Rz. 72

Nach dem Wortlaut des Gesetzes muss die zu beurteilende Tätigkeit mit dem typischen Berufsbild eines sog. Katalogberufs vergleichbar sein. Eine Vergleichbarkeit mit den nur allgemein beschriebenen wissenschaftlichen, künstlerischen, schriftstellerischen, unterrichtenden oder erzieherischen Tätigkeiten ist weder erforderlich noch ausreichend. Ähnlich ist die Berufstätigkeit dann, wenn sie nach ihrem Gesamtbild in wesentlichen Merkmalen mit dem typischen Berufsbild eines der dort genannten Berufe vergleichbar ist.[1] Gleichartigkeit in jeder Hinsicht ist jedoch nicht erforderlich.[2] Ausreichend ist auch, wenn einzelne Tätigkeitsmerkmale denen eines anderen Katalogberufs entsprechen, jedoch muss die Tätigkeit immer noch dem typischen Berufsbild eines Katalogberufs vergleichbar sein. Die qualifizierte Arbeit muss den wesentlichen Teil der gesamten Berufstätigkeit des Stpfl. ausmachen und dem ähnlichen Beruf das Gepräge i. S. d. Katalogberufs geben.[3]

Tendenzen im Schrifttum, den Bereich der Einkünfte aus selbstständiger Arbeit bei zugrunde liegenden "persönlichen geistigen Leistungen" über den Begriff der "ähnlichen Berufe" auszuweiten[4], ist die Rspr. bislang nicht gefolgt.

 

Rz. 73

Der infrage kommende Beruf kann zwar mehreren Katalogberufen ähnlich sein; es reicht aber nicht, dass die Tätigkeit Teilbereiche mehrerer der in § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG genannten Berufe umfasst bzw. abdeckt, ohne aber dem typischen Berufsbild eines dieser Berufe vergleichbar zu sein.[5] Ein Beruf ist nicht schon deshalb den Katalogberufen ähnlich, weil er eine gewisse Ähnlichkeit mit der gesamten Gruppe der genannten Berufe aufweist (etwa eine akademische oder eine andere besonders anspruchsvolle und zeitaufwendige Ausbildung oder ein mit der Berufsausübung nach allg. Anschauung verbundener sozialer Status). Diese "Gruppenähnlichkeit" genügt nicht, weil der Gesetzgeber die Katalogberufe detailliert aufgezählt hat und die ähnlichen Berufe einem dieser Katalogberufe ähnlich sein müssen.[6] Insoweit bestehen auch keine europarechtlichen Vorgaben.[7]

 

Rz. 74

Als wesentliche vergleichbare Merkmale kommen insbesondere das Tätigkeitsbild der praktischen Berufsausübung sowie die hierfür erforderliche Ausbildung in Betracht. Die finanzgerichtliche Rspr. nimmt dabei eine sog. "doppelte Ähnlichkeitsprüfung" vor. Dabei geht es um die Gleichartigkeit der Tätigkeit und um die Gleichwertigkeit der Vorbildung.[8] Eine Spezialisierung der Tätigkeit ist nur dann unschädlich, wenn sie gleichwohl in wesentlichen Punkten mit dem zu vergleichenden Beruf übereinstimmt.[9] Dies setzt voraus, dass die Tätigkeit mindestens ein fachliches Hauptgebiet des jeweiligen Katalogberufs umfasst. Entspricht lediglich eine Nebenaufgabe den Tätigkeitsmerkmalen eines Katalogberufs, ist eine Vergleichbarkeit nicht mehr gegeben.[10] Dagegen kommt es auf den zeitlichen Umfang der Ausübung der dem Katalogberuf ähnlichen Tätigkeit nicht an. Die Vergleichbarkeit bleibt auch dann erhalten, wenn die ähnliche Tätigkeit nur kurzfristig oder in geringem Umfang ausgeübt wird.[11]

 

Rz. 75

Im Rahmen der vergleichenden Betrachtung kommt der Berufsausbildung immer dann Bedeutung zu, wenn der Katalogberuf eine qualifizierte Berufsausbildung voraussetzt.[12] Verlangt der Katalogberuf eine wissenschaftliche Ausbildung, muss auch die Berufsausbildung für den ähnlichen Beruf auf wissenschaftlicher Grundlage beruhen.[13] Jedoch ist es nicht erforderlich, dass die Ausbildung für den ähnlichen Beruf in derselben Weise erlangt sein muss wie die für den entsprechenden Katalogberuf. Auch wenn dieser ein Hochschulstudium voraussetzt, können die erforderlichen Kenntnisse für den ähnlichen Beruf auch auf andere Weise, z. B. durch Selbststudium, Fernkurse oder im Zusammenhang mit der eigenen Arbeit, erworben worden sein.[14] Die Kenntnisse eines Autodidakten müssen aber der Tiefe und Breite der Kenntnisse eines in § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG normierten Katalogberufs vergleichbar sein.[15] Der Wissensstand muss dem Kernbereich eines Fachstudiums entsprechen. Eine Ausbildung mit vorwiegend praktischem Einschlag wird diesen Anforderungen i. d. R. nicht gerecht werden. In solchen Fällen muss die Tätigkeit auch zumindest gelegentlich besonders schwierige oder vielfältige Fragen mit sich bringen, deren Lösung Kenntnisse voraussetzt, wie sie üblicherweise durch die Berufsausbildung des entsprechenden Katalogberufs vermittelt werden. Mit der Einführung der Bachelor-Studiengänge könnten hier jedoch die Anforderungen in Zukunft sinken.[16] Zu den Nachweisanforderungen s. Rz. 132.

 

Rz. 76

Ist für die Ausübung des Katalogberufs eine Erlaubnis erforderlich, kann eine Ähnlichkeit grundsätzlich nur dann gegeben sein, wenn auch der vergleichbare Beruf nicht ohne eine Erlaubnis ausgeübt werden darf.[17] So gehört es z. B. bei den Heilberufen zu den Berufsmerkmalen, dass deren Ausübung einer Erlaubnis bedarf und der Überwachung durch die Gesundheitsämter unterliegt.[18] Die Rspr. des BVerfG zu der entsprechenden Frage im USt...

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