Leitsatz

Für die ab dem Jahr 2002 an die Versorgungsanstalt des Bunds und der Länder (VBL) abzuführenden sog. Sanierungsgelder waren in den Bilanzen der an der VBL Beteiligten zum 31.12.2001 keine Rückstellungen zu bilden.

 

Normenkette

§ 5 Abs. 1 S. 1 EStG, § 249 Abs. 1 S. 1 HGB

 

Sachverhalt

Die Klägerin ist eine im Jahr 1998 gegründete GmbH, deren Gesellschafter kommunale Gebietskörperschaften sind. Sie ist Organträgerin einer körperschaftsteuerlichen Organschaft mit der O-GmbH.

Die Klägerin und die O-GmbH sind als Mitglieder eines Abrechnungsverbands an der VBL beteiligt. Diese gewährt Arbeitnehmern ihrer Beteiligten Anwartschaften und Ansprüche auf zusätzliche Alters-, Erwerbsminderungs- und Hinterbliebenenversorgung. Die VBL erbrachte ihre Leistungen zunächst im Rahmen einer Gesamtversorgung. Diese war dadurch gekennzeichnet, dass die Leistungen aus der gesetzlichen Rentenversicherung durch die hinzutretende VBL-Rente im Ergebnis annähernd auf das Niveau der nach beamtenversorgungsrechtlichen Grundsätzen zu erwartenden Versorgung angehoben wurde. Die laufenden Rentenleistungen wurden im Umlageverfahren aus den laufenden Beiträgen erbracht.

Dieses System war aus verschiedenen Gründen nicht mehr finanzierbar. Durch den Tarifvertrag "Altersvorsorgeplan 2001" vom 13.11.2001 schlossen die Tarifvertragsparteien deshalb das Gesamtversorgungssystem zum 01.01.2001. Nach diesem Stichtag erwarben die Versicherten ihre Anwartschaften in einem Betriebsrentensystem nach einem Punktemodell. Die laufenden Leistungen wurden weiterhin im Umlageverfahren aufgebracht. Aufseiten der Versicherten wurden die Leistungsansprüche künftiger Versorgungsberechtigter um durchschnittlich 20 % abgesenkt. Die durch die Arbeitgeber an die VBL abzuführende Umlage wurde ab dem 01.01.2002 dergestalt bemessen, dass neben den (unveränderten bzw. geringfügig angehobenen) Beiträgen von Arbeitnehmern und Arbeitgebern zusätzlich ein vom Arbeitgeber zu tragendes sog. Sanierungsgeld trat, wodurch die Klägerin nunmehr 9,71 % statt zuvor 7,7 % des zusatzversorgungspflichtigen Entgelts ihrer Arbeitnehmer an die VBL abzuführen hatte.

Die Erhebung des Sanierungsgelds beruht auf der Satzung der VBL vom 22.11.2002 (VBL-Satzung), die mit Rückwirkung zum 01.01.2001 in Kraft getreten ist. Eine entsprechende Regelung war bereits im Tarifvertrag "Altersversorgungsplan 2001" festgelegt worden.

Für das Jahr 2001 wurden satzungsgemäß noch keine Sanierungsgelder erhoben. In ihren Steuerbilanzen zum 31.12.2001 bildeten die Klägerin und die O-GmbH im Hinblick auf das Sanierungsgeld Rückstellungen für ungewisse Verbindlichkeiten. Das FA berücksichtigte die Rückstellungen für das Streitjahr nicht.

Die deswegen erhobene Klage blieb ohne Erfolg (FG Münster, Urteil vom 26.08.2008, 9 K 1660/05 K, Haufe-Index 2062655, EFG 2008, 1942).

 

Entscheidung

Auch der BFH gab dem FA recht. Die Gründe hierfür ergeben sich aus den Praxis-Hinweisen.

 

Hinweis

1. Der BFH bekräftigt durch dieses Urteil die (steuerlichen) Anforderungen an die Bildung von Verbindlichkeitsrückstellungen, und zwar in concreto für sog. Sanierungsgelder, welche die Mitglieder der Versorgungsanstalt des Bunds und der Länder (VBL) zukünftig an die VBL für Versorgungsleistungen zu erbringen haben. Die "Historie" dieser Sanierungsgelder ergibt sich nachfolgend aus der Sachverhaltswiedergabe.

2. Gem. § 249 Abs. 1 S. 1 HGB sind Rückstellungen für ungewisse Verbindlichkeiten zu bilden. Rückstellungsfähig ist die Verbindlichkeit unter solchen Umständen nach den GoB, wenn sie

  • der Höhe nach ungewiss, dem Grund aber rechtlich bestehen oder
  • mit hinreichender Wahrscheinlichkeit künftig entstehen werden und ihre wirtschaftliche Verursachung vor dem Bilanzstichtag in der Vergangenheit liegt; in diesem Fall kann die Verbindlichkeit, sie muss aber nicht ihrer Höhe nach ungewiss sein.

Die Voraussetzungen sind im Einzelfall aus der Sicht eines sorgfältigen und gewissenhaften Kaufmanns zu beurteilen, der überdies ernsthaft mit seiner Inanspruchnahme der bestehenden oder zukünftigen Verbindlichkeit rechnen muss.

3. All das entspricht langjähriger Rechtsprechung des (I. Senats des) BFH und wird im Urteilsfall auf den konkret zu beurteilenden Sachverhalt zukünftiger sog. Sanierungsgelder an die VBL umgesetzt.

Als hoch problematisch erweist sich dabei aufgrund des zeitlichen Stichtagsbezugs der Passivierung die Frage danach, wann und unter welchen Umständen die einschlägigen Verbindlichkeiten rechtlich "bestehen". Zwei Begründungsansätze stehen sich gegenüber: Zum einen wird rein zivilrechtlich, zum anderen rein bilanzsteuerrechtlich argumentiert. Der I. Senat geht einen vermittelnden Weg: Er knüpft an das Zivilrecht – also das "rechtliche" Entstehen – an, bringt die "Zeitschiene" aber "in dem für die Bilanzierung maßgeblichen Sinn" insoweit ins Spiel, als der Tatbestand, an den die Leistungspflicht geknüpft ist, vollends verwirklicht sein muss, um sodann die Pflicht verbindlich auszulösen.

Für die Finanzierung der Versorgungsanwartschaften über die V...

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