Entscheidungsstichwort (Thema)

Erbschaftsteuer

 

Tenor

1. Die Vollziehung des Erbschaftsteuerbescheids vom 4. April 1995 wird für die Dauer des Einspruchsverfahrens in Höhe von 3.165 DM teilweise ausgesetzt.

2. Die Kosten des Verfahrens tragen das Finanzamt und der Antragsteller je zu 1/2.

3. Der Streitwert wird auf 649 DM festgesetzt.

 

Tatbestand

I.

Streitig ist im Einspruchsverfahren die Bewertung einer zinslosen Darlehensverbindlichkeit der Erblasserin (Erblin) gegenüber dem Miterben zum Todestag (§ 12 Abs. 1 Erbschaftsteuergesetz –ErbStG– i.V.m. § 12 Abs. 3 Bewertungsgesetz –BewG–).

Wegen des Sachverhalts im einzelnen wird auf die Akten und die von den Beteiligten eingereichten Schriftsätze Bezug genommen.

Der Antragsteller (ASt) beantragt die Aussetzung der Vollziehung des Erbschaftsteuerbescheids vom 4. April 1995 in Höhe von 6.496 DM wegen ernstlicher Zweifel an dessen Rechtmäßigkeit.

Der Antragsgegner (Finanzamt –FA–) beantragt die Ablehnung des Antrags.

 

Entscheidungsgründe

II.

Der Antrag ist teilweise begründet, da bei der im Aussetzungsverfahren gebotenen und auch ausreichenden summarischen Beurteilung des Sachverhalts anhand der präsenten Beweismittel neben für die Rechtmäßigkeit sprechenden Umständen gewichtige, gegen die Rechtmäßigkeit sprechende Gründe vorliegen, die eine Unentschiedenheit oder Unsicherheit in rechtlicher oder Unklarheit in tatsächlicher Hinsicht bewirken (§ 69 Abs. 3 und Abs. 2 Finanzgerichtsordnung –FGO–; Bundesfinanzhof-BFH-Beschlüsse vom 10. Februar 1967 III B 9/66, BStBl III 1967, 182 und vom 5. März 1979 GrS 5/77, BStBl II 1979, 570).

Gemäß § 10 Abs. 3 ErbStG gelten die infolge des Anfalls durch Vereinigung von Recht und Verbindlichkeit (hier gemäß § 1922 Bürgerliches Gesetzbuch –BGB–) erloschenen Rechtsverhältnisse als nicht erloschen. Zivilrechtlich geschieht dieses Erlöschen bei einem Alleinerben mit dem Erbfall (sog. Konfusion), bei Miterben erst mit der Auseinandersetzung nach § 2032 BGB (s. Troll, ErbStG, 3. Aufl., § 10 Tz. 20), wobei die Forderung eines Miterben gegen den Erblasser gemäß § 2046 Abs. 1 BGB vorweg zu tilgen ist, sofern sie fällig ist (§ 2046 Abs. 1 Satz 2 BGB).

Gemäß § 12 Abs. 1 ErbStG i.V.m. § 12 Abs. 3 BewG sind unverzinsliche Schulden, deren Laufzeit mehr als ein Jahr beträgt und die zu einem bestimmten Zeitpunkt fällig sind, nicht mit dem Nennwert gemäß § 12 Abs. 1 BewG anzusetzen, sondern mit dem sog. Gegenwartswert, d. h. mit dem Betrag, der nach Abzug der Zwischenzinsen unter Berücksichtigung von Zinseszinsen verbleibt, und zwar zum Zeitpunkt der Entstehung der Steuer, hier dem Todestag der Erblin (§ 11 i.V.m. § 9 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG). Eine Mindestlaufzeit von mehr als einem Jahr muß demnach am Stichtag gegeben sein (s. BFH vom 10. Oktober 1984 II R 182/82, BStBl II 1985, 105). Laut Darlehensvereinbarung vom 15. September 1990 waren die Darlehen des ASt und der Miterbin in Höhe von jeweils 160.000 DM spätestens zum 31. Dezember 2002 fällig. Dies rechtfertigt bei summarischer Prüfung jedoch nach Auffassung des Senats insoweit keine Abzinsung, soweit der Darlehensgeber der Miterbe ist, da für diesen die Restlaufzeit entfällt. Dies jedoch nur insoweit, wie es dem jetzigen Miterbenanteil von 1/2 entspricht. Denn bei einer nur aus zwei Erben bestehenden Erbengemeinschaft kann der Miterbe, der zugleich Nachlaßgläubiger ist, seine Forderung nur zu dem Teil geltend machen, zu dem der andere Miterbe wurde (s. Palandt, BGB, 54. Aufl., § 2046 Rz. 5). Dieser kann ihn dann darauf verweisen, daß seine Forderung erst im Jahr 2000 fällig wird, so daß insoweit nach Auffassung des Senats bei summarischer Prüfung eine Abzinsung auf zehn Jahre zu erfolgen hat.

Da die Nachlaßverbindlichkeiten von dem Nachlaß und nicht vom Erbteil der Miterben abzuziehen sind (§ 39 Abs. 2 Nr. 2 Abgabenordnung), beträgt die nach § 10 Abs. 5 Nr. 1 ErbStG zu berücksichtigende Erblin-Schuld 253.600 DM (2 × 80.000 DM = 160.000 DM Hälfteanteil ohne Abzinsung und 2 × 80.000 DM × 0,585 Vervielfältiger Abzinsung Hilfstafel 1 zu § 12 Abs. 3 BewG = 93.600 DM). Der Reinnachlaß beträgt damit 718.343 DM (66.400 DM weniger als bisher vom FA mit 784.743 DM angesetzt, s. Bl. 46 FA-Akte). Der auf den ASt entfallende Anteil beträgt 359.171 DM. Der steuerpflichtige Erwerb des ASt beträgt abzüglich des Freibetrags von 90.000 DM 269.000 DM. Die festzusetzende Steuer beträgt 1.7.485 DM. Bisher festgesetzte Steuer 20.650 DM. Auszusetzende Steuer demnach 3.165 DM.

Die Kostenentscheidung erfolgt gemäß § 136 Abs. 1 Satz 1 FGO.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI951322

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