Leitsatz

1. Gewährt der Arbeitgeber seinem Arbeitnehmer ein Darlehen zu einem marktüblichen Zinssatz, erlangt der Arbeitnehmer keinen lohnsteuerlich zu erfassenden Vorteil.

2. Abschn. 31 Abs. 8 Satz 3 LStR 1999 bindet die FG nicht in ihren Feststellungen, ob der Arbeitnehmer ein Darlehen zu einem marktüblichen Zinssatz erhalten hat.

3. Abschn. 31 Abs. 8 Satz 3 LStR 1999 enthält keine Wertfestsetzung einer obersten Finanzbehörde eines Landes i.S.d. § 8 Abs. 2 Satz 8 EStG.

 

Normenkette

§ 8 Abs. 2 Satz 8, § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG

 

Sachverhalt

Der Kläger erhielt im Jahr 1994 von der Pensionskasse seines Arbeitgebers ein Immobilien-Darlehen mit einem Zinssatz von 6,5 %. Im Juni des Streitjahrs 1999 bot die Pensionskasse – angesichts des geänderten Marktzinses für Hypothekendarlehen – eine Umstellung der Darlehensverträge auf günstigere Zinskonditionen an. Das Angebot, das der Kläger annahm, sah einen Effektivzins von 4,99 % an.

Gestützt auf Abschn. 31 Abs. 8 Satz 3 LStR 1999 erfasste der Arbeitgeber des Klägers die Differenz zwischen dem dortigen Referenzzins von 6 % und dem Effektivzins von 4,99 % als geldwerten Vorteil und unterwarf ihn dem LSt-Abzug.

Die gegen den Ansatz eines geldwerten Vorteils im ESt-Bescheid erhobene Klage hatte Erfolg.

 

Entscheidung

Der BFH wies die Revision des FA als unbegründet zurück. Das FG habe zu Recht entschieden, dass kein lohnsteuerpflichtiger Vorteil vorliege, wenn der Arbeitgeber seinem Arbeitnehmer ein Darlehen zu marktüblichen Konditionen gewähre.

 

Hinweis

1. Zum Arbeitslohn nach § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG gehören auch Vorteile, die für eine Beschäftigung im öffentlichen oder privaten Dienst gewählt werden. Hierbei muss der Arbeitnehmer durch die Zuwendung des Vorteils objektiv bereichert werden. Auch zinsverbilligte Arbeitgeberdarlehen stellen einen Vorteil dar. Der Arbeitnehmer erlangt indessen keinen (lohnsteuerlich zu erfassenden) Vorteil, wenn ihm ein Darlehen zu marktüblichen Zinsen gewährt wird.

2. In der Besprechungsentscheidung stellt der BFH klar, dass einschlägige LStR grundsätzlich keinen Zinsvorteil begründen können. Zwar bestimmte Abschn. 31 Abs. 8 Satz 3 LStR 1999, dass ein einkommensteuerrechtlich zu erfassender Zinsvorteil vorliege, wenn der vereinbarte jährliche effektive Darlehenszinssatz 6 % unterschreite. Diese Verwaltungsvorschrift mag als Nichtaufgriffs- oder Nichtbeanstandungsgrenze ihre Berechtigung haben. Sie kann jedoch keinen steuerbaren Zinsvorteil konstitutiv begründen, sondern unterliegt als norminterpretierende Verwaltungsvorschrift selbst der richterlichen Kontrolle. Gleiches gilt naturgemäß für R 31 Abs. 11 LStR 2005, wonach seit dem 1.1.2004 von einem Zinssatz von 5 % auszugehen ist.

3. Anders wäre allenfalls dann zu entscheiden gewesen, wenn die typisierende Zinsbestimmung in Abschn. 31 Abs. 8 Satz 3 LStR auf der Vorschrift des § 8 Abs. 2 Satz 8 EStG beruhen würde. Nach dieser Vorschrift kann die oberste Finanzbehörde eines Landes mit Zustimmung des BMF für weitere Sachbezüge der Arbeitnehmer Durchschnittswerte festsetzen. Die Frage der Verbindlichkeit solcher Werte stellte sich im Besprechungsfall jedoch schon deshalb nicht, weil die Verwaltungsvorschrift in Abschn. 31 Abs. 8 Satz 3 LStR keine "Festsetzung einer obersten Finanzbehörde eines Landes" ist. Es fehlt die betreffende Organkompetenz. Denn die jeweiligen LStR ergehen nach Art. 108 Abs. 7 GG als Verwaltungsvorschrift der Bundesregierung mit Zustimmung des Bundesrats.

4. Die derzeitige Besteuerung von Zinsvorteilen bei Arbeitgeberdarlehen nach R 31 Abs. 11 LStR führt zumindest für Hypothekendarlehen wegen des jetzigen niedrigen Zinsniveaus häufig zur Versteuerung fiktiver Zinsvorteile.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 4.5.2006, VI R 28/05

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