Entscheidungsstichwort (Thema)
Antrag auf Steuererstattung statt Verrechnung. formale Voraussetzungen für eine Abtretungserklärung
Leitsatz (redaktionell)
1. Der Senat neigt der Auffassung zu, dass neben einer Anfechtung eines Steuerbescheids zugleich die Erstattung beantragt werden kann, ohne dass es eines vorherigen Abrechnungsbescheids bedarf.
2. Zur Wirksamkeit einer Abtretung von Steuererstattungen sind die Anforderungen des § 46 Abs. 3 AO zu beachten.
3. Für die Anwendung des § 249 BGB ist im Steuerrecht kein Raum.
Normenkette
FGO § 100 Abs. 1 S. 2; AO § 46 Abs. 2-3
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
Tatbestand
I.
Streitig war, ob der Kläger außergewöhnliche Belastungen nach § 33 Einkommensteuergesetz (EStG) für Prozesskosten und für die Tilgung von Darlehen geltend machen kann. Der Kläger ist 1946 im Iran geboren, hat in Deutschland Physik studiert und 1980 an der TU München promoviert. Bis 1985 war er wissenschaftlicher Mitarbeiter bei der Gesellschaft für Reaktorsicherheit in Garching bei München. 1985 wurde ihm der Aufenthalt in Deutschland versagt, die Arbeitserlaubnis entzogen und seine Ausweisung verfügt. Nach mehreren Prozessen erwiesen sich diese Maßnahmen letztlich als rechtswidrig. In der Folge gelang es dem Kläger aufgrund seines Alters, seiner mehrjährigen Berufsunterbrechung und eines inzwischen eingetretenen Bewerberüberhangs an Physikern nicht, eine der früheren Tätigkeit angemessene Beschäftigung zu finden (vgl. Bestätigung des Fachvermittlungsdienstes beim Arbeitsamt München vom 28.03.1991). In der Folgezeit führte er einen Amtshaftungsprozess, der mit der Verwerfung der Revision durch den Bundesgerichtshof am 30.11.2006 erfolglos verlief.
In den Einkommensteuererklärungen für 2000, 2001 und 2003 begehrte er den Ansatz von außergewöhnlichen Belastungen, soweit er die Prozesskosten selbst zu tragen hatte, weil er nicht obsiegte und auch keine Prozesskostenhilfe erhielt (1. Instanz Amtshaftungsprozess, Landgericht München I). Ferner begehrte er den Ansatz von Schuldzinsen, die auf einer sukzessiv seit 1985 erfolgten Darlehensaufnahme von Verwandten beruhten, als außergewöhnliche Belastung. Er bezifferte die Darlehenshöhe auf ca. 250.000 Euro und erklärte, er habe diese Darlehen und die damit verbundenen Schuldzinsen in den Streitjahren durch Abtretung von Gehaltsansprüchen über den pfändbaren Betrag hinaus bedient. Die konkrete Darlehenshöhe sei sehr schwierig nachzuweisen, da er aufgrund der verlorenen Prozesse (für die er teilweise erst in folgenden Instanzen Prozesskostenhilfe erhalten habe) sowie seiner veränderten Lebensumstände 1997 die eidesstattliche Versicherung habe abgeben müssen und seither keine eigenen Konten mehr unterhalten habe.
Der Beklagte lehnte den Ansatz als außergewöhnliche Belastung zunächst ab und wies die dagegen gerichteten Einsprüche zurück (Einkommensteuerbescheide 2000 und 2001 jeweils vom 16.12.2003, Einkommensteuerbescheid 2003 vom 23.11.2004, Einspruchsentscheidungen vom 17.02.2005).
Im Klageverfahren berücksichtigte der Beklagte jedoch außergewöhnliche Belastungen und erklärte den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt (Änderungsbescheide jeweils vom 18.09.2007). Der Kläger gab keine entsprechende Erklärung ab, weil die tatsächlichen außergewöhnlichen Belastungen weitaus höher gewesen seien. Zudem sei die aus den Änderungen resultierende Steuererstattung entgegen einer Abtretung vom 16.12.1999 zugunsten seiner Familienangehörigen, die auch Steuerrückerstattungen umfasse, vom Beklagten gepfändet worden sei. Ferner verkenne der Beklagte, dass er nach § 249 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) verpflichtet sei, die Rechtsposition des Klägers wieder herzustellen, die er bei Berücksichtigung seiner außergewöhnlichen Belastung von Anfang an gehabt hätte.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
seiner Klage unter Abänderung der Einkommensteuerbescheide 2000, 2001 und 2003 jeweils vom 18.09.2007 in vollem Umfang, d.h. unter Berücksichtigung seines gesamten Nettoeinkommens abzüglich des pfändungsfreien Betrags als außergewöhnliche Belastung, stattzugeben und die entsprechenden Steuererstattungen entsprechend seiner Abtretungserklärung auszuzahlen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beträge seien zutreffend festgesetzt, die Erstattung sei aufgrund von Vollstreckungsersuchen anderer Behörden und Gerichte zutreffend erfolgt.
Im Übrigen wird auf die Steuerakten und die von den Beteiligten eingereichten Schriftsätze Bezug genommen.
In der mündlichen Verhandlung wurde die Sach- und Rechtslage mit den Beteiligten erörtert. Auf die Sitzungsniederschrift wird verwiesen.
Entscheidungsgründe
II.
Die Klage ist unzulässig.
1. a) Soweit der Kläger einen Erstattungsanspruch geltend macht, wird von der Rechtsprechung die Auffassung vertreten, dass eine sonstige Leistungsklage mit diesem Ziel erst nach vorangegangener Feststellung durch einen Abrechnungsbescheid nach § 218 Abs. 2 Abgabenordnung (AO) zulässig ist. Dem zusammen mit einer Anfechtung...