Entscheidungsstichwort (Thema)
Geltungsbereich der Bautarifverträge. Armierungsarbeiten
Leitsatz (amtlich)
Ein Betrieb, der arbeitszeitlich überwiegend Baustahl an der Baustelle biegt und flicht, ohne selbst den gebogenen und geflochtenen Stahl einzubauen oder zu verlegen, unterfällt nicht dem betrieblichen Geltungsbereich des VTV/Bau.
Normenkette
TVG TVe: Bau § 1; VTV/Bau § 1 Abs. 2
Verfahrensgang
ArbG Wiesbaden (Entscheidung vom 10.01.2001; Aktenzeichen 7 Ca 2823/98) |
Nachgehend
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Wiesbaden vom 10. Januar 2001 – 7 Ca 2823/98 – abgeändert.
Die Klage wird abgewiesen.
Die Anschlussberufung des Klägers wird zurückgewiesen.
Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten im Berufungsrechtszug um Zahlungsverpflichtungen der Beklagten nach den Sozialkassentarifverträgen des Baugewerbes für den Zeitraum August 1994 bis Juni 1998.
Der Kläger ist als gemeinsame Einrichtung der Tarifvertragsparteien des Baugewerbes nach näherer tariflicher Maßgabe die Einzugsstelle für die Beiträge zu den Sozialkassen des Baugewerbes.
Die Beklagte unterhält einen Betrieb, von dem seit 1994, insbesondere im Rahmen des Brückenbaus, von Drittunternehmen gelieferter Baustahl an den jeweiligen Baustellen von den Arbeitnehmern der Beklagten gebogen und geflochten wird. Diese Biege- und Flechtarbeiten erfolgen entweder direkt an dem von Drittunternehmen an Straßen bzw. Betonbetten vorverlegten Baustahl oder dergestalt, dass der von den Arbeitnehmern der Beklagten an der Baustelle gebogene oder geflochtene Stahl anschließend durch andere Unternehmen mittels Kränen oder anderer Hilfsgeräte in die Schalungen eingebracht wird.
Der Kläger hat die Ansicht vertreten, beim Betrieb der Beklagten handele es sich um einen baugewerblichen im tariflichen Sinne, da die beschäftigten Arbeitnehmer ausschließlich Armierungsarbeiten ausführten. Darauf, ob der gebogene und geflochtene Stahl inner- oder außerhalb der Schalungen verarbeitet werde, komme es nicht an. Darüber hinaus seien von den beschäftigten Arbeitnehmern in den Kalenderjahren des Klagezeitraums auch arbeitszeitlich überwiegend, d. h. zu mehr als 50% der betrieblichen Gesamtarbeitszeit, Stahlbiege- und -flechtarbeiten an zuvor verlegtem Betonstahl an dem Ort, wo dieser verbleibe, durchgeführt worden. Entsprechend schulde die Beklagte für den Zeitraum August 1994 bis November 1996 die tariflich normierten Beiträge für Arbeiter und Angestellte in der Gesamthöhe von DM 126.577,04, wobei sich die Höhe bezüglich der gewerblichen Arbeitnehmer aus der an sie mindestens gezahlten monatlichen Vergütung, der Zahl der beschäftigten Arbeitnehmer und dem tarifvertraglichen Beitragssatz, bezüglich der Angestellten aus dem tarifvertraglichen Beitragssatz und der Zahl der beschäftigten Angestellten ergebe. Darüber hinaus sei die Beklagte zur Erteilung der tarifvertraglich vorgeschriebenen Auskünfte für den übrigen Klagezeitraum verpflichtet.
Der Kläger hat beantragt,
die Beklagte zu verurteilen,
dem Kläger auf dem vorgeschriebenen Formular Auskunft darüber zu erteilen,
- wie viel gewerbliche Arbeitnehmer, die eine nach den Vorschriften des Sechsten Buches des Sozialgesetzbuches – gesetzliche Rentenversicherung – (SGB VI) versicherungspflichtige Tätigkeiten ausübten, in den Monaten Dezember 1996 bis Juni 1998 im Betrieb der Beklagten beschäftigt wurden, welche Bruttolohnsumme und welcher Sozialkassenbeitrag insgesamt für diese Arbeitnehmer angefallen sind,
- wie viel Angestellte, die eine nach den Vorschriften des Sechsten Buches des Sozialgesetzbuches – gesetzliche Rentenversicherung – (SGB VI) versicherungspflichtige Tätigkeit ausübten – ausgenommen sind geringfügig Beschäftigte im Sinne des § 8 des Vierten Buches Sozialgesetzbuch (SGB IV) – in den Monaten Dezember 1996 bis Juni 1998 in dem Betrieb der Beklagten beschäftigt wurden und welche Zusatzversorgungsbeiträge in den jeweils genannten Monaten angefallen sind,
für den Fall, dass diese Verpflichtung zur Auskunftserteilung nicht innerhalb einer Frist von sechs Wochen nach Urteilszustellung erfüllt wird, an den Kläger eine Entschädigungssumme
zu 1.1 in Höhe von DM 94.880,00
zu 1.2 in Höhe von DM 850,00
zu zahlen.
- an den Kläger DM 126.577,04 zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat die Ansicht vertreten, sie habe im Klagezeitraum keinen baugewerblichen Betrieb unterhalten, da 60% der betrieblichen Tätigkeit auf Stahlbiege- und -flechtarbeiten an Stähle entfallen sei, die von anderen Unternehmen zum Einbauort gebracht worden seien. Das seien keine Armierungsarbeiten. Im Übrigen sei die Zahlungsklage überhöht.
Das Arbeitsgericht hat nach Vernehmung von 6 Zeugen der Klage mit Urteil vom 10.01.2001 mit der Begründung stattgegeben, selbst wenn zum überwiegenden Teil der betrieblichen Arbeitszeit der bearbeitete Betonstahl von Arbeitnehmern anderer Unternehmen an...