rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Wohnungsvermietung an eigenes Kind
Leitsatz (redaktionell)
1) Wird eine Wohnung zu einem erheblich unter der Marktmiete liegenden Preis vermietet, kann dies ein Indiz für das Fehlen der Überschußerzielungsabsicht sein. Zu ihrer Verneinung müssen aber weitere Umstände hinzukommen, die den Sachverhalt als ungewöhnlich kennzeichnen, z.B. ein Missverhältnis zwischen den Kosten der Anschaffung bzw. der Herstellung einer Wohnung und der vereinbarten Miete.
2) Der für die Anerkennung von Angehörigenverträgen (hier Vermietungsvertrag zwischen Eltern und Tochter) erforderliche Fremdvergleich kann am Fehlen eines wirtschaftlichen Interesses des Kindes als Mieter scheitern.
3) Eine Nebenkostenregelung des Inhalts, dass die Nebenkosten zwischen Vermieter und Mieter einvernehmlich ohne konkreten Aufteilungsmaßstab abzurechnen sind, ist unter fremden Dritten unüblich. Auch die mangelnde Bestimmtheit einer Regelung über vorzunehmende Reinigungs- und Gartenarbeiten hält dem Fremdvergleich nicht stand.
Normenkette
EStG § 21 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 S. 2, §§ 12, 21 Abs. 1
Tatbestand
Streitig ist, ob die verbilligte Überlassung einer Wohnung an einen nahen Angehörigen den Tatbestand der Einkunftserzielung erfüllt, ggf., ob die Werbungskosten (WK) in voller Höhe oder nur zum Teil abziehbar sind.
Die Kläger (Kl.) sind Eheleute. Sie haben zwei Töchter, von denen die ältere, im Jahre 1972 geborene Tochter R., im Jahre 1996 (Streitjahr) in M. studierte. Die Kl. sind Eigentümer zweier im Jahre 1996 fertiggestellter Eigentumswohnungen (ETW), die sich in einem Gebäude befinden. Die Herstellungskosten (HK) beider ETW beliefen sich auf 1.087.614,13 DM. Davon entfielen 511.178 DM, mit Außenanlagen 530.140,94 DM auf die Wohnung im Dachgeschoß. Die HK wurden i.H.v. 721.000 DM finanziert, und zwar durch Darlehen der Sparkasse H. i.H.v. 581.000 DM, durch ein Darlehen der Mutter der Kl. i.H.v. 100.000 DM und ein Darlehen der Tochter R. i.H.v. von 40.000 DM. Die Darlehensmittel der Tochter R. stammten aus einem der Tochter gehörenden Sparguthaben.
Die im Erdgeschoß gelegene, 125,75 qm große ETW nutzten die Kl. selbst. Die im Dachgeschoß gelegene, 109,27 qm große Wohnung vermieteten die Kl. ab dem 15.12.1996 an ihre Tochter R.. In dem Mietvertrag heißt es u. a.:
„§ 1 Mieträume
Vermietet werden sämtlich zur Dachgeschoß-Eigentumswohnung gehörenden Wohnräume und Nebenräume und zwar:
4 Zimmer, 1 Küche, 1 Diele, 1 Bad, 1 Gäste WC, 1 Abstellraum mit einer Wohnfläche von109,27 qm
sowie
1 Balkon, 1 Garagenplatz
Der Mieter ist berechtigt, die zum Gemeinschaftseigentum gehörenden Räume sowie den Garten mitzubenutzen.
………
§ 4 Miete
Die Miete beträgt monatlich
DM 525,–
und entspricht mindestens der Hälfte der ortsüblichen Vergleichsmiete.
Sie ist am 1. eines jeden Monats fällig und spätestens bis zum 3. Werktag des Monats zu zahlen.
Die Miete wird bis zur vollständigen Tilgung des Darlehens, welches der Mieter dem Vermieter aufgrund eines separaten Darlehensvertrag gewährt hat, als Darlehenstilgung verrechnet.
Spätere Zahlungen der Miete sind auf das Konto 1000392173 bei der Sparkasse H. (BLZ … ), Kontoinhaber …, zu überweisen.
§ 5 Sonstige Vereinbarungen
Dem Mietverhältnis liegt ein enges verwandtschaftliches und ein besonderes Vertrauensverhältnis zugrunde.
Auf dieser Basis wird aus Gründen der Kosteneinsparung auf installierte Zähl- oder Meßeinrichtungen oder -verfahren verzichtet und vereinbart, sämtliche Kosten einvernehmlich aufzuteilen, die Vermieter und Mieter gemeinschaftlich betreffen oder die zu den Betriebskosten gehören.
Ferner wird gegenseitige Rücksichtnahme, eine jeweils angemessene Beteiligung an Reinigungsarbeiten, Gartenpflege und Verkehrssicherungsarbeiten (Schneeräum- und Streupflicht) gemäß der jeweiligen Absprache sowie eine zeitliche Abstimmung bei der Nutzung der zum Gemeinschaftseigentum gehörenden Räume (z. B. Waschkeller) vereinbart.
Außerdem sind sich Vermieter und Mieter darüber einig, daß zum Schutze des Eigentums Sorgfaltspflichten (Abschließen des Hauses/der Wohnung, ausreichendes Lüften, Kälteschutzmaßnahmen durch Schließen von Fenstern und Türen sowie notwendige Beheizung) zu beachten sind.”
Mit ihren ESt-Erklärungen für das Streitjahr 1996 und die Folgejahre machten die Kl. aus der Vermietung der ETW an ihre Tochter R. einen Überschuß der Werbungskosten (Wk) über die Einnahmen geltend. Die Einkünfte der Kl. aus VuV aus der vermieteten ETW im Dachgeschoß stellten sich danach wie folgt dar:
|
1996 |
1997 |
1998 |
1999 |
Miete |
290,– |
6.300,– |
7.800,– |
7.800,– |
Umlagen |
–– |
3.268,– |
1.850,– |
3.178,– |
|
290,– |
9.568,– |
9.650,– |
10.978,– |
Schuldzinsen |
8.152,– |
13.045,– |
15.501,– |
14.983,– |
AfA (degressiv) |
35.782,– |
35.783,– |
35.783,– |
35.783,– |
WK (Sonstige) |
191,– |
4.620,– |
4.620,– |
3.276,– |
WK insgesamt |
44.125,– |
53.448,– |
55.904,– |
54.042,– |
Einkünfte |
./. 43.835,– |
./. 43.880,– |
./. 46.254,– |
./. 43.064,– |
Mit der Veranlagung der Kl. zur ESt des Streitjahres 1996 erkannte der Bekl. den aus der Vermietung der Dachgeschoß-ETW an die Tochter R. geltend gemacht...