Rz. 386

[Autor/Stand] Sinn und Zweck der Regelung. Die in § 8 Abs. 1 Nr. 10 statuierte Ausnahme von der Regel betrifft ausschließlich Anteile an einer Kapitalgesellschaft. Bei den Anteilen kann es sich um solche an in- oder ausländischen Kapitalgesellschaften handeln. Sinn der Ausnahmeregelung ist es, solche Einkünfte, die nach § 8 Abs. 1 Nr. 9 passiv wären, über § 8 Abs. 1 Nr. 10 zu aktiven Einkünften zu machen. Dem § 8 Abs. 1 Nr. 9 wird dadurch in Abweichung von der üblichen Systematik des Aktiv-/Passivkatalogs, wonach sämtliche Nummern des § 8 Abs. 1 grundsätzlich gleichwertig nebeneinander stehen (vgl. Anm. 21), der Vorrang vor der Nr. 10 eingeräumt. Dabei werden die Tatbestandsvoraussetzungen der Nr. 9 gewissermaßen in die Nr. 10 transportiert. Die Niedrigbesteuerung der Anteilsveräußerungsgewinne bleibt zunächst außer Betracht. Angesprochen sind nur Sachverhalte, bei denen Anteile an Kapitalgesellschaften übertragen bzw. eingebracht werden. Die Anteile können aus Anlass der Übertragung untergehen oder fortbestehen. Sie können sich auch in einen Anteil an einer Personengesellschaft verwandeln.

 

Rz. 387

[Autor/Stand] Wann erfasst eine Umwandlung den Anteil an einer Kapitalgesellschaft? Man muss die Ausnahmeregelung des § 8 Abs. 1 Nr. 10 unter zwei Sachverhaltsalternativen sehen. Zum einen können Anteile von einer Umwandlung erfasst werden, wenn der Anteilseigner des zu übertragenden Rechtsträgers seine bisherigen Anteile gegen neue "tauscht". Zum anderen können die Anteile auch zum Vermögen des zu übertragenden Rechtsträgers gehören und in diesem Sinne Gegenstand der Vermögensübertragung bzw. des Vermögensübergangs sein. Beide Sachverhalte werden nach dem Wortlaut von § 8 Abs. 1 Nr. 10 Halbs. 2 von der Ausnahme erfasst.[3] In beiden Alternativen werden Einkünfte aus aktiven Tätigkeiten nur unter den Voraussetzungen des § 8 Abs. 1 Nr. 9 angenommen. Im ersteren Fall gilt dies allerdings nur dann, wenn der Anteilseigner des zu übertragenden Rechtsträgers selbst eine ausländische Gesellschaft ist (ansonsten gilt § 8 b Abs. 2, 3 KStG). Eine andere Frage ist die, ob man eine teleologische Reduktion des Wortlauts dahingehend annimmt, dass nur diejenigen Kapitalgesellschaftsanteile gemeint sind, die zum Vermögen des an der Umwandlung beteiligten Rechtsträgers gehören und deshalb einen Einfluss auf einen etwaigen Umwandlungsgewinn haben können. Die nachfolgenden Beispiele sollen das Problem verdeutlichen:

 

Beispiel 1

Die deutsche D-GmbH hält eine 100-%-Beteiligung an der schweizerischen CH1-AG. Die CH1-AG ist ihrerseits zu 100 % an der CH2-AG sowie an der CH3-AG beteiligt. In der Hinzurechnungsbilanz der CH1-AG ist der Buchwert der Beteiligung an CH2-AG mit 40 ausgewiesen; der gemeine Wert beträgt 100. In der CH2-AG befinden sich schädliche Kapitalanlageassets i.S. von § 7 Abs. 6 a, deren steuerlicher Buchwert ebenfalls 40 beträgt; der gemeine Wert beträgt 100. CH2-AG wird nach schweizerischem Recht steuerneutral auf ihre Schwestergesellschaft CH3-AG verschmolzen. Fallen die aus der Aufdeckung der stillen Reserven resultierenden Zwischeneinkünfte unter § 8 Abs. 1 Nr. 10 AStG?

Auf der Ebene der übertragenden Körperschaft CH2-AG sind die Buchwerte der Kapitalanlageassets in der Hinzurechnungsschlussbilanz aufzustocken; es entsteht ein Übertragungsgewinn iH von 60. Die Anwendung von § 8 Abs. 1 Nr. 10 auf diesen Gewinn hängt davon ab, ob die Umwandlung zu Buchwerten hätte erfolgen können, wenn sie sich im Inland vollzöge. Das wäre nach § 11 Abs. 2 UmwStG möglich. Die entscheidende Frage ist deshalb die, ob die Umwandlung einen Anteil an einer Kapitalgesellschaft erfasst, dessen Veräußerung nicht die Voraussetzungen von § 8 Abs. 1 Nr. 9 erfüllen würde. An sich erfasst die Verschmelzung von CH2-AG auf CH3-AG einen solchen Anteil, nämlich den von CH1-AG an CH2-AG. Allerdings erscheint es wenig sachgerecht, diesen Anteil bei der Ermittlung des Übertragungsgewinns auf der Ebene des übertragenden Rechtsträgers CH2-AG zu berücksichtigen. Denn zum einen gehört der Anteil nicht zum Vermögen des übertragenden Rechtsträgers CH2-AG, so dass der Anteil auch keinen Einfluss auf den Übertragungsgewinn haben kann. Zum anderen besteht die Gefahr einer ungerechtfertigten Doppelbesteuerung der in den Kapitalanlageassets ruhenden stillen Reserven, weil auch auf der Ebene des Anteilseigners des übertragenden Rechtsträgers (hier: CH1-AG) ein Gewinn aus der Verschmelzung entstehen kann, nämlich aus dem Tausch der Anteile an CH2-AG gegen neue Anteile an CH3-AG. Auf der Ebene von CH1-AG ist für Zwecke des § 8 Abs. 1 Nr. 10 abermals zu prüfen, ob die Umwandlung zu Buchwerten hätte erfolgen können, wenn sie sich im Inland vollzöge. Das wäre nach § 13 Abs. 2 UmwStG an sich möglich. Allerdings wird auf der Ebene von CH1-AG ein Anteil an einer Kapitalgesellschaft erfasst, dessen Veräußerung nicht die Voraussetzungen von § 8 Abs. 1 Nr. 9 erfüllt, nämlich die Beteiligung an CH2-AG. Hier ist die Erfassung des Anteils an CH2-AG auch sachgerecht, weil er z...

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