Entscheidungsstichwort (Thema)

Konsequenzen des Abzinsungsgebots für die Einräumung eines zinslosen Darlehens als Gegenstand einer freigebigen Zuwendung

 

Leitsatz (redaktionell)

1) Die zinslose Gewährung eines Darlehens stellt eine freigebige Zuwendung i.S. des § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG dar.

2) Das Abzinsungsgebot gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 3 EStG steht der Annahme einer freigebigen Zuwendung nicht entgegen.

3) Die mangelnde Abstimmung von Schenkung- und Einkommensteuerrecht führt jedenfalls dann nicht zu einer nicht mehr hinnehmbaren Übermaßbesteuerung, wenn unmittelbar in der der Folgezeit nach Eintritt der betreffenden Doppelbelastung durch Schenkung- und Einkommensteuerrecht in ertragsteuerlicher Hinsicht eine entsprechende Kompensation durch Berücksichtigung eines gleich hohen Aufwands erfolgt.

 

Normenkette

EStG § 6 Abs. 1 Nr. 3; ErbStG § 7 Abs. 1 Nr. 1

 

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Gewährung zweier zinsloser Darlehen an den Kläger als schenkungsteuerpflichtiger Vorgang anzusehen ist.

Mit Darlehensverträgen vom 15. November 2000 und 20. Januar 2002 gewährte Herr M dem Kläger zwei unverzinsliche Darlehen in Höhe von … DM bzw. … EUR. Beide Darlehen dienten als Betriebsmittelkredite für die Einzelfirma C des Klägers und wurden dementsprechend als Betriebsvermögen behandelt; aufgrund der Unverzinslichkeit der Darlehen wurden keine Zinsaufwendungen ertragsteuerlich geltend gemacht. Die Laufzeit der Darlehen wurde mit jeweils drei Jahren vereinbart. Nach den Bestimmungen des Darlehensvertrages sollte der Darlehensgeber berechtigt sein, den Kredit zu jeder Zeit aufzulösen. In diesem Fall sollte der Darlehensbetrag binnen neunzig Tagen zurückgezahlt werden.

Diese Vorgänge wurden im Rahmen einer beim Kläger durchgeführten Betriebsprüfung des Finanzamts für Groß- und Konzernbetriebsprüfung B festgestellt. Daraufhin wurde der Kläger vom Beklagten aufgefordert, Schenkungsteuererklärungen für die zinslosen Darlehensgewährungen abzugeben.

Nachdem der Kläger diesen Aufforderungen nicht nachgekommen war, erließ der Beklagte am 26. September 2007 unter dem Vorbehalt der Nachprüfung stehende Schenkungsteuerbescheide, in denen er den dem Kläger zugewandten Zinsvorteil aus der Darlehensgewährung in Höhe von … DM dergestalt berechnete, dass er den Darlehensnennbetrag mit dem Vervielfältiger laut Tabelle 1 zu § 12 Bewertungsgesetz (BewG) von 0,852 multiplizierte und den sich daraus ergebenden Betrag in Höhe von … DM vom Darlehensendbetrag in Höhe von … DM absetzte.

Der Beklagte sah den sich daraus rechnerisch ergebenden Zinsvorteil in Höhe von … DM als Wert des Erwerbs an. Nach Gewährung des Freibetrages nach § 16 Erbschaftsteuergesetz (ErbStG) in Höhe von … DM ging der Beklagte sodann von einem steuerpflichtigen Erwerb in Höhe von … DM aus, der zu einer Schenkungsteuer in Höhe von … DM = … EUR führte.

Auch hinsichtlich des Darlehens in Höhe von … EUR berechnete der Beklagte den Zinsvorteil mit dem Vervielfältiger laut Tabelle 1 zu § 12 BewG von 0,852 und errechnete so einen Betrag in Höhe von … EUR, den er vom Darlehensnennbetrag in Höhe von … EUR absetzte. Der insoweit als schenkungsteuerpflichtiger Erwerb zugrunde gelegte Betrag in Höhe von … EUR führte unter Berücksichtigung der Vorschenkung vom 15. November 2000 und einer anrechenbaren Schenkungsteuer von … EUR letztendlich zu einer Steuerfestsetzung in Höhe von … EUR.

Gegen diese Schenkungsteuerbescheide legte der Kläger fristgerecht Einspruch ein und machte dabei im Wesentlichen geltend, aufgrund der Unverzinslichkeit und der Zugehörigkeit dieser Darlehen zum Betriebsvermögen gelte für diese die steuerbilanzielle Abzinsung nach § 6 Abs. 1 Nr. 3 Einkommensteuergesetz (EStG). Der aus dieser Abzinsung resultierende Ertrag unterliege der Einkommensbesteuerung des Klägers. Eine nochmalige Erfassung des Zinsvorteils im Rahmen der Schenkungsteuer hätte daher eine Doppelbesteuerung durch Einkommen- und Schenkungsteuer zur Folge, die gesetzessystematisch nicht gewollt sei. Aufgrund der Abzinsung liege steuerlich betrachtet vielmehr keine Zinslosigkeit vor. Da vorliegend auf die steuerbilanzielle Behandlung – Aufteilung des Zins- und Tilgungsanteils – abzustellen sei, liege kein schenkungsteuerlich relevanter Vorgang, insbesondere kein Zinsvorteil vor. Aufgrund des Wirkungszusammenhangs zwischen Erbschaft- und Einkommensteuer sei daher für die Prüfung, ob der Kläger eine freigebige Zuwendung erhalten habe, auf die steuerbilanzielle Behandlung des Darlehens abzustellen.

Mit Einspruchsentscheidungen vom 8. Juli 2008 wurden die Schenkungsteuerfestsetzungen bezüglich des Darlehensvertrages in Höhe von … DM von … EUR auf … EUR erhöht bzw. hinsichtlich der Darlehensgewährung in Höhe von … EUR von … EUR auf … EUR heraufgesetzt. Im Übrigen wurden die Einsprüche als unbegründet zurückgewiesen.

Dabei stellte der Beklagte im Wesentlichen darauf ab, dass es höchstrichterlich geklärt sei, dass Gegenstand einer freigebigen Zuwendung nicht nur die Vermögenssubstanz, sondern auch die Gewä...

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