am 20. Juli 1995 vollstreckt wurde. Zu diesem Zeitpunkt hielt sich der Beschuldigte, der seinen gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland hatte und seit dem 14. Mai 1979 auch - neben der syrischen - über die deutsche Staatsangehörigkeit verfügt, besuchsweise in Syrien auf. Am 2. Juli 1995 war er von Berlin aus mit seiner damaligen Freundin A.S. zu einer länger geplanten Urlaubsreise dorthin geflogen.

Nachdem der noch in Damaskus weilende Beschuldigte von dem gegen ihn bestehenden Verdacht der Beteiligung an dem Banküberfall erfahren hatte, beauftragte er den auch aktuell noch für ihn tätigen Berliner Rechtsanwalt R. mit der Wahrnehmung seiner Interessen. Dieser meldete sich am 1. August 1995 bei der Polizei als Verteidiger und teilte unter dem 11. August 1995 schriftsätzlich mit, dass sich sein Mandant zu dem ihm "völlig unerklärlichen" Vorwurf der Mittäterschaft an dem mit erpresserischem Menschenraub verbundenen Banküberfall erst dann bei der Polizei äußern möchte, wenn ihm die gegen ihn bestehenden Verdachtsgründe "vorab schriftlich kurz erläutert" würden oder sein Verteidiger - die zugleich beantragte - Akteneinsicht erhalten habe. Sein Mandant befinde sich noch in Syrien, bemühe sich jedoch "in Kenntnis der gegen ihn erhobenen Vorwürfe um eine rasche Rückkehr nach Deutschland", von der der Verteidiger der Polizei in jedem Fall sofort Mitteilung machen werde. In Beantwortung dieses Schreibens teilte der ermittlungsführende Staatsanwalt dem Verteidiger mit Schreiben vom 23. August 1995 mit, dass der gegen den Beschuldigten sprechende Tatverdacht "nicht dringend ist". Von einer näheren Erläuterung der Verdachtsgründe sowie der seinen Mandanten belastenden Beweismittel sehe er mit Blick auf § 147 Abs. 2 StPO einstweilen ab; aus denselben Gründen werde derzeit keine Akteneinsicht für den Verteidiger bewilligt. Er kündigte an, nach Wegfall der zur Einschränkung der Akteneinsicht führenden Gründe unaufgefordert auf das Akteneinsichtsgesuch zurückzukommen, und teilte abschließend mit, dass er die Kriminalpolizei angewiesen habe, vorher nicht an den Beschuldigten zwecks Durchführung einer Beschuldigtenvernehmung heranzutreten. Am 2. September 1995 informierte der Verteidiger des Beschuldigten den ermittlungsführenden Staatsanwalt schriftlich darüber, dass sein Mandant nach Berlin zurückgekehrt und bereit sei, sich nach Gewährung de...

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