Entscheidungsstichwort (Thema)

Frage der Steuerbefreiung von Leistungen einer Pflegehelferin

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Gem. Art. 132 Abs. 1 Buchst. g MwStSystRL befreien die Mitgliedstaaten die eng mit der Sozialfürsorge und der sozialen Sicherheit verbundenen Dienstleistungen von der USt-pflicht, einschließlich derjenigen, die durch Altenheime, Einrichtungen des öffentl. Rechts oder andere als mit sozialem Charakter anerkannte Einrichtungen bewirkt werden. Die Leistungen der Pflegehelferin sind als solche eng mit der Sozialfürsorge und der sozialen Sicherheit verbundene Dienstleistungen anzusehen.

2. Nach ständiger EuGH-Rechtsprechung kann sich ein Einzelner in Ermangelung fristgemäß erlassener Umsetzungsmaßnahmen auf Bestimmungen einer Richtlinie, die inhaltlich als unbedingt und hinreichend genau erscheinen, gegenüber allen nicht richtlinienkonformen innerstaatlichen Vorschriften berufen.

 

Normenkette

MwStSystRL Art. 132 Abs. 1 Buchst. g

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 18.08.2015; Aktenzeichen V R 13/14)

 

Tatbestand

Streitig ist, ob die Klägerin (Klin.) in den Streitjahren 2007 und 2008 Unternehmerin war, sowie, ob sie steuerfreie Leistungen ausgeführt hat.

Die Klin. übte in den Streitjahren eine Tätigkeit als Pflegehelferin aus. Über eine Ausbildung als Krankenpflegerin bzw. Altenpflegerin verfügt sie nicht, sie hat aber verschiedene Fortbildungen im Bereich der Pflege absolviert.

Die Klin. wurde im Jahr 2000 Mitglied des Vereins B e.V. Dieser Verein ist Mitglied des paritätischen Wohlfahrtsverbandes. Nach der Satzung des Vereins B e.V. hat der Verein den Zweck, hilfe- und pflegeabhängigen, kranken, behinderten und alten Menschen in ihrer häuslichen Umgebung umfassende Betreuung zu ermöglichen.

Die Mitglieder des Vereins bzw. der Verein werden nach dem sog. „… Modell” tätig. Der Verein schließt die Verträge/Vereinbarungen mit den zu pflegenden Personen bzw. den Kostenträgern (Pflegekassen bzw. regionale und überregionale Sozialämter). Die jeweilige Pflegekraft – wie auch die Klin. – schließt mit dem Verein eine Qualitätsvereinbarung ab, wodurch sie zu einem aktiven Mitglied des Vereins wird. Die Mitglieder verpflichten sich in der Qualitätsvereinbarung u.a,. an einem Einführungsseminar und an regelmäßigen Teambesprechungen teilzunehmen, sowie Fortbildungsseminare zu besuchen.

Die aktiven Mitglieder sind in verschiedenen Teams als Untergliederungen des Vereins organisiert, denen die Pflegekräfte die von ihnen geleisteten Stunden in Rechnung stellen. Die Klin. war in den Streitjahren für das Team I und das Team II tätig. Im Jahr 2007 war sie zudem in einem Team des K e.V. tätig. Das letztgenannte Team bestand aus Mitgliedern des Vereins B e.V. und des K e.V., welches beabsichtigte, auch das sog. „… Modell” zu übernehmen.

Die Klin. war in den Streitjahren im Wesentlichen im Bereich der Pflege tätig (abgerechnet über das Team II und den K e.V.). Sie erbrachte Leistungen der hauswirtschaftlichen Versorgung (§ 36 SGB XI, § 70 Abs. 1 SGB XII), Eingliederungshilfe nach § 53 SGB XII und Pflegeleistungen nach §§ 36, 39, 45 SGB XI, § 61 SGB XII. Daneben erledigte sie auch Tätigkeiten im Büro des Vereins B e.V. (abgerechnet über das Team I). Diese dienten nach den Ausführungen der Klin. dem Kontakt mit hilfsbedürftigen Menschen und ihren Angehörigen z.B. telefonisch oder per e-mail, der Abrechnung der Pflegeleistungen gegenüber den Kostenträgern und der Kontrolle von Rechnungen, sowie in geringem Umfang Assistenzleistungen für schwerbehinderte Mitarbeiter des Vereins. Leistungen der medizinischen Behandlungspflege erbrachte sie nicht.

Wegen der weiteren Einzelheiten der in den Streitjahren jeweils erbrachten Leistungen wird auf die von der Klin. vorgelegten Rechnungen nebst Stundenaufstellungen Bezug genommen.

Die Umsätze der Streitjahre teilten sich wie folgt auf die Teams auf:

2007

Monat

K e.V.

Team II

Team I

Gesamt

01

1.315,75 EUR

1.743,75 EUR

3.059,50 EUR

02

95,00 EUR

95,00 EUR

03

494,00 EUR

1.087,00 EUR

1.581,00 EUR

04

575,75 EUR

1.427,75 EUR

632,50 EUR

2.680,00 EUR

05

522,50 EUR

1.756,25 EUR

2.278,75 EUR

06

204,25 EUR

2.354,50 EUR

2.558,75 EUR

07

2.381,25 EUR

2.381,25 EUR

08

2.483,75 EUR

88,00 EUR

2.571,75 EUR

09

0,00 EUR

10

2.458,88 EUR

139,00 EUR

2.597,88 EUR

11

2.101,50 EUR

156,00 EUR

2.257,50 EUR

12

1.362,88 EUR

748,00

2.110,88

Summe

3.111,25 EUR

19.297,51 EUR

1.763,50 EUR

24.172,26 EUR

2008

Monat

Team II

Team I

Gesamt

01

1.193,63 EUR

616,00 EUR

1.809,63 EUR

02

565,50 EUR

565,50 EUR

03

1.441,13 EUR

1.441,13 EUR

04

2.106,00 EUR

2.106,00 EUR

05

2.348,25 EUR

2.348,25 EUR

06

1.066,88 EUR

1.066,88 EUR

07

994,88 EUR

88,00 EUR

1.082,88 EUR

08

1.656,01 EUR

1.656,01 EUR

09

520,88 EUR

520,88 EUR

10

2.641,28 EUR

173,00 EUR

2.814,28 EUR

11

1.724,25 EUR

1.724,25 EUR

12

2.000, 63 EUR

2.000,63 EUR

Summe

18.259,32 EUR

877,00 EUR

19.136,32 EUR

Für das Team II liegen Aufstellungen vor, nach der im Streitjahr 2007 96,85 % und im Streitjahr 2008 82,43 % der Pflegeleistungen der Klin. letztlich (mittelbar) von den Sozialhilfeträgern bzw. Pfleg...

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