Entscheidungsstichwort (Thema)

Bindungswirkung einer Erklärung

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Nach Auffassung des erkennenden Senats kann die Änderung eines Steuerbescheids – trotz einschlägiger Änderungsvorschrift und materiell-rechtlicher Richtigkeit des Änderungsbegehrens – versagt werden, wenn ein Stpfl. zu seinen Lasten einer Übergangsregelung einer allgemeinen Verwaltungsvorschrift zustimmt, deren Gegenstand die umstrittene Besteuerungsgrundlage ist.

2. Die Zustimmungserklärung zu einer Übergangsregelung zielt auf die Veränderung einer verfahrensrechtlichen Position ab. Sie steht damit einer Prozesshandlung nahe und muss daher wie diese unwiderruflich sein.

 

Normenkette

AO § 172; UStG § 2 Abs. 1

 

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist strittig, ob die Klägerin aufgrund Zustimmung zu einer in einer Verwaltungsvorschrift niedergelegten Übergangsregelung zu ihren Ungunsten als umsatzsteuerliche Organträgerin zu behandeln ist.

Die Klägerin, deren Geschäftsgegenstand der Erwerb von Immobilien, deren Bebauung und Verwaltung ist, wurde im streitgegenständlichen Besteuerungszeitraum 2009 von der S Verwaltungs GmbH als deren Komplementärin vertreten, die ihrerseits durch H S als Geschäftsführer vertreten wurde. H S war alleiniger Kommanditist der Klägerin und hielt sämtliche Geschäftsanteile an der S Verwaltungs GmbH. H S war außerdem Alleingesellschafter der N GmbH, die er als Geschäftsführer vertrat. Die N GmbH wurde zu Beginn des Streitzeitraums zusätzlich durch J U und S C, denen Gesamtprokura erteilt worden war, vertreten. Am 20.2.2009 erlosch die Prokura von J U. Am 15.5.2009 wurde S C Alleinprokura für die N GmbH erteilt. Die Klägerin vermietete der N GmbH im Rahmen einer ertragsteuerlichen Betriebsaufspaltung die für ihren Betrieb notwendige Immobilie.

Die Sozietät CQQ reichte mit Eingang beim Beklagten am 2.8.2012 eine auf den 25.6.2011 datierte Vollmacht ein, in der es heißt, dass „[die Bevollmächtigte […] berechtigt [ist], rechtsverbindliche Erklärungen abzugeben, Anträge zu stellen sowie Rechtsbehelfe einzulegen und zurückzunehmen. […] Die Vollmacht gilt, solange ihr Widerruf dem Finanzamt/der Kommune nicht schriftlich angezeigt worden ist.” Mit Schreiben vom 14.5.2013, eingegangen beim Beklagten am 16.5.2013, wurde die Vollmacht widerrufen.

Datierend auf den 7.2.2011 gab die Klägerin eine Umsatzsteuererklärung für 2009 ab, in der sie ihre eigenen Umsätze und die Umsätze und Vorsteuern der N GmbH konsolidiert aufführte. Die Klägerin wies unter Angabe eines Erstattungsbetrags eine Umsatzsteuer von xxx € aus. Der Beklagte stimmte der Umsatzsteuererklärung vom 7.2.2011 durch Mitteilung vom 21.2.2011 zu.

Mit Schreiben vom 21.11.2011 wandte sich der Beklagte an die N GmbH und führte aus:

„[…] Nach der Verwaltungsauffassung in A 2.8. Abs. 5 S. 7 des Umsatzsteueranwendungserlasses (UStAE) in der am 04.07.2011 geltenden Fassung stand es der Annahme einer finanziellen Eingliederung einer Kapitalgesellschaft in eine Personengesellschaft nicht entgegen, wenn sich die Anteile nicht im Besitz der Personengesellschaft befinden, sondern den Gesellschaftern der Personengesellschaft selbst zustehen.

Mit Urteil vom 22.04.2010, Az. V R 9/09, hat der BFH jedoch entschieden, dass eine finanzielle Eingliederung bei einer Personengesellschaft als Organträgerin eine unmittelbare oder mittelbare Beteiligung der Personengesellschaft an der Organgesellschaft voraussetzt. Deshalb reicht es auch für die finanzielle Eingliederung einer GmbH in eine Personengesellschaft nicht aus, dass letztere nicht selbst, sondern nur ihr Gesellschafter mit Stimmenmehrheit an der GmbH beteiligt ist.

Diese Rechtsprechung wurde durch das BMF-Schreiben vom 05.07.2011, BStBl I 2011 S. 703 in den UStAE übernommen (A 2.8 Abs. 5 S. 6 UStAE). Nach dem BMF-Schreiben wird es für die Zurechnung von vor dem 01.01.2012 ausgeführten Umsätzen jedoch nicht beanstandet, wenn die am vermeintlichen Organkreis beteiligten Unternehmer unter Berufung auf die alte Rechtslage übereinstimmend eine finanzielle Eingliederung annehmen.

Bisher wird Ihre Gesellschaft als umsatzsteuerrechtliche Organgesellschaft geführt. Nach Aktenlage besteht diese umsatzsteuerrechtlichen Organschaft jedoch aufgrund des aktuellen A 2.8 Abs. 5 S. 6 UStAE nicht mehr fort, weil die bisherige Organträgerin nicht selbst an Ihrer Gesellschaft beteiligt ist und somit keine finanzielle Eingliederung Ihrer Gesellschaft in das Unternehmen der bisherigen Organträgerin vorliegt.

Daher bitte ich um Stellungnahme bis zum 15.12.2011,

a. ob Sie sich dieser Rechtsauffassung anschließen,

b. ob Sie für die vor dem 01.01.2012 ausgeführten Umsätze weiterhin entsprechend dem BMF-Schreiben vom 05.07.2011 von einer finanziellen Eingliederung ausgehen.

Sollte eine finanzielle Eingliederung nicht mehr vorliegen, ist Folgendes zu beachten:

  • Ihre Gesellschaft ist selbst Unternehmerin im Sinne des § 2 Abs. 1 S. 1 UStG und nicht mehr in das Unternehmen der bisherigen Organträgerin eingegliedert.
  • Ihre Gesellschaft ist gemäß § 18 UStG zur elektr...

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