Entscheidungsstichwort (Thema)

Keine fiktive Quellensteuer auf Stückzinsen

 

Leitsatz (redaktionell)

Keine Anrechnung fiktiver Quellensteuer auf erhaltene Stückzinsen aus dem Verkauf brasilianischer Anleihen.

 

Normenkette

DBA-Brasilien Art. 24 Abs. 2, 1; EStG § 20 Abs. 2 S. 1Nr 3

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 09.06.2010; Aktenzeichen I R 94/09)

BFH (Aktenzeichen VIII R 40/09)

 

Tatbestand

Streitig ist die Anrechnung fiktiver Quellensteuer auf Stückzinsen.

Der Kläger ist von Beruf selbständiger Rechtsanwalt. In der Anlage KSO zur Einkommensteuererklärung 2000 erklärten der Kläger und die mit ihm zusammenveranlagte Ehefrau Einnahmen des Ehemannes aus Kapitalvermögen i. H. v. 307.669,00 DM. In diesen Einnahmen waren ausländische Kapitalerträge aus einem bei der Bank T unterhaltenen Wertpapierdepot i. H. v. 259.329,05 DM enthalten. In der Anlage AUS zur Einkommensteuererklärung 2000 erklärte der Kläger hierzu die folgenden steuerpflichtigen ausländischen Einkünfte aus Kapitalvermögen:

Argentinien

Brasilien

Türkei

DM

DM

DM

Kapitalvermögen

Einnahmen

94.630

81.534

37.161

Werbungskosten

0

0

0

Anzurechnende ausländische Steuer

14.194

16.307

3.716

Die erklärte anzurechnende ausländische Steuer betrug danach insgesamt 34.217,00 DM.

Das Finanzamt (FA) erließ den Einkommensteuerbescheid 2000 vom 27.05.2002 mit dem es zunächst keinerlei ausländische Steuer anrechnete. Dieser Bescheid wurde durch Bescheide vom 11.07.2002, 28.03.2003, 29.07.2003, 31.03.2005, 01.06.2005 und 19.07.2005 geändert. Sämtliche Bescheide ergingen unter dem Vorbehalt der Nachprüfung. Bereits in dem Bescheid vom 11.07.2002 hatte das FA ausländische Steuer i. H. v. 33.065,00 DM angerechnet. Die Höhe dieser Anrechnung änderte sich in den nachfolgenden Bescheiden nicht.

Die Differenz zwischen der erklärten und der veranlagten Anrechnung ausländischer Steuer beruhte darauf, dass das FA für die Einnahmen aus Brasilien lediglich eine Steueranrechnung von 20 % auf 75.775,00 DM i. H. v. 15.155,00 DM gewährt hatte. Bei dem Differenzbetrag von 81.534,00 DM (laut Erklärung) und dem Betrag von 75.775,00 DM (laut Veranlagung) handelte es sich um vereinnahmte Stückzinsen i. H. v. 5.759,00 DM. Erstmals mit einem Einspruch vom 04.05.2005, der sich gegen den Änderungsbescheid vom 31.03.2005 richtete, machte der Kläger geltend, es sei für ihn nicht nachvollziehbar, warum die abzugsfähige ausländische Steuer um 1.152,00 DM gekürzt worden sei. Der Steuerabzug für ausländische Einkünfte betrage 34.217,00 DM und nicht wie vom FA angesetzt 33.065,00 DM.

Am 12.05.2005 rief der Kläger den Sachbearbeiter des Beklagten an. Ausweislich eines Aktenvermerks des Sachbearbeiters des Beklagten teilte der Kläger mit, die ausländische Quellensteuer, die auf die brasilianischen Einnahmen entfalle, sei nicht in vollem Umfang abgezogen worden. Ein Betrag von 1.152,00 DM sei unberücksichtigt geblieben. Der Grund hierfür liege darin, dass Quellensteuer i. H. dieses Betrages nicht (z. B. durch die Erträgnisaufstellung der Bank) nachgewiesen worden sei. Die Bank sei auch nicht bereit gewesen, eine solche (fiktive) Quellensteuer zu bescheinigen. Denn bei den Zinsen, auf die diese Quellensteuer entfallen sei, handele es sich um Stückzinsen, die beim Verkauf der Anleihen durch den Kläger vereinnahmt worden seien. Der Kläger vertrat in dem Telefonat die Auffassung, es könne steuerlich keinen Unterschied machen, ob jemand Zinserträge aus der Einlösung eines Coupons oder aus der Vereinnahmung von anteiligen Stückzinsen (bei Verkauf) erziele. Fiktive Quellensteuer stehe auch dem Verkäufer, nicht nur dem Einlöser des Coupons zu.

Das FA wies den Einspruch als unbegründet zurück. In der abweisenden Einspruchsentscheidung führte das FA u. a. aus, nach § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 EStG gehörten zu den Einkünften aus Kapitalvermögen auch Einnahmen aus der Veräußerung von Zinsscheinen und Zinsforderungen, wenn die dazugehörigen Schuldverschreibungen mitveräußert würden und dass Entgelt für die auf den Zeitraum bis zur Veräußerung der Schuldverschreibung entfallenden Zinsen des laufenden Zahlungszeitraums (Stückzinsen) besonders in Rechnung gestellt sei.

Der Kläger habe im Laufe des Jahres 2000 ausländische – hier brasilianische – Anleihen veräußert und damit Einnahmen einschließlich Stückzinsen erzielt, worauf fiktive ausländische Quellensteuer i. H. v. 1.152,00 DM entfallen sei. Diese fiktive Quellensteuer sei jedoch seitens der Bank T nicht ausgewiesen worden, da die Anleihen vor dem Fälligkeitszeitpunkt veräußert worden seien. Erst bei Einlösung des Zinscoupons am Fälligkeitstermin könne dem Einlöser (Inhaber) der gesamte Zinsertrag sowie die darauf entfallende Quellensteuer bescheinigt werden. Nach dem BMF-Schreiben vom 08.10.1996, IV C 6-S1301-41/96, BStBl I 1996, 1190 könne bei mehrfacher Veräußerung innerhalb eines Besteuerungszeitraumes nur derjenige die Anrechnung fiktiver Quellensteuer geltend machen, der zur Zeit der Zinsfälligkeit Inhaber der Schuldverschreibung sei. Nach diesen eindeutigen Regelungen, an die das...

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