Rz. 76

Der Erbe kann nach § 2346 Abs. 2 BGB auf seinen Erb- oder Pflichtteil auch im Voraus verzichten. Der Erbverzicht ist ein vom Erblasser zu Lebzeiten abgeschlossener Erbvertrag mit einem Erben, durch den der Anfall der Erbschaft ausgeschlossen wird. Ein Pflichtteilsverzicht nach § 2346 Abs. 2 BGB bedarf der notariellen Beurkundung nach § 2348 BGB und kann nur durch den Erblasser persönlich (also zu seinen Lebzeiten) und den verzichtenden Erben abgeschlossen werden[1]. Ein solcher Verzicht wird meist zusammen mit einem Erbvertrag oder in einem Testament geregelt[2]. Soll das Unternehmen gezielt auf einen von mehreren möglichen Erben vorab übertragen werden, bietet sich der Pflichtteilsverzicht für solche Erben an, wenn der Verzichtende tatsächlich von der Erbfolge ausgeschlossen wird. Im Fall eines Pflichtteilsverzichts wird der Erbe bei der Pflichtteilsberechnung, anders als beim Erbverzicht, mit berechnet und ist deshalb oft vorzuziehen. Ein Erbverzicht führt also dazu, dass sich die Pflichtteile der übrigen Erben erhöhen[3]. Der auf den Pflichtanteil beschränkte Verzicht ermöglicht es dem Erblasser, in vollem Umfang über seinen Nachlass zu verfügen, soweit keine Pflichtteilsansprüche weiterer Erben bestehen[4].

 

Rz. 77

Sowohl Erb- als auch Pflichtteilsverzicht führen nach § 2349 BGB zum Erlöschen des Erbrechts der Abkömmlinge des Verzichtenden, wenn nichts anderes geregelt wird. Wurde das Unternehmen bereits auf die Abkömmlinge übertragen, besteht kein weiterer Handlungsbedarf. Bei der Ausgestaltung des Erb- oder Pflichtteilsverzichts ist darauf zu achten, dass der Verzicht erst in zeitlicher Nähe zur Unternehmensübertragung erklärt wird. In der Praxis gibt es hinsichtlich der unterschiedlichen Rechtsfolgen bei der Pflichtteilsquotenermittlung nach § 2310 Abs. 1 S, 2 BGB verschiedene Fehlermöglichkeiten[5].

 
Praxis-Beispiel

Erblasser V hat vier Söhne (S1 bis S4). S1 wird Alleinerbe, S2 erklärt den Erbverzicht, S3 verzichtet auf den Pflichtteil und S4 wird testamentarisch ausgeschlossen.

S2 wird für die Ermittlung der Erbquote nach § 2310 Abs. 1 S. 2 BGB nicht mitgezählt. Die gesetzliche Erbquote für S1, S3, S4 beträgt je ein Drittel. Folglich beträgt die Pflichtteilsquote für S1, S3, S4 je ein Sechstel.

[2] IDW, Praxis der Unternehmensnachfolge, 4. Aufl. 2009, 28, Rz. 115ff.
[4] IDW, Praxis der Unternehmensnachfolge, 4. Aufl. 2009, 28, Rz. 117.
[5] Hierzu Frieser/Sarres/Stückemann/Tschichoflos, in Handbuch des Fachanwalts: Erbrecht, 2. Aufl. 2007, 975, Rn. 29ff.

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