Gehört zum Vermögen einer Kapitalgesellschaft ein inländisches Grundstück und ändert sich innerhalb von zehn Jahren der Gesellschafterbestand unmittelbar oder mittelbar dergestalt, dass mindestens 90 % der Anteile der Gesellschaft auf neue Gesellschafter übergehen, gilt dies als ein auf die Übereignung eines Grundstücks auf eine neue Kapitalgesellschaft gerichtetes Rechtsgeschäft. Mittelbare Änderungen im Gesellschafterbestand von den an einer Kapitalgesellschaft beteiligten Personengesellschaften werden durch Multiplikation der Vomhundertsätze der Anteile der Gesellschaft anteilig berücksichtigt. Ist eine Kapitalgesellschaft an einer Kapitalgesellschaft unmittelbar oder mittelbar beteiligt, gilt dieses entsprechend. Eine unmittelbar beteiligte Kapitalgesellschaft gilt in vollem Umfang als neue Gesellschafterin, wenn an ihr mindestens 90 % der Anteile auf neue Gesellschafter übergehen. Bei mehrstufigen Beteiligungen gilt dieses auf der Ebene jeder mittelbar beteiligten Kapitalgesellschaft entsprechend. Bei der Ermittlung des Vomhundertsatzes bleibt der Erwerb von Anteilen von Todes wegen außer Betracht (§ 1 Abs. 2b GrEStG).

Der Ergänzungstatbestand des § 1 Abs. 2b GrEStG geht hierbei der Anwendung des § 1 Abs. 3 und 3a GrEStG grundsätzlich vor. Dieser Vorrang ist insoweit auch dann gegeben, wenn auf Grund einer Befreiungsvorschrift die Steuer nach § 1 Abs. 2b GrEStG nicht erhoben wird. Mit Übergang der Anteile (sog. Closing) werden bisher sowohl die Ergänzungstatbestände des § 1 Abs. 2b GrEStG als auch des § 1 Abs. 3 Nr. 2 oder 4 GrEStG verwirklicht. Ändert sich hierbei der Gesellschafterbestand einer grundbesitzenden Kapitalgesellschaft im Nachgang eines schuldrechtlichen Verpflichtungsgeschäfts (sog. Signing), fallen die Besteuerungszeitpunkte des § 1 Abs. 2b GrEStG und des § 1 Abs. 3 Nr. 1 oder 3 GrEStG auseinander. Während mit Abschluss des schuldrechtlichen Verpflichtungsgeschäfts (sog. Signing) § 1 Abs. 3 Nr. 1 und 3 GrEStG verwirklicht wird, wird der Tatbestand des § 1 Abs. 2b GrEStG erfüllt, wenn es zum Übergang des Anteils (sog. Closing) an der Kapitalgesellschaft kommt. Die beiden Rechtsvorgänge (Signing und Closing) stellen demnach zwei grunderwerbsteuerrechtliche Vorgänge dar (gleichlautende Erlasse der Obersten Finanzbehörden der Länder v. 10.5.2022 – S 4501, BStBl. I 2022, 821, s. dazu Günther, ErbStB 2022, 247).

Beraterhinweis Im Zeitpunkt des Signings erfolgt eine verfahrensrechtliche Festsetzung nach § 1 Abs. 3 Nr. 1 oder 3 GrEStG. Im Zeitpunkt des Closings erfolgt sodann eine Festsetzung nach § 1 Abs. 2b GrEStG und die vorgehende Festsetzung (im Zeitpunkt des Signings) ist bei Grundstücksidentität aufzuheben oder zu ändern.

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