Rz. 138

Bei unentgeltlicher Übertragung eines zum Betriebsvermögen gehörenden Grundstücks unter Nießbrauchsvorbehalt ist nach ständiger Rechtsprechung des BFH, die Zustimmung verdient, eine Entnahme des Grundstücks mit dem Teilwert anzunehmen[1]. Es sei nicht zulässig, vor dieser Privatentnahme den aktivierten Grundstückswert in einen Nutzungswert, der das Nießbrauchsrecht verkörpere, und in einen Substanzwert zu spalten und nur den Substanzwert mit dem Teilwert aus dem Betriebsvermögen zu entnehmen[2]. Die Schenkung sei ein privater Vorgang, der sich im außerbetrieblichen Bereich vollziehe und zur Entnahme des Grundstücks in vollem Umfang führe. Das Eigentum und der Nießbrauch seien auch nicht teilweise identisch. Das Nießbrauchsrecht sei vielmehr mit der Bestellung neu entstanden[3], und zwar im privaten Vermögensbereich des Klägers. Aus dem Urteil vom 28.6.1981[4], das den Vorbehaltsnießbrauch an einem Grundstück im Privatvermögen behandle, ergebe sich nichts Gegenteiliges. Dort sei zwar ausgeführt, daß Gegenstand der AfA das Gebäude auf dem nießbrauchsbelasteten Grundstück sei. Daraus könne aber nicht geschlossen werden, daß dem Vorbehaltsnießbraucher das Grundstück oder Gebäude nach wie vor ganz oder zum Teil zuzurechnen sei. Entscheidend für die AfA-Berechtigung des Vorbehaltsnießbrauchers an einem Grundstück, das er zur Erzielung von Überschußeinkünften nutze, sei die Tatsache, daß er die Anschaffungs- oder Herstellungskosten des Gebäudes auf diesem Grundstück getragen habe. AfA auf das Gebäude bedeute daher in diesem Zusammenhang AfA von den Anschaffungs- oder Herstellungskosten des Gebäudes. Demgegenüber könne der Schenker in dem entschiedenen Fall (v. 2.8.1983, a.a. O.), der seinen Gewinn durch Vermögensvergleich ermittelt habe, die AfA nur auf solche Wirtschaftsgüter in Anspruch nehmen, die zu seinem Betriebsvermögen gehörten.

 

Rz. 139

Das neu entstandene Nießbrauchsrecht[5], welches beim Kläger an die Stelle des Eigentums getreten sei, sei als immaterielles Wirtschaftsgut von dem Schenker dadurch in sein Betriebsvermögen eingelegt, daß er das nießbrauchsbelastete Grundstück wie bisher betrieblich genutzt habe[6]. Das Nießbrauchsrecht sei mit dem Teilwert einzulegen und auf die voraussichtliche Dauer des Nießbrauchs abzuschreiben. In seinem Urteil vom 2.8.1983[7] vertrat der BFH die Auffassung, der Teilwert des eingelegten Nießbrauchsrechts entspreche höchstens dem Betrag, den der Schenker hätte aufwenden müssen, wenn ihm das Nießbrauchsrecht entgeltlich von einem Dritten eingeräumt worden wäre. Die Begrenzung des Teilwerts auf die Summe der Gebäude-AfA[8] könne nämlich dann nicht in Betracht kommen, wenn der Steuerpflichtige ein Grundstück zum Zweck der Schenkung aus dem Betriebsvermögen mit dem Teilwert entnehme und den anläßlich der Schenkung vereinbarten Nießbrauch an diesem Grundstück (Vorbehalts­nießbrauch) in das Betriebsvermögen einlege. Mit Recht wies die Finanzverwaltung (BMF v. 10.7.1984, IV B 2 — S 2178 — 1/84, DB 1984, 1858; BStBl I 1984, 460) darauf hin, daß die Ausführungen des BFH (v. 2.8.1983, VIII R 170/78, BStBl II 1983, 735) in dem zum Vorbehaltsnießbrauch ergangenen Urteil in Widerspruch zu folgenden Grundsätzen stehen, die sich aus den früheren Urteilen des BFH ergeben[9]:

  • Die Einlage eines Nutzungsrechts an einem unbebauten Grundstück darf nicht zu Abschreibungen führen;
  • bei Einlage eines Nutzungsrechts an einem bebauten Grundstück dürfen die Abschreibungen auf das Nutzungsrecht nicht höher sein als die Gebäude-Abschreibungen, die dem Nutzenden im Falle des Eigentums an dem Grundstück während der Nutzungsdauer zugestanden hätten.
 

Rz. 140

Nach Auffassung der Finanzverwaltung sollte dem BFH daher erneut Gelegenheit gegeben werden, die Frage der Höhe des Einlagewerts im Falle des Vorbehaltsnießbrauchs zu überprüfen. Das Urteil vom 2.8.1983[10] sollte deshalb hinsichtlich der Aussage zur Höhe des Teilwerts vorerst über den entschiedenen Einzelfall hinaus nicht angewandt werden. Vielmehr war nach den oben genannten Grundsätzen zu verfahren.

 

Rz. 141

 

Beispiel:

X ist Inhaber einer Tischlerei. Er überträgt mit notarieller Urkunde vom 10.1.1984 das Werkstattgebäude nebst Büro auf seinen Sohn gegen Vorbehalt des lebenslänglichen Nießbrauchs. Der Sohn ist an dem Unternehmen nicht beteiligt. Der Nießbrauch wird Ende 1984 in das Grundbuch eingetragen. Anfang 1985 heben Vater und Sohn den Vertrag wieder auf. X wird als Eigentümer in das Grundbuch eingetragen und das Nießbrauchsrecht wieder gelöscht. Dem Finanzamt gegenüber wird argumentiert, erst nach Abschluß des Vertrages vom 10.1.1984 sei den Parteien bewußt geworden, daß die Grundstücksübertragung eine Entnahme sein könne. Um die steuerlichen Folgen zu vermeiden, sei dann der Vertrag wieder rückgängig gemacht worden.

Nach den oben dargelegten Grundsätzen handelt es sich im vorliegenden Fall um eine Vollentnahme des Grundstücks (vgl. auch Brandenberg, DB 1990, 1835/6; Schmidt/Drenseck, Komm. z. EStG, § 7 Rz. 46 (6) "Vorbehaltsnießbrauch (B...

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