Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt (BFH IX B 84/13)

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Ermäßigte Besteuerung nach § 34 EStG wegen Zusammenballung von Einkünften

 

Leitsatz (amtlich)

1. Zweck der Billigkeitsregelung des § 34 Abs. 1 und 2 Nr. 2 EStG ist es, den Zufluss außerordentlicher Einkünfte, die in einem Veranlagungszeitraum zu einer für den jeweiligen Steuerpflichtigen im Vergleich zu seiner regelmäßigen sonstigen Besteuerung einmaligen und außergewöhnlichen Progressionsbelastung führen würden, bei der steuerlichen Auswirkung abzumildern.

2. Eine Zusammenballung von Einkünften ist daher nur gegeben, wenn der Steuerpflichtige unter Einschluss der Entschädigung infolge der Beendigung des Arbeitsverhältnisses in dem jeweiligen Veranlagungszeitraum insgesamt mehr erhält, als er bei ungestörter Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses, also bei normalem Ablauf der Dinge erhalten hätte.

 

Normenkette

EStG § 34 Abs. 1, 2 Nr. 2

 

Tatbestand

Streitig ist, ob die Voraussetzungen einer ermäßigten Besteuerung nach § 34 EStG vorliegen.

Die Kläger sind Ehegatten, die für das Streitjahr 2009 zusammen zur Einkommensteuer veranlagt wurden. Sie erzielten Einkünfte aus Gewerbebetrieb, nichtselbständiger Arbeit sowie Vermietung und Verpachtung.

Das Arbeitsverhältnis der Klägerin war durch Kündigung des Arbeitgebers zum 31.03.2009 beendet worden. Gemäß der Vereinbarung der Klägerin mit dem ehemaligen Arbeitgeber vom 27.01.2009 erhielt sie für den Zeitraum 01.01. bis 31.03.2009 noch ein laufendes Gehalt i.H.v. brutto 9.264 €. Nach der Vereinbarung erhielt die Klägerin „für den Verlust des Arbeitsplatzes” eine einmalige Abfindung i.H.v. 27.000 € brutto. Mit Erfüllung dieser Verpflichtungen sind laut dieser Vereinbarung alle gegenseitigen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis abgegolten. Für den Zeitraum vom 01.04. bis zum 31.12.2009 bezog die Klägerin Arbeitslosengeld i.H.v. 10.451 €.

Die Kläger beantragten, diese Abfindung gemäß § 34 Abs. 1 EStG ermäßigt zu besteuern.

Mit Einkommensteuerbescheid für 2009 vom 26.08.2010 setzte das Finanzamt bei der Klägerin Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit i.H.v. 36.264 € an. In den Erläuterungen führte das Finanzamt aus, dass die Abfindung der Ehefrau (27.000 €) nicht ermäßigt zu besteuern sei, da sich im Vergleich zum Vorjahr die Gesamteinkünfte durch die Abfindung nicht erhöht hätten und sich somit auch keine Zusammenballung der Einkünfte ergebe.

Die Einkünfte der Klägerin aus nichtselbständiger Arbeit im Jahr 2008 betragen laut Einkommensteuerbescheid für 2008 vom 01.09.2009 39.808 €.

Mit dem Einspruch vom 23.09.2010 machte die damalige Prozessbevollmächtigte geltend, die Abfindung der Klägerin i.H.v. 27.000 € sei als außergewöhnliche Einkünfte i.S.d. § 34 Abs. 2 Nr. 4 EStG ermäßigt zu besteuern, da außerordentliche Einkünfte i.S.d. § 34 Nr. 1 EStG vorliegen würden.

Das Finanzamt erließ am 22.06.2011 einen nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO geänderten Einkommensteuerbescheid für 2009. Die Einkünfte der Klägerin aus nichtselbständiger Arbeit wurden unverändert mit 36.264 € zugrunde gelegt.

Nachdem der Prozessbevollmächtigte die Untätigkeit der Behörde im Einspruchsverfahren gerügt hatte, erhob er am 20.06.2012 Untätigkeitsklage.

Mit Teileinspruchsentscheidung vom 20.07.2012 wies das Finanzamt den Einspruch, soweit über ihn entschieden wird, als unbegründet zurück. Das Finanzamt wies darauf hin, dass durch diese Teileinspruchsentscheidung nicht über die geltend gemachte Verfassungsmäßigkeit des Abzugs einer zumutbaren Belastung (§ 33 Abs. 3 EStG) bei der Berücksichtigung von Aufwendungen für Krankheit oder Pflege als außergewöhnliche Belastung entschieden wird. Hier lägen dem BFH Musterverfahren vor und insoweit ruhe das Einspruchsverfahren gemäß § 363 Abs. 2 Sätze 1 und 2 AO. Insoweit trete durch diese Teileinspruchsentscheidung keine Bestandskraft ein.

Da die nicht ausgesparten Streitpunkte jedoch entscheidungsreif seien, sei der Erlass einer Teileinspruchsentscheidung sachdienlich i.S.d. § 367 Abs. 2a Satz 1 AO.

Im Streitfall sei eine Entschädigung gemäß § 24 Nr. 1 Buchst. a EStG nur dann gemäß § 34 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 2 EStG tarifbegünstigt, wenn sie zu einer Zusammenballung von Einnahmen innerhalb eines Veranlagungszeitraums führe. Diese Zusammenballung sei nur gegeben, wenn der Steuerpflichtige unter Einschluss der Entschädigung infolge der Beendigung des Arbeitsverhältnisses in dem jeweiligen Veranlagungszeitraum insgesamt mehr erhalte, als er bei ungestörter Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses, also bei normalem Ablauf der Dinge, erhalten hätte (vgl. BFH-Urteil vom 09.10.2008 IX R 85/07, BFH/NV 2009, 558 m.w.N.). Im Streitfall habe die Klägerin in der Zeit vom 01.01. bis 31.03.2009 eine Zahlung i.H.v. 9.264 € und dann die Abfindungszahlung i.H.v. 27.000 € erhalten. Die Summe der beiden Beträge i.H.v. 36.264 € läge unter dem Jahresbruttolohn der Klägerin im gesamten Vorjahr 2008 i.H.v. 39.808 €. Auch hätte sich, wenn man den Arbeitslohn der ersten drei Monate auf das gesamte Jahr hochrechne, ein höherer...

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