Entscheidungsstichwort (Thema)

Haftung des Geschäftsführers einer GmbH wegen Steuerhinterziehung

 

Leitsatz (redaktionell)

Der Geschäftsführer einer GmbH kann wegen Steuerhinterziehung für Steuerschulden der GmbH in Haftung genommen werden, wenn er seiner Verpflichtung zur rechtzeitigen Abgabe wahrheitsgemäßer Umsatzsteuererklärungen nicht nachgekommen ist und dadurch zu niedrige Schätzungen des Finanzamts zumindest billigend in Kauf genommen hat.

 

Normenkette

AO §§ 71, 370, 235

 

Tenor

1. Der Antrag wird abgelehnt.

2. Die Kosten des Verfahrens trägt der Antragsteller.

 

Tatbestand

I.

Streitig ist im Hauptsacheverfahren, ob der Antragsteller zu Recht für Abgabenschulden der Firma U Handels GmbH, vormals SFahrzeugbau GmbH, in Haftung genommen worden ist.

Der Antragsteller war Geschäftsführer der Firma S Fahrzeugbau GmbH, die mit Gesellschaftsvertrag vom 19. Dezember 1980, geändert am 29. März 1989, gegründet und am 29. Januar 1981 ins Handelsregister beim Amtsgericht M eingetragen wurde (vgl. Bl. 35 Dauerunterlagen des Finanzamts). Gegenstand des Unternehmens war die Herstellung und der Vertrieb von Fahrzeugen aller Art, insbesondere von Wohnmobilen, Wohnwagen, Anhängern, Fahrzeugen mit Spezialaufbauten und Raumzellen, der An- und Verkauf von neuen und gebrauchten Fahrzeugen aller Art, sowie die Vertretung und Geschäftsführung von Unternehmen des gleichen Gegenstandes. Anteilseigener waren der Antragsteller und sein Bruder.

Mit Beschluss der Gesellschafterversammlung vom 22. Mai 2003 (vgl. Bl. 58 der Dauerunterlagen) wurde die Firma in „U Handels GmbH” geändert, Unternehmensgegenstand war nunmehr der Handel mit Fahrzeugen aller Art. Am 19. September 2003 wurde der Firmensitz nach L verlegt.

Mit notariellem Vertrag vom 23. Oktober 2003 veräußerten der Antragsteller und sein Bruder ihre Geschäftsanteile an der U Handels GmbH an die in B ansässige C und C s.r.o. (vgl. Bl. 40 der Dauerunterlagen). Am 7. November 2003 wurde der Sitz der Gesellschaft nach P in G verlegt.

Durch rechtskräftige Abweisung eines Antrags auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens mangels Masse wurde die U Handels GmbH aufgelöst und am 7. Januar 2005 von Amts wegen im Handelsregister gelöst.

Mit Strafbefehl vom 11. August 2004 wurde gegen den Antragsteller als Geschäftsführer der Firma U Handels GmbH wegen Hinterziehung von Umsatzsteuer 2000 zugunsten der GmbH eine Geldstrafe in Höhe von 4.500 EUR festgesetzt, da er es als Geschäftsführer unterlassen habe, die Umsatzsteuererklärung 2000 rechtzeitig abzugeben, und eine viel zu niedrige Schätzung des FA hingenommen habe. Dabei wurde von einer verkürzten Umsatzsteuer in Höhe von 149.338 DM (= 76.355,31 EUR) ausgegangen, wovon ein Betrag von 67.280 DM wegen fristgerechter Bezahlung straffrei blieb, so dass 82.058 DM als strafbefangen behandelt wurden (vgl. Bl. 21, 72 ff der Haftungsakte des Finanzamts).

Ein weiteres Strafverfahren gegen den Antragsteller wegen Hinterziehung von Umsatzsteuer 1997 wurde am 14. November 2001 gemäß § 153 a der Strafprozessordnung eingestellt.

Mit Bescheid vom 4. Juni 2007 nahm das Finanzamt (FA) den Antragsteller für rückständige Umsatzsteuer 2000 nebst Zinsen sowie die rückständigen Zinsen zur Umsatzsteuer 1997 der Firma S Fahrzeugbau GmbH in Höhe von 81.301,38 EUR nach vorheriger Ankündigung und Anhörung in Haftung.

Über den dagegen eingelegten Einspruch vom 13. Juni 2007 hat das FA noch nicht entschieden. Mit Verfügung vom 24. August 2007 hat das FA dem Antrag auf Aussetzung der Vollziehung in Höhe von 37.613,38 EUR hinsichtlich Zinsen zur Umsatzsteuer 1997 sowie Umsatzsteuer 2000 teilweise entsprochen und den Antrag in Höhe von 43.688 EUR abgelehnt. Dieser Betrag entspricht dem strafbefangenen Teil der verkürzten Umsatzsteuer 2000 in Höhe von circa 41.000 EUR sowie Zinsen in Höhe von 2.688 EUR (vgl. Bl. 79 f der Haftungsakte).

Mit seinem bei Gericht gestellten Antrag bringt der Antragsteller im Wesentlichen vor, dass

ihn das FA zu Unrecht in Haftung genommen habe. So sei der Haftungsbescheid schon aus formellen Gründen aufzuheben, da das FA keine zutreffende Ermessensausübung vorgenommen habe.

Im Übrigen habe er aus der Steuerhinterziehung keinen eigenen Vorteil gezogen. Die nicht fristgerechte Zahlung von Steuerschulden sowie die Nichtabgabe von Steuererklärungen sei auf den früheren Steuerberater L der S Fahrzeugbau GmbH zurückzuführen. Gegenüber diesem sei er nicht mit dem nötigen Nachdruck vorgegangen, da es sich um seinen Schwager gehandelt habe. Das Mandat sei inzwischen beendet.

Bereits im Jahr 2000 seien Vollstreckungsversuche des FA bei der Firma S Fahrzeugbau GmbH erfolglos geblieben. Da der Schaden auch ohne das pflichtwidrige Verhalten der Verantwortlichen entstanden sei, komme eine Haftung nach § 71 AO nicht in Betracht. Darüber hinaus habe es das FA versäumt, die rückständige Umsatzsteuer 1997 zeitnah bei der Steuerschuldnerin beizutreiben.

In die Haftungssumme dürften zudem nicht die im Voranmeldungszeitraum 1997 angefallenen Zinsen in Höhe von 1.524,67 EUR miteinbezogen we...

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