Entscheidungsstichwort (Thema)

Auslegung von Feststellungsbescheiden. Halbeinkünfteverfahren. Wegfall des negativen Kapitalkontos eines ausscheidenden Mitunternehmers. keine Korrektur des Wegfallgewinns im Hinblick auf dem Halbeinkünfteverfahren unterworfene Einkünfte

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Bei der gesonderten und einheitlichen Feststellung von Besteuerungsgrundlagen können die Einkünfte, die dem Halbeinkünfteverfahren unterliegen, in voller Höhe „brutto”) festgestellt werden, sofern aus den weiteren Feststellungen des Bescheids für einen verständigen Empfänger zweifelsfrei erkennbar ist, dass zur Ermittlung der steuerpflichtigen Einkünfte unter Anwendung der §§ 3 Nr. 40, 3c Abs. 2 EStG ein zusätzlicher Rechenschritt notwendig ist.

2. Nach den Grundsätzen der sog. verdrängenden Konkurrenz ist die Regelung nach § 16 EStG jedenfalls dann gegenüber der Regelung des § 52 Abs. 33 EStG 1999 vorrangig, wenn beide Tatbestände im nämlichen Gewinnermittlungszeitraum verwirklicht werden.

3. Auch ein negatives Kapitalkonto des ausscheidenden Mitunternehmers ist dem Veräußerungspreis gegenüberzustellen und führt damit rechnerisch zur Erhöhung seines Veräußerungsgewinns, soweit es nicht ausgeglichen wird. Dabei kommt es nicht darauf an, aus welchen Gründen das Kapitalkonto negativ geworden ist.

4. Der Gewinn in Höhe des steuerlichen Kapitalkontos ist weder um Beträge zu korrigieren, die sich aufgrund des Halbeinkünfteverfahrens steuerlich nicht ausgewirkt haben, noch kann auf den nach § 16 EStG anzusetzenden Gewinn aus dem Wegfall des negativen Kapitalkontos § 3 Nr. 40 EStG angewendet werden.

 

Normenkette

EStG § 3 Nr. 40, § 3c Abs. 2, § 16 Abs. 1 S. 1 Nr. 2, Abs. 2, § 15a Abs. 3, § 52 Abs. 33 S. 3; BGB § 133

 

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Klägerinnen tragen die Kosten des Verfahrens.

 

Tatbestand

I.

Die Klägerinnen, zwei Gesellschaften bürgerlichen Rechts (GbR), führen das Verfahren als ausgeschiedene Gesellschafterinnen der mittlerweile gelöschten … (nachfolgend: X-KG).

Die X-KG wurde mit Vertrag vom … gegründet. Unternehmensgegenstand war das Halten und Verwalten von eigenem Vermögen, insbesondere von Aktien und Beteiligungen an anderen Gesellschaften. Mit Vertrag vom selben Tag brachten die Gesellschafter der … Aktien an der …, gegen Gewährung von Gesellschaftsrechten zum gemeinen Wert in die X-KG ein. Die X-KG aktivierte die Aktien zunächst mit einem Wert von 7 EUR je Aktie, insgesamt in Höhe von ….

Am Festkapital der X-KG von … EUR waren insgesamt 12 Kommanditisten beteiligt, darunter die Klägerinnen. Für die Klägerin zu 1), war ein Festkapital von EUR und für die Klägerin zu 2), war ein Festkapital von … EUR ausgewiesen.

Anlässlich einer Betriebsprüfung (Bericht vom …) für die Jahre 2001 bis 2003 durch das Finanzamt … wurde einvernehmlich festgestellt, dass der Einbringungswert für die eingebrachten Aktien nicht 7 EUR je Aktie sondern nur 4,50 EUR je Aktie betrug. Zum 31. Dezember 2002 schrieb die X-KG die Aktien auf 0,25 EUR je Aktie und zum 31. Dezember 2006 auf 0 EUR je Aktie ab und trug diese Verluste vor. In der Summe entwickelte sich der Wertansatz der Aktien:

Bilanzansatz zum 31.12.2001 (= 4,50 EUR je Aktie)

Teilwertabschreibung 2002 (= 4,25 EUR je Aktie)

= Bilanzansatz zum 31.12.2002 (= 0,25 EUR je Aktie)

Teilwertabschreibung 2006 (= 0,25 EUR je Aktie)

= Bilanzansatz zum 31.12.2006

1 EUR

Die Teilwertabschreibung 2002 wurde bei der Gewinnermittlung der X-KG steuerlich zu 50 % angesetzt, während die Verluste 2006 zu 100 % anerkannt wurden.

Mit Vertrag vom … veräußerten die Klägerinnen ihre Anteile an der X-KG an die mit Wirkung zum 1. Januar 2007 zu einem negativen Kaufpreis von … EUR.

Bis zum Verkauf der Anteile entwickelten sich die handelsrechtlichen Kapitalkonten der Klägerinnen wie folgt:

bereinigtes Kapital Anfang

Ergebnis 2001

Kapital 2001

Ergebnis 2002

Kapital 2002

Ergebnis 2003

Kapital 2003

Ergebnis 2004

Kapital 2004

Ergebnis 2005

Kapital 2005

Ergebnis 2006

Kapital 2006

Für 2007 entfielen keine laufenden Einkünfte der X-KG auf die Klägerinnen. Den Veräußerungsgewinn aus dem Wegfall der negativen Kapitalkonten der beiden Klägerinnen ermittelte die X-KG in der Anlage zum Jahresabschluss 2007 folgendermaßen:

Wegfall Kapitalkonto zum 31.12.2006

+ Veräußerungserlös

= Veräußerungsgewinn I

- verrechenbarer Verlust zum 31.12.2006

= Veräußerungsgewinn II

- Eliminierung steuerlich nicht wirksamer Abschreibung gem. § 3 Nr. 40 EStG

= steuerlicher Veräußerungsgewinn

0 EUR

0 EUR

Dieser „Eliminierung steuerlich nicht wirksamer Abschreibung” liegen die Teilwertabschreibungen des Jahres 2002 zugrunde, die nach dem Halbeinkünfteverfahren wieder hinzugerechnet worden waren:

Summe Hinzurechnungen für KG § 3 Nr. 40 EStG laut BP

davon entfallen auf …

davon entfallen auf …

Das beklagte Finanzamt (FA) folgte der Erklärung nicht und erließ am … einen Feststellungsbescheid unter Ansatz von steuerpflichtigen Veräußerungsgewinnen aus dem Wegfall der negativen Kapitalkonten aufgrund einiger unstreitiger Abweichungen von der Steuer...

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