4.1 Bewertung mit dem Teilwert in Regelfällen

 

Rz. 31

Nach § 13 Abs. 3 S. 1 KStG sind die Wirtschaftsgüter in der Schlussbilanz i. S. d. Abs. 1 ("Entstrickungsbilanz") und in der Anfangsbilanz i. S. d. Abs. 2 ("Verstrickungsbilanz") mit dem Teilwert anzusetzen. Der Ansatz des Teilwerts beim Ende oder Beginn der Steuerpflicht bewirkt die Abgrenzung des Gewinns, der während der Zeit der Steuerpflicht begründet worden ist und daher noch besteuert werden muss bzw. der während der Zeit der Steuerfreiheit begründet worden ist und daher trotz Eintritt in die Steuerpflicht nicht besteuert werden darf. Hierdurch wird ein Gewinn in Höhe der stillen Reserven ausgewiesen, der in den Fällen des Abs. 1 (Steuerentstrickung einer steuerpflichtigen Körperschaft) der KSt unterliegt, in den Fällen des Abs. 2 (Steuerverstrickung einer steuerbefreiten Körperschaft) dagegen, als im steuerfreien Bereich entstanden, nicht. Die Vorschrift ist ein Ersatztatbestand, der ohne Realisationsakt zur Realisierung der stillen Reserven und damit zum Gewinnausweis führt. Endet die KSt-Freiheit einer REIT-AG nach § 18 Abs. 6 ReitG in der Anfangsbilanz, abweichend von § 13 Abs. 2, 3 KStG, sind die fortgeführten Buchwerte und nicht der Teilwert anzusetzen.

 

Rz. 32

Der Charakter der Vorschrift ist nicht klar. Die Regelung, dass die Wirtschaftsgüter mit dem Teilwert anzusetzen sind, kann als reine Bewertungsvorschrift in Abweichung von § 6 EStG verstanden werden. Sie würde dann den Ansatz der Wirtschaftsgüter unverändert lassen, der sich nach den allgemeinen bilanzsteuerrechtlichen Vorschriften, § 5 EStG, richten würde. Dann wären alle Wirtschaftsgüter mit dem Teilwert anzusetzen, die nach den allgemeinen Grundsätzen zu bilanzieren sind, z. B. nicht selbstgeschaffene immaterielle Wirtschaftsgüter.

 

Rz. 32a

Die Vorschrift kann aber auch als Ansatz- und Bewertungsvorschrift aufgefasst werden. Sie wäre dann so zu lesen, dass alle Wirtschaftsgüter anzusetzen und mit dem Teilwert zu bewerten sind. Die Vorschrift wäre dann als Abweichung von den allgemeinen Ansatzvorschriften, z. B. § 5 Abs. 2 EStG, und den Bewertungsvorschriften[1] aufzufassen.

 

Rz. 32b

Der Zweck der Regelung, den im steuerfreien Bereich entstandenen Gewinn nicht in die Besteuerung einzubeziehen und die Versteuerung der im steuerpflichtigen Bereich entstandenen Vermögensmehrungen sicherzustellen, erfordert an sich eine Auslegung der Vorschrift als Ansatz- und Bewertungsvorschrift. Nur dann ist sichergestellt, dass die Vermögensmehrung aus im steuerfreien Bereich entstandenen, selbst geschaffenen immateriellen Wirtschaftsgütern durch Eintritt in die Steuerpflicht nicht steuerlich verstrickt wird, während andererseits nur bei dieser Auslegung im steuerpflichtigen Bereich entstandene stille Reserven aus selbst geschaffenen immateriellen ­Wirtschaftsgütern bei Eintritt in die Steuerfreiheit versteuert werden müssen. Der BFH[2] sieht in der Vorschrift jedoch eine reine Bewertungsvorschrift, die keine Abweichung von den Ansatzvorschriften erlaubt. Er vertritt die Ansicht, dass sich eine Abweichung von den allgemeinen Ansatzvorschriften nicht mit hinreichender Sicherheit aus dem Wortlaut des Abs. 3 S. 1 entnehmen lasse.

 

Rz. 32c

M. E. lässt sich weder für die Einordnung als Ansatz- und Bewertungsvorschrift, noch als reine Bewertungsvorschrift, aus dem Wortlaut oder der Entstehungsgeschichte der Norm[3] ein zwingendes Argument ableiten. In diesem Fall muss die Auslegung nach dem Zweck der Vorschrift erfolgen. Dem Zweck der Regelung wird jedoch nur eine Einordnung als Ansatz- und Bewertungsvorschrift gerecht.[4] Bei der Einordnung der Vorschrift als reine Bewertungsvorschrift werden erhebliche, in der Zeit der Steuerfreiheit gebildete stille Reserven in die Steuerpflicht einbezogen und andererseits erhebliche steuerverstrickte stille Reserven bei Eintritt der Steuerfreiheit aus der Steuerpflicht ausgeschieden. Dieses Ergebnis ist durch eine am Zweck der Regelung orientierte Auslegung, der kein klarer Wortlaut entgegensteht, zu vermeiden. Nach dieser Ansicht sind in der Schlussbilanz nach Abs. 1 bzw. in der Anfangsbilanz nach Abs. 1 auch selbst geschaffene immaterielle Wirtschaftsgüter einschließlich eines Firmenwerts mit dem Teilwert anzusetzen. Auf der Passivseite sind stille Lasten, insbesondere Rückstellungen, die nach § 5 EStG steuerlich nicht gebildet werden dürfen, einschließlich der Drohverlustrückstellungen, auszuweisen. Pensionsrückstellungen sind mit dem Teilwert nach § 6a EStG anzusetzen.

 

Rz. 33

Der Begriff des Teilwerts ergibt sich aus § 6 Abs. 1 Nr. 1 EStG. Hiernach ist Teilwert der Betrag, den der Erwerber des ganzen Betriebs für das einzelne Wirtschaftsgut ansetzen würde, wobei davon auszugehen ist, dass der Erwerber den Betrieb fortführt. Die Teilwertvermutungen der Rspr. können herangezogen werden.[5]  Die Bewertung mit dem Teilwert ist zwingend. Sie erfolgt auch dann, wenn der Teilwert die Anschaffungs- oder Herstellungskosten eines Wirtschaftsguts übersteigt, weil die allgemeinen Bewertungsgrundsätze des § 6 EStG nicht zu beachten ...

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