Rz. 102

Auch bei Werkverträgen (§ 631 BGB) hat der Gewinnausweis zu erfolgen, wenn der Unternehmer seinerseits den Werkvertrag erfüllt, also seinerseits alles zur Erfüllung des Vertrags Erforderliche getan hat. Dazu ist grundsätzlich die Herstellung des Werks (d. h. die Herstellung oder Veränderung einer Sache, wie Bauausführungen, Anlagenbau, Reparatur, oder die Erreichung eines vereinbarten Erfolgs) erforderlich, jedoch noch nicht ausreichend. Maßgebend ist auch hier der Zeitpunkt, zu dem die Gefahr des zufälligen Untergangs oder der zufälligen Verschlechterung des hergestellten Werks auf den Besteller übergeht (Rz. 88). Nach § 644 BGB ist dies der Zeitpunkt der Abnahme des Werks durch den Besteller bzw. der Zeitpunkt, in dem der Besteller in Annahmeverzug gerät. Zu diesem Zeitpunkt ist die Forderung auf den Werklohn mit dem Nennbetrag zu aktivieren; eine geringere Bewertung wegen der Kosten der noch ausstehenden Rechnungserteilung ist nicht zulässig. Wird das Werk auf Verlangen des Bestellers versandt, ist nach §§ 644 Abs. 2, 447 BGB der maßgebliche Zeitpunkt der der Übergabe des Werks an die mit der Versendung beauftragten Personen (Rz. 90). Solange die Abnahme noch nicht erfolgt ist, besteht noch ein nicht unbedeutendes Risiko für den Kaufmann, dass sich sein Vergütungsanspruch nicht verwirklichen lassen wird, weil der Besteller das Werk als nicht vertragsgemäß zurückweist; eine Gewinnrealisierung ist daher noch nicht zulässig.

 

Rz. 102a

Bis zu dem Zeitpunkt der Gewinnrealisierung hat die Aktivierung des hergestellten Werks bei dem Hersteller mit den Herstellungskosten zu erfolgen. Dies gilt auch, wenn ein Bauunternehmer ein Bauwerk auf fremdem Grund und Boden errichtet.[1] Der Bauunternehmer ist dann nicht wirtschaftlicher Eigentümer des im Bau befindlichen Gebäudes; der Ausweis hat daher unter dem Posten "nicht abgerechnete Bauten" o. Ä. zu erfolgen. Der Bauherr als wirtschaftlicher Eigentümer muss das im Bau befindliche Gebäude als "Anlagen im Bau" aktivieren und eine entsprechende Werkvertragsverpflichtung passivieren. Die Gewinnrealisation erfolgt auch hier erst mit Abnahme. Ist eine Abnahme des Werks nicht vorgesehen oder nicht üblich, tritt Gewinnrealisierung ein, wenn der Kaufmann seinerseits alles Erforderliche getan, also das Werk hergestellt und übergeben hat.[2]

Zu dem gleichen Zeitpunkt, zu dem für den Unternehmer Gewinnverwirklichung eintritt, hat der Besteller das abgenommene Werk (als wirtschaftlicher Eigentümer) zu aktivieren und die Verpflichtung zur Gegenleistung zu passivieren.

 

Rz. 102b

Gleiche Grundsätze gelten für Werkleistungen von Freiberuflern .[3] Zur Gewinnrealisierung von Abschlagszahlungen für Werkleistungen von Ingenieuren siehe Rz. 75c.

 

Rz. 102c

Eine besondere Situation besteht bei der Erstellung von Eigentumswohnungen aufgrund eines Werkvertrags. Auch hier ist der Realisationszeitpunkt die Abnahme. Allerdings ist zu berücksichtigen, dass i. d. R. nur eine Abnahme der einzelnen Wohnung erfolgt, nicht aber die Abnahme des Gemeinschaftseigentums, das einen wesentlichen (überwiegenden) Teil der Gesamtleistung darstellt. Wenn eine (gesonderte) Abnahme des Gemeinschaftseigentums erfolgt, ist der Realisierungszeitpunkt für die Vergütung der einzelnen Wohnung derjenige Zeitpunkt, zu dem die Abnahme des Gemeinschaftseigentums und der einzelnen Wohnung erfolgt ist. Wird das Gemeinschaftseigentum (wie üblich) nicht gesondert abgenommen, erfolgt die Gewinnrealisierung hinsichtlich der abgenommenen Wohnungen in dem Zeitpunkt, in dem konkludent (neben der Abnahme für die einzelne Wohnung) von einer Abnahme des Gemeinschaftseigentums ausgegangen werden kann. Diesen Zeitpunkt hat die Rspr. typisierend auf den Zeitpunkt festgelegt, in dem das Gemeinschaftseigentum im Wesentlichen hergestellt (fertig gestellt) ist und mehr als die Hälfte der Erwerber ihre jeweilige Wohnung drei Monate lang rügelos genutzt haben. Dann ist davon auszugehen, dass das Gemeinschaftseigentum konkludent abgenommen worden ist. In diesem Zeitpunkt sind die von diesen Erwerbern geschuldeten Entgelte gewinnrealisierend einzubuchen. Für Wohnungen, die diese Voraussetzungen nicht erfüllen (z. B. in diesem Zeitpunkt noch nicht verkaufte oder noch nicht abgenommene Wohnungen), tritt Gewinnrealisierung erst mit Abnahme der jeweiligen Wohnung ein.[4]

 

Rz. 102d

Bei der Beurteilung, ob sich ein Werkvertrag in mehrere Teilleistungen aufspalten lässt, die u. U. zu einer Realisierung von Teilgewinnen führen können, ist entscheidend, dass der Auftraggeber diese Teilleistungen für sich genommen sinnvoll nutzen kann und diese sachlich trennbar sind. Dies ist nicht der Fall bei einem selbstständigen Gerüstbauvertrag, der aus sich aus mehreren Hauptleistungen (Aufbau, Mietüberlassung, Abbau) zusammensetzt, die nur zusammen ein sinnvolles Ganzes bilden.[5] Sofern keine Abnahme des Gerüsts vorgesehen ist und diese auch nicht durchgeführt wird, kann es für die Gewinnrealisierung nicht auf den Zeitpunkt der Abnahme ankommen. Sie tritt also ab...

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